Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf zu Beginn an eine Persönlichkeit erinnern, die vor wenigen Tagen verschieden ist, vollkommen unerwartet für ihre Fa­milie, der wir unsere Anteilnahme in ganz besonderer Art und Weise entgegenbringen wollen – viele von Ihnen haben das anlässlich des Begräbnisses ja bereits getan. Sie alle wissen: Es geht um Rudolf Hundstorfer. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Sitzplätzen.)

Rudolf Hundstorfer war ein Politiker, der nicht nur dem Nationalrat angehört hat und Minister war, sondern vor allem in berufsständischen Vertretungen engagiert war: Er hat sein gesamtes Leben in ganz besonderer Art und Weise der gewerkschaftlichen Bewegung gewidmet. Er war überzeugt von der Sozialpartnerschaft. Er war überzeugt von der Notwendigkeit, die Interessen seiner Kolleginnen und Kollegen nicht nur im Bereich der Wiener Gemeindebediensteten, sondern weit darüber hinaus zu vertreten. Schließlich wurde er Chef des Österreichischen Gewerkschaftsbundes in einer besonderen Situation: in einer Zeit, in der viele das Vertrauen vielleicht nicht in dem Maße hatten, wie der Gewerkschaftsbund und die Bewegung sich das vorgestellt haben.

Rudolf Hundstorfer hat es letzten Endes gerade für die Gewerkschaftsbewegung ver­standen, durch seine persönliche Art der Herangehensweise an Herausforderungen – mit Ruhe, mit Überlegtheit und vor allem mit einer besonderen persönlichen Ein­stellung, die Engagiertheit und vor allem eine sachliche Auseinandersetzung in den Mittelpunkt rückte – das wieder vergessen zu machen, was vorgefallen war.

Rudolf Hundstorfer war aber auch ein Parlamentarier der ganz besonderen Art. Er war Mitglied des Wiener Landtages, er war über lange Zeit Erster Vorsitzender des Wiener Gemeinderates, und die Diskussion in den politischen Gremien, in den gesetz­geben­den Körperschaften war ihm immer ein hohes Anliegen, egal ob als Mandatar oder später als Minister. Das Gespräch, die Diskussion war für ihn ein ganz wesentlicher Bestandteil seiner politischen Arbeit, wenngleich er seiner Überzeugung meist sehr standfest treu geblieben ist; ich habe das selbst in vielen Verhandlungen mit ihm erleben dürfen.

Er war aber nie verletzend, er war nie untergriffig, und er hat auch immer wieder die Meinungen und die Überlegungen der anderen miteinbezogen und geschätzt. Auch wenn er diesen Meinungen und Überlegungen nicht gefolgt ist, so hat er mit seiner Art letzten Endes auch den Andersdenkenden das Gefühl gegeben, wertgeschätzt zu sein, an gemeinsamen Überlegungen mitzuarbeiten und schlussendlich auch dazu beizu­tragen, dass wir der Bewältigung der Herausforderungen und der Lösung der Probleme unserer Gesellschaft gemeinsam ein Stück näherkommen.

Schließlich darf ich Rudolf Hundstorfer auch noch als Menschen ganz kurz skizzieren. Viele von Ihnen kennen ihn schon seit frühen Tagen als Wegbegleiter, manche haben ihn vielleicht nur en passant erlebt, aber jeder, der ihm begegnet ist – das hat die große Zahl der Trauergäste zum Ausdruck gebracht –, war von seiner Persönlichkeit eingenommen: von seiner Freundlichkeit, von seiner Offenheit.

Ich habe ihn nie in einer Situation erlebt, in der er griesgrämig war oder den Menschen nicht auch seinen persönlichen Respekt entgegengebracht hat. Er war natürlich auch ein typischer Wiener – immer auch ein bisschen mit einem Schmäh auf der Lippe, mit einem Augenzwinkern, mit der Aussage, das nicht so gewichtig zu nehmen. Auch in der Begegnung war er jemand, der immer wieder versucht hat, die Situation auf­zulockern, indem er persönliche Erlebnisse einfließen ließ oder Geschichten erzählt hat.

Rudi Hundstorfer war als Mensch eine ganz große Persönlichkeit, und dies hat ihm auch in seinem beruflichen und politischen Wirken jene Anerkennung gebracht, die er sich verdient hat. Wir werden ihm als Minister, als Abgeordnetem, als Gewerkschafter immer ein ehrendes Andenken bewahren.

Unsere Anteilnahme gilt seiner Familie und seinem unmittelbaren Freundeskreis. Wir werden ihm nicht nur ein Andenken bewahren, sondern wir werden es auch als sein Vermächtnis sehen, in der politischen Diskussion das Menschliche nicht zu vergessen. (Die Anwesenden verharren einige Zeit in stiller Trauer.) Ich danke Ihnen. (Die Anwesenden nehmen ihre Sitzplätze wieder ein.)

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