14.44

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Als Einreicher dieser Anträge und als jemand, der über viele Jahre Nachtschwerarbeit geleistet hat, bin ich betroffen von den Aussagen, die hier dargebracht werden.

Kollegin Kirchbaumer, du hast Beispiele gebracht, die man nicht vergleichen kann, und ich sage das sehr harmlos. Du hast als Beispiel eine Frau genannt, die eine Tages­diensttätigkeit verrichtet hat, vielleicht in einem klimatisierten Büro, die sehr wohl lange Jahre gearbeitet hat und aufgrund einer Regelung, die die ÖVP damals mit der FPÖ in einem Pensionsgesetz beschlossen hat, Abschläge von 4,2 Prozent hat. Es ist auf­grund einer Maßnahme, die die ÖVP gesetzt hat, dass es diese Abschläge gibt. Dann hast du einen Schwerarbeiter erwähnt und gesagt, es sollen für alle Pensionisten gleiche Bedingungen geschaffen werden.

Was macht denn der Nachtschwerarbeiter? – Ich denke, die meisten – und ich traue mich, das hier zu sagen – wissen nicht, wie die Belastung eines nachtschwer­arbei­tenden Menschen ausschaut, meine Damen und Herren. Ich war viele Jahre lang Nachtschwerarbeiter, und ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie in der Nacht Tätigkeiten verrichten, bei denen Sie hier herum (der Redner deutet auf sein Gesicht) 80 Grad haben und die Sie durchgehend machen müssen, dann ist das eine immense Be­lastung für den Körper, für den Kreislauf, für alles. Daher ist das Nachtschwer­arbeitsgesetz am 1. Juli 1981, also gestern vor 38 Jahren, hier in Österreich eingeführt worden, nämlich dass bei Bedingungen wie Hitzebelastungen, Kältebelastungen, Lärm­­belastungen, Erschütterungen und so weiter in Verbindung mit Nachtarbeit eben eine Maßnahme vorgesehen ist.

Dann kommt das Thema Finanzierung. Wie wollen wir denn das finanzieren? – Ich glaube, Kollegin Kirchbaumer, du weißt nicht, dass für diese Menschen, die Nacht­schwerarbeit leisten, von den Dienstgebern Sonderbeiträge einbezahlt werden müs­sen, sodass die Finanzierung über die Jahrzehnte gesichert ist. Wenn 3,5 Prozent der Bruttolohnsumme (Abg. Wurm: 3,5 Prozent!) – ja, 3,5 Prozent der Bruttolohnsumme – über einen Zeitraum von drei bis vier Jahrzehnten für jeden Beschäftigten, der Nacht­schwerarbeit leistet, einbezahlt werden, dann ist dieser vorzeitige Antritt ohne Abschläge garantiert gesichert, weil das mit diesen Beiträgen finanziert ist.

Ich erkläre es Ihnen am Beispiel der Firma, in der ich beschäftigt bin, nämlich der Voestalpine: In der Voestalpine sind nur am Standort Linz 3 800 Menschen in der Nachtschwerarbeit beschäftigt, und für diese 3 800 Menschen in der Schwerarbeit werden pro Jahr 7,4 Millionen Euro an Sonderbeiträgen für das Sonderruhegeld wegen Nachtschwerarbeit einbezahlt. (Abg. Kirchbaumer: Es ist teuer ...!) Das heißt, wenn ich da mit dem Hochrechnen anfange, und ich kann ein bisschen rechnen, dann weiß ich, dass dieses Sonderruhegeld ohne Abschläge garantiert finanziert wäre – auch ohne die Dinge, die Sie genannt haben, die man da angeblich braucht.

Der zweite Antrag, meine Damen und Herren, bezüglich der NSchG-Belastungen: Das Nachtschwerarbeitsgesetz sieht vor, dass man während der Arbeitszeit überwiegend eine Belastung haben muss. Was heißt „überwiegend“? – Das musste erst gesetzlich geklärt werden: Das heißt, die Betroffenen müssen mehr als 4 Stunden eine Belastung haben, damit sie sich auf das Nachtschwerarbeitsgesetz berufen können. Das be­deutet, wenn man mehr als 4 Stunden Hitze ausgesetzt ist, kann man das machen. Wenn man aber 2 Stunden Hitze, 2 Stunden Lärm und 2 Stunden Erschütterungen ausgesetzt ist, dann kann man sich nicht auf dieses Gesetz berufen, weil es ja heißt: eine Belastung überwiegend. Daher gibt es von uns diesen Antrag, eine Zusam­menrechnung der NSchG-Belastungen vorzunehmen. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen eingebracht im Zuge der Debatte zum Antrag 123/A(E) „betreffend Zusammenrechnung der NSchG-Belastun­gen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird ersucht, zu den bestehenden Kriterien neue Belastungskriterien für Schwerarbeit aufgrund der Veränderungen der Anforderungen die an ArbeitnehmerInnen gestellt werden, zum Beispiel länger und flexibler zu arbei­ten, neu festzulegen.“

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Der Grund ist, dass sich die Arbeitswelt natürlich geändert hat und diese Altbelas­tungen sehr wohl noch vorhanden sind, aber viele neue Belastungen auf diese Men­schen zukommen. Daher ist es notwendig, auch hier eine Änderung herbeizuführen.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Es wird ja immer von besseren Arbeitsbedingungen geredet. Ich glaube, mein Unternehmen, die Voestalpine, versucht über Jahrzehnte für seine Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen herbeizuführen. Es gibt aber Tätig­keiten, da kann man Arbeitsbedingungen verbessern, so viel man will, die werden trotzdem im NSchG drinnen bleiben, weil man das nicht wegbringt, wenn jemand etwa im Stahlwerk, am Hochofen oder sonst irgendwo arbeitet.

Wenn da jemand verlangt, man soll gleiche Bedingungen für die Pensionisten schaf­fen, dann möchte ich eines sagen – ich werde jetzt polemisch, und ich habe es in diesem Haus vor 14 Jahren schon einmal gesagt –: Wenn man sich die Lebens­erwartung dieser Menschen, die ihr Leben lang Nachtschwerarbeit geleistet haben, ansieht, dann weiß man, dass sie nicht die Lebenserwartung derer haben, die diese Tätigkeit nicht gemacht haben. Und ich glaube, man ist es Ihnen schuldig, dass sie vorzeitig in den Ruhestand gehen können und da keine Abschläge haben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Muchitsch, Keck, Knes, Stöger, Ing. Vogl Ge­nossinnen und Genossen

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Antrag 123/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen  

„Die Bundesregierung insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesund­heit und Konsumentenschutz wird ersucht, zu den bestehenden Kriterien neue Belastungskriterien für Schwerarbeit aufgrund der Veränderungen der Anforderungen die an ArbeitnehmerInnen gestellt werden, zum Beispiel länger und flexibler zu arbei­ten, neu festzulegen.“

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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.