16.36

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Vizekanzler, Sie haben hier von einer Sonderbehandlung, bei der das Verfahren nicht zugänglich sein kann, gesprochen. – Ich sehe das ein bisschen anders, weil die Dar­stellungen, was da tatsächlich abgelaufen ist und ob das jetzt glaubwürdig ist oder nicht, aus meiner Sicht schon eine sehr klare Sprache sprechen.

Kollege Pilz hat das heute hier ausgeführt, aber er ist bei Gott nicht der Einzige. Es gibt Artikel von allen Seiten und es gibt vor allem auch immer wieder sehr seltsame Auftritte von ÖVP-Kollegen, etwa den Auftritt des Kollegen Nehammer, bei denen dann plötz­lich – das ist heute hier angesprochen worden – über E-Mails gesprochen wird, die keiner kennt, die quasi hinaustransportiert werden sollen. Da wird also schon erkenn­bar, dass das Ganze irgendwie ein einziger Fake ist, dass etwas vorgegaukelt werden soll, dass vor der Wahl noch irgendwie etwas versteckt wird. Ich glaube, dass es eigentlich eine Art Notwehr wäre, auf die sich die Justiz in diesem Zusammenhang berufen könnte: zu sagen, eigentlich erscheint das so komisch – ich glaube, der Mehr­heit von uns, wahrscheinlich auch den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, kommt das komisch vor –, dass man diesbezüglich die Geheimnisse also noch etwas lüften sollte.

Eines verstehe ich wirklich nicht: Herr Kurz hat uns ja erklärt, es sind nicht nur Daten abgesaugt worden, sondern es ist sogar in die Computer eingestiegen worden und dort sind die Daten verändert worden, und nachdem die Daten dann verändert waren, sind sie abgesaugt worden.

Meine Damen und Herren! Wer soll diesen Schwachsinn, den uns Herr Kurz die ganze Zeit erzählt, wirklich glauben? Schon allein deshalb muss man sich denken: Was ist da eigentlich? Was gibt es da? Was geht da ab? (Zwischenruf des Abg. Eßl.) Ich kann mir schon vorstellen, dass da einiges drinnen ist, was verschleiert werden soll.

Wenn man sich anschaut, wie das Verfahren selbst läuft, dann ist das das Nächste, bei dem man sich denkt: Das ist eigentlich unfassbar! Es kann doch auch nicht normal sein, wenn ein Führungsmitglied der Pro Patria, das ist die ÖVP-Trolltruppe aus Nie­derösterreich, im Ermittlungsteam sitzt (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Pilz), meine Damen und Herren! Wer setzt so jemanden hinein, wenn das eine ganz normale Ermittlung ist?

Das ist aber nicht die einzige seltsame Verhaltensweise der Vergangenheit. Es gibt auch leider Gottes, Herr Vizekanzler, in der Justiz einige Punkte, die sehr seltsam sind, zum Beispiel das Verfahren Mediaselect, das ist also diese quasi Schlammagentur der ÖVP, wo Gelder gewaschen wurden. Bei diesem ÖVP-Verfahren gibt es einen Sachverständigen, und dieser Sachverständige ist lustigerweise der Gatte einer ÖVP-Kollegin, die hier im Nationalrat sitzt, und ist mit Axel Melchior, das ist der Bundes­geschäftsführer gewesen, in die Schule gegangen.

Meine Damen und Herren! Das gibt es ja alles nicht! Wieso soll noch irgendjemand darauf vertrauen, dass die Justiz und vor allem das Innenministerium diesbezüglich ordnungsgemäß ermitteln? Aus diesem Grund ist es notwendig, dass man noch vor der Wahl die Wahrheit, dass das Ganze eine riesige Chuzpe ist, an den Tag bringt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich verstehe schon, dass es da viele Dinge gibt, die man beseitigen soll. Wenn man sich die Vita des Herrn Kurz anschaut, dann sieht man immer wieder das Wort Pla­nung. Da wird also lange davor, drei Jahre davor geplant, wie man die ÖVP über­nimmt, also so charmant, dass man Herrn Mitterlehner wirklich vor der Kamera fertig­gemacht hat. Logischerweise geht diese Planung dann auch weiter.

Im Februar haben wir diskutiert, wieso im Februar Werbeflächen für den Herbst, also für jetzt, von der ÖVP in Kärnten angekauft worden sind. Jetzt wissen wir es auch: Es gibt für diesen Wahlkampf schon lange eine Planung. Und dann kommt mehr oder weniger plötzlich diese Initialzündung, nämlich das Video, daher. Nachdem das Video dahergekommen ist, wird geschreddert. Meine Damen und Herren (Zwischenrufe bei der ÖVP), Sie können diesen Grundverdacht, dass Sie selbst hinter diesem Video stehen – wobei ich der Meinung bin, dass das, was sie dort gefilmt haben, eine riesige Sauerei ist und die gefilmten Personen letztklassig sind –, dass Sie das Video selbst hergestellt haben – und das vor zwei Jahren! –, nicht so leicht vom Tisch wischen. Ich würde schon annehmen, dass da gewisse Zusammenhänge sind; und die muss man aufklären, die muss man aufdecken.

Daher bin ich auch der Meinung, dass Herr Dr. Karl Kohlbacher völlig recht hat. Das bezieht sich jetzt auf ein Video auf YouTube, das wir alle sehen können. Der renom­mierte und hochgeachtete ehemalige Kampagnenleiter der ÖVP sagt, die ÖVP hat die Werte verloren, sie ist „zu einem Kurz-Wahlverein“ verkommen, und spricht von „An­näherung an den Rechtspopulismus“. Wir sind nicht weit vom Dollfuß-Staat, sagt Ihr steirischer Kampagnenleiter Dr. Kohlbacher, meine Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Haubner: ... zitieren! Was würden die sagen?)

Und er fragt dann: Wohin führt das noch? Kurz betreibt in erster Linie für sich selbst Machtstreben; er lässt rechtspopulistisches Gedankengut zu. Dann schließt er – und ich glaube eigentlich, vielen von uns kommt das aus dem Herzen –: Ich werde Kurz nicht mehr wählen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Du hättest ihn eh nicht gewählt!)

16.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lugar. – Bitte.