20.44
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Bundesministerin! Geschätzter Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte, wenn wir im österreichischen Parlament schon über den Regenwald reden, auch tatsächlich ein bisschen ausholen und mir das Ganze genauer anschauen. Ich möchte zuerst auf die wesentliche historische Komponente hinweisen, auf die wir achten müssen, wenn wir darüber reden, dass wir anderen Staaten vorschreiben wollen, wie sie handeln sollen. In Europa, im Nahen Osten und in Nordafrika haben wir es in den letzten 3 000 Jahren hervorragend geschafft, beinahe alle unsere Urwälder selbst zu roden und auch zu nutzen. Jetzt im Moment ist es so, dass es hauptsächlich entlang des Äquators, in Lateinamerika, in der Karibik, in Afrika und vor allem in Indonesien, noch weitere, und zwar große Bestände an Regenwald, an Urwäldern gibt.
Ganz zu Recht sagen jene Staaten: Ihr habt eure vernichtet und erwartet jetzt von uns, dass wir jene Ressourcen nicht nutzen! – Und dieses Verständnis muss man aus der historischen Betrachtung schon auch miteinbeziehen, insbesondere weil ja diese Beziehungen internationaler Art oft sehr stark belastet sind. Gerade die europäischen Staaten, die sich jetzt auch für den internationalen Klimaschutz und den Schutz des Regenwaldes starkmachen, wie Frankreich, Großbritannien, Spanien oder Portugal, sind jene, die eine belastete historische Beziehung beispielsweise zu Lateinamerika oder zu Afrika haben.
Diesbezüglich möchte ich auf ein paar Daten hinweisen. Wir sprechen in der österreichischen Politik im Wesentlichen meist von Brasilien, weil natürlich der dortige Präsident stark ins Auge sticht. Was sind aber die Daten, von denen wir sprechen? – Seit 1970 sind 800 000 Quadratkilometer an Regenwald in Brasilien, im Amazonasgebiet, vernichtet worden. Das entspricht in etwa der zehnfachen Fläche Österreichs. Es ist allerdings nur eine Banalität im Vergleich zu dem, was weltweit passiert ist. Allein im letzten Jahr waren es 8 000 Quadratkilometer in Brasilien. Es waren aber in ganz Lateinamerika und der Karibik 56 000 Quadratkilometer. Es waren in Afrika 40 000 Quadratkilometer und in Asien 39 000 Quadratkilometer.
Das heißt, was wir brauchen, wenn wir über den Schutz von Regenwald reden, ist keine bevormundende internationale Politik, in der wir darüber reden, wie sich jemand anders verhalten soll, sondern wir brauchen einen internationalen Ausgleich – und der hat natürlich über die Vereinten Nationen stattzufinden. Aus Sicht der NEOS hat Österreich natürlich die besondere Rolle und auch die besondere Chance, dass es als Vertreter des sogenannten globalen Nordens ohne die historische Belastung einer kolonialen Vergangenheit eine Vermittlerrolle gegenüber den tatsächlich damals kolonialisierenden Staaten und dem globalen Süden einnimmt. Dafür braucht es nicht nur eine Verhandlung, sondern dafür gibt es auch bereits ein Instrument, das Österreich bereits 2016 ratifiziert hat, nämlich den Green Climate Fund.
Wir reden in der Klimapolitik tagein, tagaus über jene Maßnahmen, mit denen wir CO2-Emissionen verhindern können, mit denen wir CO2-Emissionen einsparen können. Wir sprechen viel zu wenig über jene Chancen und Maßnahmen, die eine aktive Politik ermöglicht, mit denen wir CO2 auch wirklich speichern können. Ein Regenwald, ein Urwald speichert aufgrund seines Bodens deutlich mehr CO2 als ein klassischer Nutzwald. Daher wäre aus unserer Sicht eher die Logik, nicht nur darüber zu reden, wie man über einen CO2-Preis lenkende Maßnahmen trifft, um Emissionen zu verhindern, sondern wie man vielleicht auch eine Form von Entlohnung für jene Ökodienstleistungen findet, die heute schon im globalen Süden stattfinden.
Der Green Climate Fund war ein wesentliches Instrument, sodass wir diesen weltweiten Klimavertrag 2015 in Paris verabschieden konnten. Die österreichische Bundesregierung unter Türkis-Blau hat allerdings nie versucht, diesen Teil mit einer großen Ernsthaftigkeit zu lösen.
Das ist von meiner Seite ein wichtiger Punkt zum Abschluss: Wollen wir tatsächlich den Regenwald, den Urwald weltweit erhalten, wollen wir diesen schützen, dann braucht es ernsthafte internationale Verhandlungen, in denen wir einen wirtschaftlichen, einen ökonomischen Ausgleich finden, denn wir können nicht einerseits verlangen, dass man unsere Fehler nicht wiederholt, und andererseits dann verlangen, dass die wirtschaftlichen Vorteile, die unsere Staaten und unsere Gesellschaften aus dieser Rodung damals gezogen haben, anderen verwehrt bleiben. Geben wir daher ein klares Bekenntnis zu einer aktiven Klimapolitik, ein klares Bekenntnis zu einer Zahlung von 100 Millionen Euro an den Green Climate Fund ab. So war das 2015 schon vorgesehen. So war das auch 2016 vorgesehen, als wir in Österreich das Pariser Klimaabkommen ratifiziert haben. Für uns NEOS ist klar, dass wir internationale Vereinbarungen, die wir schließen, auch halten. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
20.49
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Mag. Bruno Rossmann. – Bitte.