12.50

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sagen wir einmal: Eine Koalitionsankündigung für eine Neuauflage von Schwarz-Rot war das vorhin nicht. (Beifall des Abg. Haubner.) Wenn wir noch einmal zur Sache zurückkommen und uns diese Pensionserhöhung anschauen, für die interessanterweise die Pensionistenvertreter gelobt werden, dann merken wir, dass uns vorgeworfen wird, warum wir hier das Geschenkeverteilen nicht mittragen. Es wäre für eine kleine, bisherige Oppositionspartei ganz einfach gewesen, auf die Erhöhung von 3,6 Prozent hin zu sagen: Was 3,6 Prozent? Wir wollen 5,6 oder 6,6 Prozent! – Das wäre einfacher gewesen, als zu sagen: Moment, das, was hier passiert, ist nicht treffsicher, es ist nicht generationengerecht und es ist nicht in der Balance zwischen Beitragszahler und Leistungsbezieher.

Diese volle Erhöhung von 3,6 Prozent bekommen jetzt 1,1 Millionen Pensionisten. Die sind aber nicht alle arm und bedürftig, denn das wäre eine Katastrophe, wenn unser Pensionssystem so schlecht wäre, dass mehr als die Hälfte der Pensionisten in Armut leben würde. (Beifall bei den NEOS.) Vielmehr ist es so, dass 200 000 Personen von einer wirklich kleinen Pension leben müssen; und die beziehen eine Ausgleichszulage. Das sind jene, die es wirklich brauchen, und auf jene müssen wir wirklich schauen. Die vertragen auch eine außertourliche Erhöhung.

Es betrifft aber zum Beispiel 300 000 Bezieher einer österreichischen Pension im Ausland. Die haben vielleicht fünf oder zehn Jahre in Österreich und sonst meistens in Deutschland gearbeitet: 30 Jahre in Deutschland, zehn Jahre in Österreich. Deren österreichische Rumpfpension wird jetzt mit 3,6 Prozent aufgewertet, unabhängig davon, ob der Betreffende in Deutschland noch einmal 1 500 oder 2 000 Euro be­kommt. Das ist nicht treffsicher, das ist auch nicht gerecht. (Beifall bei den NEOS.)

Der Herr Universitätsprofessor in Ruhe, der seine Beamtenpension genießt, als Pro­fessor Gutachten geschrieben hat und daher eine kleine GSVG-Pension bekommt: Auch dessen GSVG-Pension wird mit 3,6 Prozent aufgewertet. Der hat das überhaupt nicht notwendig.

Sie feiern also die größte Pensionserhöhung aller Zeiten für die Leistungsbezieher. Die Beitragszahler, die Steuerzahler haben aber nicht die größte Gehaltserhöhung der letzten 25 Jahre gehabt, sie haben nicht die höchste Erhöhung der KV-Gehälter der letzten 25 Jahre gehabt, sondern sie müssen mit ihren Beiträgen und Steuern das finanzieren, was die Pensionisten bekommen. Da geht es um die Balance zwischen den beiden Gruppen. Es geht um den heute schon erwähnten starken Generationen­vertrag. Der kann nur funktionieren, wenn die Interessen ausgeglichen werden, wenn die Interessen balanciert sind. Die einzigen Fürsprecher für die Erwerbstätigen, die einzigen Fürsprecher für die Beitragszahler und für die Jungen sind in diesem Haus aber die NEOS. (Beifall bei den NEOS. – Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zudem feiern Sie sich für die Entlastung der Kleinverdiener bei der Kranken­versiche­rung ab. Spannend ist einmal Folgendes: Das ist typische ÖVP-Klientel; es kriegt nämlich die Frau, die im Wesentlichen zu Hause geblieben ist und ein paar Stunden arbeiten geht, weil der Mann das Geld heimbringt und sie sich um die Kinder kümmert, die Entlastung bei der Krankenversicherung. Vor allem kriegen das alle Bauern unab­hängig vom Einkommen, die Selbstständigen bekommen es alle unabhängig vom Einkommen, aber die unselbstständig Erwerbstätigen, die Vollzeit arbeiten und über 2 000 Euro brutto verdienen, haben von dieser Entlastung genau gar nichts.

Was Sie allerdings im Unselbstständigensektor schaffen, ist eine gigantische Teilzeit­falle. Wenn da eine Arbeitskraft in 50-Prozent-Teilzeit zum Beispiel brutto 1 200 Euro verdient, dann zahlt die jetzt schon keine Lohnsteuer sowie keinen Arbeitslosenver­siche­rungsbeitrag und bekommt künftig noch die Krankenversicherung erstattet. So eine Person wird nie mehr 80 oder 100 Prozent arbeiten, denn natürlich überlegen die Leute, was sie dann mehr verdienen, wenn sie mehr arbeiten. Alle werden zum Schluss kommen, dass sich das nicht auszahlt und sie lieber in Teilzeit bleiben – dann wundern wir uns, warum die Frauen niedrigere Pensionen haben. Das ist so, weil wir sie mit Steuerförderung gezielt in Teilzeit gehalten haben. – Das ist es, was Sie er­reichen.

Was hätten Sie machen sollen? – Eine Entlastung für alle. Von der Abschaffung der kalten Progression haben alle etwas: die, die arbeiten gehen, die, die in Pension sind, die Selbstständigen, die Bauern, die unselbstständig Erwerbstätigen, alle. Die Ab­schaffung der kalten Progression nimmt Ihnen aber die Möglichkeit, vor der Wahl Geschenke zu verteilen, weil das dann nämlich automatisch passiert. Die Entlastung geschieht dann automatisch und man kann sich nicht im Wahlkreis auf die Schulter klopfen lassen. Das ist es, worum es Ihnen geht. Es geht Ihnen um sich selbst und es geht Ihnen gar nicht um die Bürgerinnen und Bürger, um die SteuerzahlerInnen. (Beifall bei den NEOS.)

Daher bringe ich abermals folgenden Antrag auf Abschaffung der kalten Progression ein:

Abänderungsantrag

Des Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In Artikel 1 des Antrags wird nach Z 13 folgende neue Z 13a eingefügt:

„13a. Nach § 33 Einkommensteuergesetz wird folgender neuer § 33a samt Überschrift eingefügt:

a) Die Überschrift lautet:

„Automatische Progressionsanpassung“

b) § 33a lautet:

„§ 33a. (1) Ab dem Veranlagungsjahr 2021 vermindern oder erhöhen sich die in § 33 Abs. 1 angeführten Grenzwerte für Einkommensteile jeweils in dem Maß, das sich aus der Veränderung der von der Bundesanstalt Statistik Austria verlautbarten Ver­braucherpreisindex 2015 oder des an seine Stelle tretenden Index des Vorjahres ergibt. Bei der Berechnung der neuen Betragsgrenzen sind Beträge, die 50 Euro-Cent nicht übersteigen, auf den nächstniedrigeren ganzen Euro abzurunden und Beträge, die 50 Euro-Cent übersteigen, auf den nächsthöheren ganzen Euro aufzurunden.

(2) Der Bundesminister für Finanzen hat die nach Abs 1 geänderten Grenzwerte für Einkommensteile jeweils unverzüglich nach Verlautbarung des Jahresdurchschnitts­werts des Verbraucherpreisindex 2015 als Verordnung im Bundesgesetzblatt kundzu­machen.““

2. In Artikel 1 des Antrags wird in Z 21 folgende neue lit e eingefügt:

„e) Nach Ziffer 338 wird folgende neue Ziffer 339 eingefügt:

„339. § 33a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und ist erstmals auf Veranlagungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen.““

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

12.57

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

Des Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag (984/A)

der Abgeordneten August Wöginger, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatz­steuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeug-steuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenver­gütungs­gesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Bundes­finanzgerichtsgesetz, das Amtshilfe-Durchführungsgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Tabakmonopol­gesetz 1996, das Punzierungsgesetz 2000, das Wohnbauförderungsbeitragsgesetz 2018, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert werden (Steuerreformgesetz 2020 – StRefG 2020) Top 2

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Antrag (984/A) der Abgeordneten August Wöginger, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommen­steuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuer­ge­setz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerb­steuer­gesetz 1987, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuer­ge­setz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Energieab­gaben­vergütungsgesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenord­nung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Amtshilfe-Durchführungsgesetz, das Alko­hol­steuer­gesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996, das Punzierungsgesetz 2000, das Wohnbauförderungs­beitragsgesetz 2018, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert werden (Steuer­reformgesetz 2020 – StRefG 2020) wird wie folgt geändert

1. In Artikel 1 des Antrags wird nach Z 13 folgende neue Z 13a eingefügt:

"13a. Nach § 33 Einkommensteuergesetz wird folgender neuer § 33a samt Überschrift eingefügt:

a) Die Überschrift lautet:

"Automatische Progressionsanpassung"

b) § 33a lautet:

"§ 33a. (1) Ab dem Veranlagungsjahr 2021 vermindern oder erhöhen sich die in § 33 Abs. 1 angeführten Grenzwerte für Einkommensteile jeweils in dem Maß, das sich aus der Veränderung der von der Bundesanstalt Statistik Austria verlautbarten Ver­braucherpreisindex 2015 oder des an seine Stelle tretenden Index des Vorjahres ergibt. Bei der Berechnung der neuen Betragsgrenzen sind Beträge, die 50 Euro-Cent nicht übersteigen, auf den nächstniedrigeren ganzen Euro abzurunden und Beträge, die 50 Euro-Cent übersteigen, auf den nächsthöheren ganzen Euro aufzurunden.

(2) Der Bundesminister für Finanzen hat die nach Abs 1 geänderten Grenzwerte für Einkommensteile jeweils unverzüglich nach Verlautbarung des Jahresdurchschnitts­werts des Verbraucherpreisindex 2015 als Verordnung im Bundesgesetz-blatt kundzu­machen.""

2. In Artikel 1 des Antrags wird in Z 21 folgende neue lit e eingefügt:

"e) Nach Ziffer 338 wird folgende neue Ziffer 339 eingefügt:

"339. § 33a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und ist erstmals auf Veranlagungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen.""

Begründung

Abschaffung der "Kalten Progression"

Die Kalte Progression bezeichnet die heimliche jährliche Steuererhöhung. Sie entsteht, da die Einkommen zwar Jahr für Jahr steigen, die Steuerstufen aber nicht an die Inflation angepasst werden. Somit erhöhen sich der Durchschnittssteuersatz und die Steuerschuld stärker als die Inflation. Die Kalte Progression betrifft alle Lohn­steuer­pflichtigen. Wenn der Bruttolohn steigt, dann steigt auch der Durchschnittssteuersatz. Dies bedeutet, dass jener Anteil des Einkommens, der an den/die Finanzminister_in geht, zunimmt.

Die Kalte Progression ist eine Steuererhöhung durch die Hintertür.

Die jährliche Anpassung der Einkommenssteuerstufen an die Inflation verhindert die­sen Umstand. Die Kalte Progression muss durch die oben erwähnten Bestimmungen durch die jährliche Anpassung der Einkommenssteuertarife ausgesetzt werden. Diese jährliche Inflationsanpassung soll ohne ein Zutun des/der Finanzminis­ters/Finanz­minis­terin möglich sein, denn die Steuerbelastung bzw. -verteilung ist durch den Gesetz­geber legitimiert und sollte daher in keinem nachgelagerten Prozess im Finanzminis­terium oder der Exekutive geändert werden. Dies ist nur der Fall, wenn die Tarifanpas­sungen einem Automatismus unterliegen.

Bei größer werdender Steuerbelastung auf den Faktor Arbeit sinkt der Arbeitsanreiz auch bei höheren Steuerklassen.

In den meisten OECD-Ländern ist eine vergleichbare Indexierung bereits durchgesetzt.

*****

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Muchitsch zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich nehme an, Sie kennen die einschlägigen Bestim­mungen, und ich vertraue darauf, dass Sie die einhalten. (Ruf bei der ÖVP: Aber bei der Wahrheit bleiben!)