20.02

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Frauen Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Als selbst Betroffene kann ich nicht genug betonen, welch wesentliche Leistung das Bundespflegegeld für zu Pflegende und ihre Angehörigen ist. Wie wir schon gehört haben, wurde das Pflegegeld seit der Einführung 1993 nur sporadisch erhöht. Somit ist in den vergangenen 26 Jahren ein nennenswerter Wert­verlust entstanden. Nun wird der immer wieder zu Recht geäußerten Kritik von Betrof­fenen, dass eine Valorisierung längst anstünde, Rechnung getragen. Per 1.1.2020 wird also jährlich valorisiert, und das in allen sieben Pflegestufen. Als Richtwert für die Anhebung des Pflegegeldes gilt der Pensionsanpassungsfaktor.

In diesem heutigen Beschluss sehe ich einen ersten guten Schritt auf dem noch vor uns liegenden langen Weg zu einer umfassenden Pflegereform. Wir alle wissen, dass das Thema Pflege von Tag zu Tag drängender wird. Die Lebenserwartung steigt kontinuierlich an, und je älter der Mensch wird, desto länger ist im Durchschnitt aber auch die Zeit, die er mit Beschwerden und Krankheiten verlebt. Insofern muss der Fokus darauf gerichtet werden, nicht bloß die Lebenszeit zu verlängern, sondern vor allem die gesunden Jahre zu vermehren. Diese Vorsorge beginnt in jungen Jahren und nicht erst in der Pension.

Der gesamte Themenkomplex muss von Grund auf neu gedacht werden. Vor allem braucht es eine sensible Differenzierung. Oftmals wird alles über einen Kamm geschert und unter Pflege subsummiert. Dies greift meiner Meinung nach aber zu kurz, denn die Pflege einer 70-jährigen an Demenz erkrankten Frau hat ganz andere Voraussetzun­gen und Folgen als die Assistenz für einen 25-jährigen Rollstuhlfahrer. Wir müssen also zwischen Pflege, Betreuung und Assistenz unterscheiden und ganz genau hinschauen, was das eine vom anderen unterscheidet und was daraus folgt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was wiederum alle Formen vereint, ist der dringende Handlungsbedarf in Richtung bundesweiter Harmonisierung. Wir haben immer noch den Zustand, dass Möglich­keiten und zugesprochene Leistungsumfänge vom Wohnsitz, sprich vom Bundesland abhängig sind. Dies empfinden viele Betroffene wie auch ich als Willkür und als unüberwindbare Hürde. Es gibt auch keine logische Begründung dafür, dass ein Mensch mit Behinderung in Vorarlberg eine andere Leistung und andere Möglichkeiten zur Verfügung hat als eine Burgenländerin oder ein Burgenländer. Insofern möchte ich an das Sozialministerium appellieren, die begonnenen Gespräche fortzuführen und das Thema persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderung nicht aus den Augen zu verlieren.

Ich möchte nun kurz den Unterschied zwischen Pflege und Assistenz aufzeigen. Pflege ist für den Betroffenen großteils passiv. Die Pflegerin beziehungsweise der Pfleger entscheidet meist, was zu tun ist, und hat auch dementsprechendes fachliches Wissen. Bei Assistenz für Menschen mit Behinderung sind diese hingegen sehr aktiv, denn die Betroffenen leiten bei der Unterstützung an und bestimmen, wie, wann und wo etwas gemacht werden soll. Sie sind Expertinnen und Experten in eigener Sache. Natürlich ist auch das sehr individuell und sehr unterschiedlich, aber klassische Pflege ist in der Regel nur ein kleiner Teil der Assistenz.

Die Behinderung ist nicht und sollte nicht das dominierende Thema im Leben einer behinderten Person sein. Das gelingt aber nur dann, wenn die Barrieren beseitigt werden, und das ist Aufgabe der Gesamtgesellschaft, nicht des Einzelnen. Bitte vergessen Sie nie: Die Behinderung ist nicht das Problem, wenn ein Rollstuhlfahrer aufgrund von Stufen nicht in ein Gebäude hineinkommt. Die Stufen werden das Problem bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.07

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich nun die Frau Bundes­minister. – Bitte, Frau Bundesminister.