10.13

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren auf der Galerie! Interessante Redenfolge, interessante Debattenbeiträge, besonders interessant fand ich die ÖVP, denn die ÖVP hat heute zwei Sickerwitze erzählt.

Der erste Sickerwitz ist: Wir sind dafür, dass der Rechnungshof prüft. – Den muss man sickern lassen, denn wenn dem so wäre, wäre dieser Vorschlag irgendwann einmal unterbreitet worden.

Der zweite Sickerwitz gefällt mir fast noch besser: Das ist der Witz mit der Kürzung der Parteienförderung, für die die ÖVP angeblich ist. Auch bei diesem Vorschlag bin ich gespannt, wie zum Beispiel die ÖVP-Landeshauptleute dazu stehen, denen man dann irgendwie 10 Millionen streicht, wenn man euren Vorschlag ernst nimmt. (Abg. Nehammer: Da brauchst dir keine Sorgen zu machen! – Abg. Wöginger: Wir haben unsere ... im Griff!)

Aber interessant ist natürlich, dass die ÖVP nicht nur Sickerwitze erzählt hat, sondern auch den einen oder anderen Verein vergessen hat, nämlich den Verein zur Förderung bürgerlicher Politik – ÖVP Wien –, den Verein Modern Society, den Heimatverein ProPatria: lauter Vereine, in denen es zwei oder drei Mitglieder gibt, im Gegensatz zum Pensionistenverein, der 400 000 hat. Ehrlich gesagt: Wo wird man denn leichter Gelder durchschleusen, durch die Kleinvereine (Abg. Nehammer: Alle Gemeinden!) oder durch die Vereine, die rechenschaftspflichtig sind und de facto Hunderttausende von Mitgliedern haben? Das ist ja lächerlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme aber vielleicht noch einmal zum Ausgangspunkt zurück, und ich werde mich weniger auf Ibiza konzentrieren, sondern auf das System (Abg. Nehammer: Neue Allianz!) der ÖVP. Frau Hodoschek vom „Kurier“ hat das penibel recherchiert, und du (in Richtung Abg. Nehammer) hast die Pressekonferenz gegeben, nachdem Frau Hodoschek recherchiert hat, eine Notpressekonferenz am Tag danach (Abg. Nehammer: „Notpressekonferenz“!), weil aus 2 Millionen Euro über Nacht 4 Millionen Euro geworden sind.

Die Wahrheit ist: Es wurde ein ungeheuerliches System von Parteienfinanzierung aufgedeckt, alles gestückelt in kleine Portionen zu 30 000 Euro, alles scheinbar super­transparent, in Wahrheit ist es das Gegenteil. (Abg. Nehammer: Hast du das Gesetz mitbeschlossen oder nicht?) Das hat aber System, denn, ehrlich gesagt, wie wir aus den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft jetzt auch wissen (Abg. Nehammer: Das ist unfassbar!), gibt es unzählige Großspender aus der Wirtschaft und der Industrie (Abg. Nehammer: Ihr habt das Gesetz mitbeschlossen! 2012!), und dieses System heißt System MediaSelect – Stichwort Raiffeisen, Stichwort Telekom. Ermittlungen sind im Gange, Anklagen stehen kurz bevor. (Abg. Nehammer: Da musst du selber stottern, wenn du das vorliest!)

Jedes gesetzliche Schlupfloch wurde ausgenützt, Großspenden wurden an der Öffent­lichkeit vorbeigeschleust. (Abg. Nehammer: Unfassbar! Eine Unwahrheit nach der anderen – hier live sichtbar!) Durch dieses Versteckspiel entsteht, das verstehe ich, eine gewisse Not, ein gewisser Druck und eine gewisse Nervosität. Diese Nervosität wird ja auch heute offenbar, weil klar ist, dass bei all diesen Leistungen, die die ÖVP da einkassiert hat, am Ende immer auch eine Gegenleistung steht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Nehammer: Unfassbar!)

Die Gegenleistungen sind leicht zu benennen: Es ist der 12-Stunden-Tag, es ist die Senkung der Grunderwerbsteuer, es ist die Umsatzsteuersenkung für Hoteliers. (Abg. Nehammer: Unwahrheit! Unwahrheit! Unwahrheit!) Ich brauche nicht zu erklären, dass die Spender die Profiteure dieser Maßnahmen sind. (Abg. Nehammer: Unwahr­heits­politik! ... SPÖ! – Zwischenruf des Abg. Jarolim. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Kollegin Köstinger hat ja leider in Antizipierung der Diskussion die erste Reihe verlas­sen. Kollegin Köstinger hat sich zwei Wochen vor der Wahl hingestellt und hat gesagt: Wir liegen gut im Plan! Wir liegen gut im Budget der 7 Millionen Euro! (Zwischenruf bei der ÖVP), und dann wurden aus 7 Millionen Euro 13 Millionen Euro, und am Ende ist die Aufklärung über die Herkunft dieser 13 Millionen Euro immer noch ausständig.

Wir haben uns daher entschlossen, zu einer Neuformulierung des Parteiengesetzes zu kommen, und das sieht Folgendes vor – ich möchte das jetzt noch einmal Punkt für Punkt ganz sachlich und nüchtern erwähnen –:

Einzelspenden dürfen maximal 7 500 Euro pro Kalenderjahr betragen, pro politische Partei eine Spendenobergrenze von 750 000 Euro – schmerzhaft, ist so! (Zwischenrufe der Abgeordneten Wöginger und Meinl-Reisinger) –, außerdem klare Transparenz­regeln, eine Grenze von 500 Euro für Barspenden, eine sofortige Meldepflicht, Veröf­fent­lichungspflicht für Spenden ab 2 500 Euro, ein schmerzhaftes Stückelungsverbot (Abg. Nehammer: Schmerzhaft für dich! – Abg. Wöginger: Wer soll der Partei noch spenden?), die Miteinbeziehung der Personenkomitees in die Grenzen, die Einführung eines Wahlkampfmonitorings, durch das die Wahlwerbeausgaben laufend überprüft werden.

Letztlich wird künftig alles dem UPTS, dem Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat, vorgelegt werden müssen. Die müssen auch die Plausibilitätsprüfung machen. Der UPTS ist ja de facto die Strafbehörde für den Rechnungshof und verhängt Geld­strafen, wenn der Rechnungshof einen Verstoß gegen das Parteiengesetz meldet.

Dass das derzeitige System (Ruf bei der SPÖ: Das System Kurz ist das!), das jetzt gerne sowohl von der ÖVP als auch von den NEOS schlechtgeredet wird (Abg. Nehammer: Allianz der SPÖ-FPÖ! Wozu die Vereine? Brauchst nur die Vereine anzuschauen!), funktioniert, sieht man schon daran, dass der Rechnungshof selbstver­ständlich Anfragen macht – wie im konkreten Fall auch bei uns –, und ich bis 9. Juli in Abstimmung mit den Wirtschaftsprüfern diese Anfragen beantworten werde.

Was also an dem System, dass der Rechnungshof jetzt sozusagen Wirtschaftsprüfer beauftragt, die sich die Partei nicht aussuchen kann, schlecht ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich bitte dich (in Richtung Abg. Nehammer) aber noch einmal, zu erklären, wann und wo die ÖVP eigentlich einen konkreten Antrag vorgelegt hat, der diese Prüfung durch den Rechnungshof vorsieht. (Abg. Plessl: Das ist reine Ablenkung gewesen!) Das ist ja absolut lächerlich! (Beifall bei der SPÖ.) Wo ist dieser Antrag, der heute von euch zur Beschlussfassung vorgelegt würde? Und wo ist der Antrag zur Kürzung der Parteienförderung?

Ich hätte ihn gerne gesehen, denn dann könnten wir ihn prüfen (Abg. Nehammer: Gehst du mit?) und dann diskutieren. Bis dahin würde ich aber wirklich sozusagen um Redlichkeit in der Debatte bitten (Abg. Nehammer: Ja, das wäre sehr schön ...! – Zwischenruf der Abg. Schwarz) und darum, dass man am Ende nicht so tut, als wären nicht eure 6 Millionen Euro das Problem, als wäre nicht die Tatsache, dass ihr von einem Tag auf den anderen weitere Spenden in der Höhe von 2 Millionen Euro eingeräumt habt, das Problem, über das wir hier und heute entscheiden. (Abg. Nehammer: Wo ist das Problem?) Ich sage dir, es wird hier und heute entschieden werden – so schmerzhaft das auch für euch sein mag! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Nehammer.)

10.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Matznetter zu Wort gemeldet. (Abg. Jarolim: Man muss auch Klartext sprechen! – Abg. Stefan: Zu den Wirtschaftsprüfern, hoffentlich! – Abg. Matznetter – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja!) – Bitte.