17.16

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Was haben eigentlich Angela Merkel, Emmanuel Macron, Frank-Walter Steinmeier und Hillary Clinton gemein? – Sie wurden wie viele andere Opfer von Cyberattacken. Mit fortdauernder Diskussion hier schließt sich bei mir immer deutlicher das Bild, dass Sebastian Kurz und seine ÖVP eigentlich nicht in diese Auflistung hineinpassen.

Das ändert nichts daran, dass gehackte Konten, verwendete Daten ein Problem sind, das mittlerweile fast alle Österreicherinnen und Österreicher kennen und auch betrifft. Es ist kein Thema, über das ich einfach hinwegschauen möchte und über das man hinwegschauen kann. Es ist wichtig, dass wir entsprechende Sensibilität haben, fordern und fördern. Es ist kein Kavaliersdelikt, wenn das Facebook-Konto oder das E-Mail-Konto illegal aufgemacht wird. Im Gegenteil! Gerade weil diese Daten, wie es immer heißt, das Gold des Digitalisierungszeitalters sind, ist es auch die Privatsache und die Privatsphäre jedes Einzelnen, und diese Privatsache und Privatsphäre sind zu schützen.

Als Geschäftsführer der SPÖ muss ich feststellen, dass auch bei uns regelmäßig und immer wieder versucht wird, Seiten zu manipulieren und Daten abzugreifen. Laut Aus­kunft von Facebook waren in den letzten Monaten die Seiten der SPÖ jene, die am stärksten und intensivsten von Attacken betroffen waren. Also ja, eine kommende Bun­desregierung muss auf diesen Bereich der Cybersicherheit einen klaren Schwerpunkt legen, denn von diesen Angriffen sind nicht ein paar wenige betroffen, sondern die breite Masse der Menschen, und es ist die Aufgabe der Politik, für Sicherheit zu sorgen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gleichzeitig ist es aber auch so, dass Sicherheit bedeutet, dass man sich verlassen können muss, und da komme ich jetzt schon zur ÖVP. Ich habe eine Reihe von spannenden Fragen, die sich stellen – es sind zwölf an der Zahl.

Kollegin Köstinger ist leider nicht da, sie könnte gleich die erste Frage beantworten, nämlich die Frage: Ist es richtig, dass die ÖVP im Jahr 2017 statt 7 Millionen Euro 13 Millionen Euro ausgegeben hat, wie aus diesen Daten hervorgeht? (Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Stimmt es ferner, dass die ÖVP im Jahr 2019 – das könnte jetzt Karl Nehammer be­antworten; Karl, vielleicht machst du das heute klar, ob das stimmt –, im Natio­nalrats­wahlkampf dieses Jahres, statt 7 Millionen Euro 9 Millionen Euro auszugeben plant, oder ist das aus einer der manipulierten Dateien oder einer der gehackten Dateien, in die man eingedrungen ist?

Ist die Spendenliste, lieber Karl Nehammer, umfassend veröffentlicht, und wenn ja, wur­de mit Vorsatz so gespendet, dass nicht an den Rechnungshof gemeldet werden muss?

Viertens: Von wem vor allem ging die Initiative zu dieser Umgehung aus, von Heidi Horten oder von Karl Nehammer?

Fünftens: Führt die ÖVP eine oder mehrere Buchhaltungen? Und wozu dienen diese unterschiedlichen Buchhaltungen, um zu vertuschen oder um das Gesetz zu biegen?

Sechstens: Stimmt es, dass eine einzige türkise Jubelveranstaltung in der Wiener Stadthalle 1 Million Euro gekostet hat, oder ist auch das manipuliert?

Siebtens: Stimmt es, dass das Umfärben und Erstellen des ÖVP-Logos 3,5 Millionen Euro gekostet haben und damit selbst die exorbitanten, aberwitzigen Logokosten der Österreichischen Gesundheitskasse von 2,5 Millionen Euro um sage und schreibe 1 Million Euro überschreiten? (Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Stimmt es, dass die ÖVP Schulden wie der sprichwörtliche Stabsoffizier hat?

Stimmt es also, dass das Geld vom Wirtschaftsbund kreditiert wurde?

Stimmt es, dass ihr bei den Ländern verschuldet seid?

Stimmt es, dass ihr Geld oder auch Kredite von Spendern bekommen habt?

Etymologisch betrachtet – das ist vielleicht eine interessante Betrachtung –: Im Wort Schulden steckt der Begriff Schuld drin. Wem gegenüber seid ihr jetzt in der Schuld? Seid ihr in der Schuld des Wirtschaftsbundes, in der Schuld der Landesparteien, in der Schuld der Banken oder in der Schuld der Spender?

Klar ist jedenfalls: Wenn so viel über Schuldenbremsen in der Verfassung die Rede ist, bedarf es einer einzigen wirklichen Schuldenbremse, und das ist die Schuldenbremse in der Lichtenfelsgasse. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Weil heute die Diskussion über den Rechnungshof geführt wurde, auch von Kollegin Griss, möchte ich dazu folgenden Antrag der Parteivorsitzenden einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „umgehende Einsetzung eines ‚Weisenrates‘ zur Evaluierung und Verbesserung der Kontrolle der Parteienfinanzierung in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, unter Einbindung der politischen Parteien um­gehend einen Weisenrat zur Evaluierung der Kontrolle der Parteienfinanzierung in Österreich zusammenzustellen. Bei der Arbeit des Weisenrates sollen – unter Beteili­gung nationaler und internationaler ExpertInnen – Erfahrungen aus anderen Ländern wie etwa aus Deutschland berücksichtigt werden. Auf dieser Expertise und auf den Erfahrungen des Wahlkampfes aufbauend, sollen Optimierungen erarbeitet und dem neu gewählten Nationalrat so schnell wie möglich konkrete Vorschläge, mit welchen noch bestehende Kontroll- und Transparenzdefizite im Parteiengesetz beseitigt werden können, vorgelegt werden.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Pilz.)

17.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Pamela Rendi-Wagner, Mag. Thomas Drozda

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesregierung

betreffend umgehende Einsetzung eines „Weisenrates“ zur Evaluierung und Verbes­serung der Kontrolle der Parteienfinanzierung in Österreich

eingebracht im Zuge der Dringlichen Anfrage der Abg. Dr. Peter Pilz zum Thema „Cyberangriff, Desinformationsangriff und weitere Affären.“

Die Vorgänge und Sachverhalte rund um die Finanzierung von Parteien in der Zeit seit dem Erscheinen des sogenannten Ibiza Videos haben deutlich gemacht, dass Optimie­rungspotenzial im Hinblick auf Parteispenden und Finanzierungstransparenz im öster­reichischen Parteiengesetz gegeben ist.

Mit der Novelle 2019 zum Parteiengesetz wurden – als Reaktion auf die Enthüllungen im Ibiza Video – ganz wesentliche Schritte gesetzt. Die österreichische Politik soll un­ab­hängig von Großspendern nur die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertreten. Durch verschiedene Maßnahmen wie etwa vor allem durch die Herabsetzung der Spendengrenze pro Jahr und Person auf € 7500 ist dies auch gelungen. Über­schreitungen der Wahlkampfkostenobergrenze werden seit der erwähnten Novellierung des Parteiengesetzes mit wirksameren Sanktionen bestraft.

Trotzdem reißt die mediale Diskussion zu möglichen Lücken und Defiziten des Kon­trollsystems nicht ab, was dem Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik allgemein und in die Parteiendemokratie im Speziellen abträglich ist. Um etwaige Umgehungs­mög­lichkeiten, mögliche Kontrolldefizite und sonstige Transparenzlücken zu identifizieren und aufzuzeigen sowie Verbesserungsvorschläge zu machen, wird nun vorgeschlagen, dass die amtierende Bundesregierung unter Einbindung der politischen Parteien um­gehend einen Weisenrat zur Evaluierung und Optimierung der Kontrolle der Parteien­finanzierung in Österreich zusammenstellt. Dabei sollen – unter Beteiligung nationaler und internationaler ExpertInnen – Erfahrungen aus anderen Ländern wie etwa aus Deutschland berücksichtigt werden.

Auf dieser Expertise und auf den konkreten Erfahrungen des Wahlkampfes aufbauend, sollen Optimierungsvorschläge erarbeitet und dem neu gewählten Nationalrat so rasch wie möglich zugeleitet werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, unter Einbindung der politischen Parteien um­gehend einen Weisenrat zur Evaluierung der Kontrolle der Parteienfinanzierung in Österreich zusammenzustellen. Bei der Arbeit des Weisenrates sollen – unter Be­teiligung nationaler und internationaler ExpertInnen – Erfahrungen aus anderen Län­dern wie etwa aus Deutschland berücksichtigt werden. Auf dieser Expertise und auf den Erfahrungen des Wahlkampfes aufbauend, sollen Optimierungen erarbeitet und dem neu gewählten Nationalrat so schnell wie möglich konkrete Vorschläge, mit welchen noch bestehende Kontroll- und Transparenzdefizite im Parteiengesetz besei­tigt werden können, vorgelegt werden.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Höbart. – Bitte.