9.49

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Präsident Sobot­ka gibt das Glockenzeichen.) Das Thema Mieten und Wohnen taucht immer wieder auf, insbesondere in Wahlkampfzeiten, und eignet sich für den Wahlkampf auch ideal, denn da können alle das Bekenntnis abgeben: Wohnen ist ein Menschenrecht, und da die Mieten exorbitant steigen, müssen und werden wir etwas tun – aber erst nach der Wahl, zuerst müssen wir alle einmal gewählt werden!

Nach der Wahl gibt es in den Regierungsprogrammen dann immer wieder diese Tape­tentexte. Geschehen tut nichts – das wissen wir seit vielen Jahren, es ist immer das gleiche Spiel –, und dann sind entweder die Bundesländer, die EU oder die Europäi­sche Zentralbank schuld, als würde der Bund mit seiner Politik nicht auch Gesetze und Maßnahmen schaffen können, die dieses Preisniveau zumindest einbremsen.

Solange es aber Parteien wie die ÖVP, die NEOS, aber auch die Freiheitliche Partei gibt, die davon ausgehen, dass noch Luft nach oben ist, dass die Preise noch nicht hoch genug sind und im internationalen Vergleich das Wohnen in Österreich ohnehin noch billig sei, wird sich da wahrscheinlich gar nichts ändern. Dass die Österreicherin­nen und Österreicher mittlerweile 40 bis 50 Prozent ihres Haushaltseinkommens fürs Wohnen aufwenden müssen, steht auf einem anderen Blatt. Fast die Hälfte der Ar­beitszeit der Österreicher und Österreicherinnen geht dafür verloren, dass sie wohnen können.

Klubobmann Wöginger – jetzt ist er gerade nicht da – hat ja so schön gesagt: „Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein.“ – Die Menschen, die so viel fürs Wohnen zahlen müssen, sind also entweder dumm, weil sie für die Immobilienbranche arbeiten, damit sich diese eine goldene Nase verdienen kann, oder sie werden von der Politik im Stich gelassen; ich glaube, es ist eher Zweiteres.

Eines steht fest: Die ÖVP will keine Mietzinsobergrenze, weil sie an die Macht, an die angebliche Macht des Marktes und seine Selbstregulierung glaubt und daran festhält. Abgeordnete Steinacker hat ja immer wieder gesagt, es müsse viel mehr gebaut werden, dann würden die Mieten schon sinken. Kollegin Steinacker weiß aber, wiewohl sie jahrelang in der Immobilienbranche bei Raiffeisen und bei Strabag gearbeitet hat, wahrscheinlich nicht, dass insbesondere diese Branche sehr oft und sehr gerne auf Leerstand setzt und damit die meisten Spekulationsgewinne macht.

Dafür wissen aber wir, dass ein Drittel der Spender der ÖVP aus genau dieser Immo­bilienbranche kommt. In Sachen Reduzierung der Wohnkosten können wir uns von der ÖVP also auch in Zukunft nichts erwarten; ich glaube, leider auch nicht von der SPÖ, denn sehr, sehr viele Jahre war die SPÖ mit in der Regierung (Abg. Leichtfried: Wir waren nicht mit in der Regierung! Die waren mit ...!) und hat es nicht geschafft, ihren Koalitionspartner zu überzeugen oder mit ihm gemeinsam Regulierungen zu schaffen, als sie noch das Bundeskanzleramt innehatte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das aus der schwächeren Position – sollte sie in die Regierung kommen – leichter oder besser geht.

Was die FPÖ anbelangt, erinnere ich nur an einen Spruch von Abgeordnetem Her­mann Brückl in einer der letzten Sitzungen: Der Weg zu geringeren Mieten führt über die Reduktion der Qualität des Wohnraums. – Na ja, das ist ein bisschen zynisch, wür­de ich sagen, aber nicht so zynisch wie ein anderer Spruch. Erinnern wir uns an Alt­kanzler Kurz, der gesagt hat, gegen Armut helfe der Kauf von Eigentumswohnungen. – Ein guter Tipp für alle, die sich nicht einmal die Mieten leisten können.

Rechnen wir das kurz durch: Die Hälfte der Österreicher verdient weniger als 1 500 Eu­ro netto; 40 Quadratmeter kosten mindestens 100 000 Euro. Das heißt, wenn die, die 1 500 Euro netto verdienen, jeden Monat 200 Euro weglegen, was einen eisernen Sparwillen voraussetzt – keine Reisen, keine Sonderausgaben –, müssten sie 40 Jahre lang sparen, damit sie sich dann in der Pension eine kleine 40-Quadratmeter-Wohnung leisten können. (Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Schwarz.)

Ah ja, das wollte ich noch sagen: Von der letzten türkisen Regierung – wir haben es vergessen – wurde auch der Wohnraum in den Studentenheimen verteuert. Warum also nicht ÖVP wählen, oder gleich die Immobilienbranche? – Danke. (Beifall bei JETZT.)

9.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Otten­schläger. – Bitte. (Abg. Jarolim: In welcher Funktion jetzt? – Abg. Leichtfried: Ist er jetzt als Verkehrssprecher da?)