11.11

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Minister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Herr Abgeordneter Moser hat mich jetzt zu diesem Rede­beitrag motiviert. Das war schon eine sehr interessante Rede, er hat mit großer Vehe­menz das eingefordert, was er auch als Rechnungshofpräsident immer eingefordert hat: mehr Transparenz, mehr Involvierung des Rechnungshofes. Über das kann man ja alles diskutieren, Herr Moser, aber wo sind die ÖVP-Anträge? Reden kann man bald über etwas, aber was ist mit den Anträgen, Herr Moser? (Beifall bei der SPÖ.) Ah, die ÖVP hat Sie sie nicht stellen lassen! Also das habe ich mir gedacht, ja, sehr inter­essant, ja.

Das bringt mich zu dem, was diese Debatte eigentlich geprägt hat. Ich glaube, die Menschen, die hier zugehört haben, haben einen sehr definitiven Eindruck bekommen: Da ist etwas faul, da ist etwas faul bei diesen Parteien, die sich weigern, eine Spen­denobergrenze zu akzeptieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wieso sind wir jetzt hier? – Wir sind einmal hier, und das ist öfters angesprochen worden, wegen diesem Ibizavideo – ja, selbstverständlich –, wo ein ehemaliger Partei­obmann und ein ehemaliger Klubobmann aufgezeigt haben, wie das Verscherbeln der Republik gehen und wie illegale Parteienunterstützung funktionieren könnte.

Wir sind aber auch aus anderen Gründen da: Wir sind zum Beispiel da, weil ein österreichischer Millionär vor der letzten Wahl öfters geäußert hat, dass er gerne Änderungen im Arbeitsrecht hätte. Derselbe Millionär hat dann an eine Parlaments­partei, an die Österreichische Volkspartei, eine sehr hohe Wahlkampfspende abge­geben, und relativ schnell darauf sind diese Arbeitsrechtsänderungen von der Regie­rung beschlossen worden. Zufall oder nicht Zufall? (Abg. Haubner: Schlecht reden!)

Wir sind aber nicht nur deswegen hier. Wir sind auch deshalb hier (Abg. Jarolim: Das ist beklemmend!), weil knapp vor der Wahl die damalige Generalsekretärin der ÖVP, Frau Köstinger, gesagt hat: Wir haben alles im Griff, wir werden die Wahlkampfkosten nicht überschreiten!, und sich nachher herausgestellt hat, dass das mit 13 Millionen Euro und 6 Millionen Wahlkampfkostenüberschreitung wahrscheinlich der teuerste Wahlkampf aller Zeiten in dieser Republik war. In den letzten fünf Tagen sind die nicht zustande gekommen, denke ich mir, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wir sind hier, da es im letzten Jahrzehnt mehrmals vorgekommen ist, dass Millionäre sich Parteien installiert und gehalten haben, geschätzte Damen und Herren, die, wenn es darauf ankommt, bei Abstimmungen immer auf der richtigen Seite gestanden sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mehr als hundert Jahre – eine lange Zeit – her, dass wir das Zensuswahlrecht in Österreich überwunden haben und zum gleichen, ge­heimen und unmittelbaren Wahlrecht gekommen sind. Und das ist der Grund, warum wir wirklich hier sind: Jetzt entsteht nach 100 Jahren wieder der Eindruck, dass es, wenn man Politik beeinflussen will, wichtiger ist, reich zu sein, als zur Wahl zu gehen. Des­halb sind wir heute hier, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Dieser Eindruck ist Gift für die Demokratie, wenn Wählerinnen und Wähler meinen, es zahle sich eh nicht aus, zur Wahl zu gehen, denn die, die reich sind, richten es sich mit bestechlichen Parteien. Das ist das große Problem, das wir in dieser Republik haben. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Da ist Gefahr in Verzug und deshalb haben wir diesen Antrag gestellt. (Abg. Sobotka: Nimm das zurück, nimm die Bestechlichkeit zurück! – Zwischenruf der Abg. Steinacker.) – Wieso fühlen Sie sich da jetzt betroffen? Wieso regen Sie sich so auf? Sagen Sie mir das! Sagen Sie mir das! (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Steinacker und Sobotka.) Ich habe gesagt, der Eindruck entsteht. (Abg. Sobotka: Das ist ein Strafdelikt, die Bestech­lichkeit! Nimm das zurück!) – Ich habe gesagt, es entsteht der Eindruck, dass Men­schen, die reich sind, Politik beeinflussen können, stärker beeinflussen können als jene, die zur Wahl gehen, damit Sie das richtig verstanden haben. Und da können Sie sich ruhig betroffen fühlen, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn man sich diese ganzen Dinge ansieht – Parteien kaufen, Gesetzesent­scheidun­gen vielleicht mit Spenden herbeiführen, andere Dinge, das Ibizavideo –, dann haben wir kein Transparenzproblem, denn das ist alles transparent, sondern dann müssen wir dafür sorgen, dass diese Praktiken aufhören, geschätzte Damen und Herren. Um das geht es heute hier. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Das machen Sie nicht und um das geht es hier!) Deshalb haben wir diese Anträge gestellt, deshalb haben wir eine Obergrenze von 7 500 Euro vorgeschlagen. Wie abgehoben kann man sein, wenn man meint, 7 500 Euro sind wenig Geld, geschätzte Damen und Herren? Andere leben ein halbes Jahr von diesem Geld, von 7 500 Euro. Das ist nicht wenig. Das ist nur für die wenig, die so unglaublich viel mehr haben. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

750 000 Euro im Jahr, Strafen  Strafen, wenn das übertreten wird, und auch Strafen, wenn die Wahlkampfkostengrenzen so massiv überschritten werden. Und das gilt selbstverständlich auch für Vereine. Das gilt selbstverständlich auch – Karl Nehammer hat es beschrieben – für die Keimzelle der Arbeiterbewegung, für den Pensionisten­verband. (Abg. Nehammer: Die alte Generation!) Das gilt selbstverständlich auch für die Gewerkschaften. Es gilt für jeden und das ist auch der Unterschied: Es gilt für jeden und nicht nur für die, die es sich nicht leisten können. Das ist der Unterschied zwischen unserer Politik und Ihrer Politik, die immer nur für die da ist, die sich solche Spenden leisten können. Das ist die ÖVP-Politik, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verstehe ja auch die Panik der NEOS, der Parteiobfrau der NEOS. Wissen Sie aber, was mich wirklich entsetzt?  Es hat hier und auch in der Öffentlichkeit eine Dis­kussion gegeben, wie sinnhaft es ist, wenn der Rechnungshof gewisse Prüfkom­petenzen zusätzlich erhält, oder ob das jemand anderer machen sollte. Ich habe die Diskussion nicht als dramatisch empfunden, da sie durchaus legitim ist. Aber als Sie hier heraußen gestanden sind, haben Sie jenen, die das diskutieren wollten, von hier aus ein Redeverbot erteilt. Das ist nicht liberal, das ist nicht einmal neoliberal, das ist illiberal, was Sie hier machen, Frau Parteiobfrau. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Meinl-Reisinger: Sie müssen ja selbst lachen, so absurd ist das!)

Es haben mehrere den 29. September angesprochen. Da gibt es für die Wählerinnen und Wähler schon eine Entscheidung zu treffen (Abg. Wöginger: Es wählen euch ja nicht einmal mehr die alten Eisenbahner!): Will man ehrliche, engagierte Politik oder will man Politik für Millionärinnen und Millionäre? – Das ist die Entscheidung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.19

Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abge­ordneter Karl Nehammer. – Bitte. (Abg. Wöginger: Nicht einmal die Eisenbahner wählen euch, wenn ihr so weiter tut!)