9.53

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich werde wie mein Vorredner ver­suchen, mich etwas weniger emotional zu verhalten und ein bisschen auf die Grund­sätze einzugehen, weil die Wählerinnen und Wähler noch viel zu wenig Gefühl dafür haben, welchen Stellenwert eine Partei in der politischen Willensbildung und welchen Stellenwert die liberale Demokratie hat. Da möchte ich bei Frau Kollegin Meinl-Reisinger anschließen. Welchen Stellenwert hat dieser Entwurf?

Erstens: Ich glaube, es gibt keinen Experten, der diesen Entwurf in den letzten Tagen nicht kritisiert hat. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scherak.) Dass der Entwurf nicht vollständig und auch nicht gut ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass wir heute in der Nacht einen gesamtändernden Abänderungsantrag von Rot und Blau bekom­men haben. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: ... Sie sind lustig! Abg. Noll: Das könnt ihr ... besser!) Sie sind selbst draufgekommen, welchen Huschpfusch Sie hier pro­du­ziert haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Das ist eine Chuzpe!)

In einer liberalen Demokratie ist es das Recht jedes einzelnen Bürgers, eine Partei zu gründen und eine Partei zu unterstützen, frei von jeder staatlichen Einflussnahme. Meine Damen und Herren, wenn wir dieses Prinzip verleugnen würden, dann würde jede politische Partei am Gängelband des Finanzministers hängen. (Beifall bei der ÖVP.) Das wäre dann eine Tyrannei der Mehrheit (Zwischenruf des Abg. Noll), und eine solche Tyrannei der Mehrheit wollen wir nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist für uns eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass wir in Österreich Chancen­gleichheit festgeschrieben haben, das heißt, dass jemand, der mehr einbringt, jemand, der mehr Stimmen hat, auch mehr Chancen bekommt. (Zwischenruf des Abg. Wittmann. Abg. Jarolim: Das, was Sie meinen, ist eine Tyrannei!) – Dieses System, das Sie vorschlagen, Herr Kollege, schafft ein totales Ungleichgewicht.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Die Liste JETZT bekommt Parteienförderung im Ausmaß von 1,5 Millionen Euro. (Abg. Noll: Viel zu viel! – Zwischenruf des Abg. Nehammer.) Sie ermöglichen dieser Partei, über private Institutionen und private Spender 750 000 Euro dazuzubekommen, sprich ihr Budget um 50 Prozent zu erhöhen. Bei der stärksten Partei Österreichs soll das System Ihrer Ansicht nach das sein, dass sie auch 750 000 Euro bekommt, das bedeutet, diese Partei würde nur mehr 7,7 Prozent von privaten Spendern erhalten können. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Aber wie viel Partei ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie, meine Damen und Herren, sprechen damit der Chancengleichheit und dem Gleichheitsgrundsatz die Würde ab! (Beifall bei der ÖVP.)

Eines ist mir auch noch ganz wichtig: Wir vertreten im Unterschied zu Ihnen das Konzept der Bürgergesellschaft. (Abg. Jarolim: Nomen est omen!) Da ist es wichtig, dass sich jeder Bürger an der politischen Willensbildung beteiligen kann. (Ruf bei der SPÖ: Das kommt aufs Gerstl an!) Es macht keinen Unterschied, ob er sich an einem Verein beteiligt, sei es beim VGT zum Tierschutz, sei es bei Greenpeace, sei es bei der Caritas, sei es bei einem der vielen anderen Vereine, und diese Vereine mit einer Spende bedenkt, oder ob er sagt: Ich möchte die ökosoziale Marktwirtschaft unter­stützen und ich gebe daher einer Partei eine Spende. – Das ist nichts Schlechtes, meine Damen und Herren!

Das, was Sie machen, ist, dass Sie den Menschen einreden wollen, spenden sei schlecht. 675 Millionen Euro wurden im letzten Jahr gespendet, das wurde veröffent­licht. 200 000 Unternehmen haben insgesamt 100 Millionen Euro gespendet. (Zwi­schenruf der Abg. Duzdar.) Sie wollen alle ins Kriminal bringen, wer jedoch spendet, wünscht nicht gleich eine Korruption zu seinen Gunsten, überlegen Sie sich das doch! (Zwischenruf des Abg. Wittmann.) Wer an die Feuerwehr spendet, erwartet doch nicht, dass die Feuerwehr sein Haus zuerst schützt und es löscht, bevor sie das Haus des anderen löscht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Eine solche Korruptionsunterstellung jedes Spenders verseucht jedes System. Das dürfen Sie nicht tun! (Beifall bei der ÖVP.)

Eines ist aber klar: Die Spende kann auch ihre Grenze haben. Die Spende hat ihre Grenze dort, wo sie zur Dominanz beziehungsweise für eine politische Partei zur Abhängigkeit führt. Daher stehen wir selbstverständlich für eine Spendenobergrenze für den Einzelnen. Wenn ein Einzelner eine Spende an eine Partei gibt, die doppelt so hoch ist wie die Parteienförderung (Abg. Plessl: Deshalb haben Sie auch eine ...!), dann ist vollkommen klar, dass das nicht der Fall sein darf. (Zwischenruf bei den NEOS. Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn aber jemand seinen politischen Willen zum Ausdruck bringen will, wenn jemand 10 Euro spenden will – auch wenn das 100 000 Menschen sind –, dann muss das weiterhin erlaubt sein, meine Damen und Herren. Das gehört zur politischen Willensbildung! (Beifall bei der ÖVP.)

Damit darf ich zu Ihrer gestrigen Aussage im „Report“ kommen, Frau Rendi-Wagner. (Abg. Leichtfried: Klubvorsitzende, heißt das!) Das hat mich wirklich enttäuscht. Das hat mich wirklich sehr, sehr enttäuscht. Dass Sie den Beamten des Rechnungshofes unterstellen, dass sie, weil sie weisungsgebunden sind, den Staat nicht ordnungs­gemäß prüfen würden - - (Abg. Rendi-Wagner: Das hab’ ich nicht gesagt! Das sagen Sie, aber ...!) – Sie haben ihnen vorgeworfen, dass sie weisungsgebunden sind! Sie haben ihnen damit indirekt vorgeworfen, dass sie nicht korrekt prüfen würden. (Abg. Rendi-Wagner: Das habe ich nicht gesagt! Abg. Kuntzl: Das sagen Sie!)

Frau Rendi-Wagner, das ist ein Organ des österreichischen Parlaments, das vollkom­men unabhängig agiert. Sie erweisen da der Demokratie einen Bärendienst (Beifall bei der ÖVP), und damit reihen Sie sich in die Rendi-Kickl-Verschwörungstheorie ein. Das lehnen wir ab, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage daher: Bewahrt uns vor dieser Rendi-Kickl-Verschwörungstheorie und diesem Rendi-Kickl-Pakt! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das darf in dieser Republik nicht mehr eintreten. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Zum Schluss noch ein paar Zahlen für die HörerInnen und ZuseherInnen (Abg. Vogl: Was ist mit den 6 Millionen jetzt passiert? – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ – Prä­sident Sobotka gibt das Glockenzeichen): Ich habe mir die Rechenschaftsberichte der SPÖ der Jahre 2013, 2014, 2015 und 2016 angeschaut. (Ruf bei der SPÖ: Geh, hör auf! Ehrlich? – Abg. Leichtfried: Hast du kein Privatleben?) Die SPÖ hat laut ihren Rechenschaftsberichten 2014 10,8 Millionen Euro, 2015 9,2 Millionen Euro und 2016 9,6 Millionen Euro ausgegeben; also immer rund 10 Millionen Euro. 2013 hatten wir ein Wahljahr. Da hat die SPÖ angegeben, sie hat im Wahlkampf 7,3 Millionen Euro aus­gegeben, also hat sie ihre Grenze etwas überschritten. (Abg. Duzdar: Sie haben 13 Millionen ausgegeben!) Aber jetzt kommt es: Wissen Sie, wie viel sie in jenem Jahr an Normalausgaben hatte? – 20,679 Millionen Euro, das Doppelte im Vergleich zu den anderen Jahren! – Ein Schelm, der denkt, dass Sie da etwas verheimlicht hätten. (Beifall bei der ÖVP.)

10.01

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zinggl. (Unruhe im Saal. – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.)