10.01

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Herr Präsident! Herr Minister! Ich gebe zu, die von uns mitverhandelte und jetzt vorgeschlagene Novellierung der Par­teiengesetze ist nicht das, was wir uns gewünscht und erhofft haben. Es ist auch nicht das, was spätestens seit Ibiza, aber eigentlich schon längst davor, selbstverständlich wäre. Es ist auch nicht das, was für einen fairen und transparenten Wahlkampf immer notwendig sein müsste. Und es ist auch nicht das, was wir an Änderungen vorge­schlagen und eingebracht haben. Es fehlt ganz eindeutig die Kontrolle des Rech­nungshofes, und zwar die Möglichkeit des Rechnungshofes zur Einsicht in die Bücher, also in die Eingaben-Ausgaben-Rechnung. Das ist für uns eine dringende Notwendig­keit, um hier das zu tun, was alle in der Öffentlichkeit erwarten.

Wer immer sich die Mühe macht, insbesondere auch von den Medien, und sich die 15 nun vorliegenden Anträge durchsieht, der wird bemerken, es gibt nur eine Fraktion, die genau das im Abänderungsantrag vorschlägt, und das sind wir. Wir haben sozusagen die Vorstellung, dass der Rechnungshof in die Bücher Einsicht nehmen soll und darf; nur damit ist Transparenz gewährleistet.

Das wollte aber keine Partei, zumindest keine der drei großen Parteien, die mehr­heitsbildend sind, haben – mit unterschiedlichen Argumenten. Deshalb war es uns wichtig, die zweitbeste Lösung anzupeilen. Ich glaube, diese zweitbeste Lösung haben wir jetzt vorliegen, und sie bringt doch ganz essenzielle Verbesserungen; das müssen Sie doch alle eingestehen. Es gibt die Verbesserung, dass die Wahlkampfobergrenze mit 7 Millionen Euro nicht mehr überschritten werden wird. Eine Fraktion wäre wirklich nicht zurechnungsfähig, wenn sie dann sozusagen mehr zurückzahlt, als sie ausgibt, was die Differenz zur Obergrenze betrifft. Das ist damit also wahrscheinlich eingestellt.

Ganz wichtig sind natürlich diese Spendenobergrenzen, sowohl was die Einzelspenden als auch was die Summe aller Spenden für die Fraktion pro Jahr betrifft. Das ist uns wichtig, weil wir nicht wollen, dass die Politik von den Betuchten, von den Besser­gestellten, von den Reichen gelenkt und bestimmt wird. Ich kann gut verstehen, dass die ÖVP und insbesondere die NEOS Probleme damit haben. Wird die Politik von den Konzernen, von den Baulöwen, von den Immobilienspekulanten diktiert, im Hintergrund gelenkt, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn zum Beispiel die Preise fürs Wohnen ständig steigen; ich könnte noch viele andere in diese Richtung gehende Dinge aufzählen.

Eines ist doch ganz klar – das wurde vom Kollegen Gerstl gerade angesprochen –: Die Wohlhabenden spenden den Parteien doch nicht, weil sie barmherzig sind, und sie spenden und leisten hohe Beiträge auch nicht, weil sie damit eine Politik grundsätzlich unterstützen – dazu würden auch geringere, symbolische Beiträge nützen –, nein, sie zahlen bis zu einer halben Million Euro und noch darüber hinaus, weil sie sich dafür Dankbarkeit erwarten (Beifall bei JETZT), weil sie sich damit indirekt in die Gesetz­gebung einblenden, weil sie von der Regierung ganz bestimmte Dinge erwarten – das haben wir in der letzten Gesetzgebungsperiode, also bei der jetzt abgelaufenen Regie­rungsperiode ganz deutlich erkannt –, weil sie diese dafür auch bekommen. Das ist, werte Kolleginnen und Kollegen, vom Anfüttern nicht sehr weit entfernt.

Das ist jetzt vorbei, und das ist ein ganz evidenter Fortschritt, den wir entsprechend honorieren wollen, und daher wollen wir unsere Zustimmung dazu erteilen. (Beifall bei JETZT.)

Herr Kollege Nehammer und Herr Kollege Gerstl, wenn Sie davon sprechen, dass die Parteienförderung gesenkt werden soll: Welche Fraktion war denn als einzige gegen die Erhöhung der Parteienförderung, die Sie von der ÖVP vor wenigen Monaten hier noch propagiert und durchgesetzt haben? (Rufe bei den NEOS: Die NEOS!) – Ja, die NEOS waren auch dagegen, stimmt. Die zwei kleinen Fraktionen waren dagegen. Und jetzt kommen Sie her und wollen die Parteienförderung senken, die Sie vor drei Monaten erhöht haben.

Das Zweite: Sie wollen, dass der Rechnungshof in Zukunft bessere Einsicht nehmen kann. – Das ist doch lachhaft! Das haben Sie nie gewollt. Jetzt, da ein Vorschlag vorliegt, kommen Sie mit dem Rechnungshof daher. Kollege Wöginger – er ist gerade nicht im Saal – hat mir gesagt: Der Rechnungshof wird in unsere Bücher nie und nim­mer reinschauen! – Ich kann das nicht nachvollziehen, aber wenn ihr wirklich wollt, dass der Rechnungshof Einsicht nehmen kann – die Wahrscheinlichkeit, dass ihr in die Regierung kommt, ist doch jetzt sehr groß –, dann wird das im Regierungsprogramm doch sehr bald zu lesen sein. So lange können wir doch auch noch warten.

Für den Fall, dass wir aber nicht so lange warten wollen und können, haben wir jetzt sicherheitshalber noch einen Abänderungsantrag eingebracht, der auch verteilt wird. Wenn Sie diesem Abänderungsantrag zustimmen, haben Sie es sofort. Ich glaube aber: Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass sich die ÖVP vom Rechnungshof prüfen lässt. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

10.07

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Pilz, Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses (661 d.B.) betreffend den Antrag der Abg. Mag. Leichtfried betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird (457/A)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Die Ziffern, welche der Textierung des § 10 dienen, werden gestrichen und durch folgende Ziffer 14a. ersetzt:

14a. § 10 lautet samt Überschrift:

„Prüfung durch den Rechnungshof und Sanktionen

§ 10. (1) Der von einer politischen Partei zu erstellende Rechenschaftsbericht (§ 5) unterliegt auch der Kontrolle des Rechnungshofes.

(2) Der Rechnungshof hat die Richtigkeit und Vollständigkeit des Rechenschafts­be­richts samt Anlagen und dessen Übereinstimmung mit diesem Bundesgesetz zu prüfen. Bei Ausübung seiner Kontrolle hat der Rechnungshof festzustellen, ob die Gebarung den bestehenden Gesetzen und den auf Grund dieser Gesetze ergangenen Verordnungen und sonstigen Vorschriften entspricht. Keinesfalls darf er sich auf die bloß ziffernmäßige Nachprüfung beschränken.

(3) In Ausübung und zum Zwecke der ihm obliegenden Kontrolle verkehrt der Rech­nungshof mit den rechenschaftspflichtigen politischen Parteien, nahestehenden Orga­ni­sationen und/oder Gliederungen der Partei, die eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, Personenkomitees und den Beteiligungsunternehmen (§ 5 Abs. 6) unmittelbar.

(4) Er ist befugt:

1. von den in Abs. 3 genannten Einrichtungen jederzeit schriftlich oder im kurzen Wege alle ihm erforderlich erscheinenden Auskünfte zu verlangen;

2. die Einsendung von Rechnungsbüchern, -belegen und sonstigen Behelfen (wie Geschäftsstücke, Verträge, Korrespondenzen) zu verlangen;

3. durch seine Organe an Ort und Stelle in die mit der Gebarung im Zusammenhang stehenden Rechnungsbücher, -belege und sonstigen Behelfe Einsicht zu nehmen.

(5) Die im Abs. 3 genannten Einrichtungen haben die Anfragen des Rechnungshofes ohne Verzug vollinhaltlich und unmittelbar zu beantworten, alle abverlangten Auskünfte zu erteilen und jedem Verlangen zu entsprechen, das der Rechnungshof zum Zwecke der Durchführung der Kontrolle im einzelnen Falle stellt.

(6) Wenn der Rechnungshof feststellt, dass der Rechenschaftsbericht den Anforde­rungen (§ 5) entspricht, ist der Rechenschaftsbericht samt Spenden-, Sponsoring- und Inseratenlisten, der Liste der Beteiligungsunternehmen gemäß Abs. 6 und der Umfang der von diesen Unternehmen im Berichtsjahr abgeschlossenen Rechtsgeschäfte mit sonstigen Einrichtungen, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, gesondert nach einzelnen Parteien und Unternehmen, auf der Website des Rechnungshofes und der Website der politischen Partei zu veröffentlichen.

(7) Wurden im Rechenschaftsbericht unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, ist eine Geldbuße je nach Schwere des Vergehens in der Höhe von bis zu 1 000 000 Euro zu verhängen.

(8) Für den Fall der Überschreitung des in § 4 geregelten Höchstbetrages um bis zu 10 vH ist eine Geldbuße in der Höhe von bis zu 15 vH des Überschreitungsbetrages zu verhängen. Geht die Überschreitung über die Grenze von 10 vH hinaus, so ist eine zusätzliche Geldbuße um bis zu 25 vH dieses zweiten Überschreitungsbetrages zu verhängen. Geht die Überschreitung über die Grenze von 25 vH hinaus, so ist eine weitere Geldbuße um bis zu 100 vH dieses dritten Überschreitungsbetrages zu verhängen. Geht die Überschreitung über die Grenze von 50 vH hinaus, so ist zusätzlich noch eine weitere Geldbuße um bis zu 150 vH dieses vierten Überschrei­tungsbetrages zu verhängen.

(9) Hat eine politische Partei Spenden unter Verstoß gegen § 6 Abs. 4 nicht ausgewiesen oder entgegen § 6 Abs. 5 nicht gemeldet oder unter Verstoß gegen § 6 Abs. 6 angenommen, ist über sie eine Geldbuße je nach Schwere des Vergehens bis zum Dreifachen des erlangten Betrages, mindestens jedoch in der Höhe des erlangten Betrages, zu verhängen. Resultiert der Verstoß aus einer unrichtigen oder unvoll­ständigen Auskunft oder Angabe einer nahestehenden Organisation oder Gliederung der Partei, die eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, so ist die Geldbuße über die nahe­stehende Organisation oder die Gliederung der Partei, die eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, zu verhängen.

Begründung

Die Lückenhaftigkeit des Parteiengesetzes ist schon länger bekannt und steht nicht zuletzt deshalb erneut in der Kritik. Die bisherigen Regelungen entziehen die Parteien­finanzen weitgehend einer wirksamen Kontrolle und begünstigen Umgehungskonstruk­tionen durch nahestehende Organisationen wie etwa Vereine. Zusätzlich zu den Spen­denobergrenzen ist daher eine echte Kontrolle der Parteifinanzen geboten. Bisher ist eine wirksame Kontrolle durch den Rechnungshof mangels Prüfrecht im Sinne eines originären Belegeinsichtsrechts nicht sichergestellt. Es zeigt sich, dass eine trans­parente Parteienfinanzierung nur durch eine weitgehende Kontrollmöglichkeit erreicht werden kann. Die Unterstellung der Parteienfinanzen unter die Kontrolle des Rech­nungshofs ist die einzige Möglichkeit, intransparente, wettbewerbsverzerrende und unter Umständen auch gesetzwidrige Machenschaften im Zusammenhang mit der Par­teienfinanzierung zu unterbinden und abzustellen. Bisher ist es beinahe auszu­schließen, dass intransparente und gesetzwidrige Machenschaften ans Licht kommen.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte.