11.02

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe BürgerInnen! Irgend­jemand muss aussprechen, was sich hier niemand auszusprechen traut: Es ist ganz klar, dass wir jetzt über Asyl und Außengrenzschutz reden und nicht über Spesen. Ab­lenken, ablenken, ablenken! – Genau das macht die FPÖ jetzt kurz vor der Wahl. (Bei­fall bei NEOS und SPÖ.)

Dieses Thema, der alte Wahlkampfschmäh: Jetzt tut man hier so, als wäre man sich beim Thema Außengrenzschutz nicht einig (Abg. Steger: Das ist natürlich kein Thema, vollkommen uninteressant, die Sicherheit!) – ein Thema! –, aber gerade das: effektiver, funktionierender Schutz der europäischen Außengrenze, eine funktionierende Kontrol­le, ist etwas, wo man sich überraschenderweise einmal von FPÖ bis zu den Grünen, glaube ich, einig ist. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Doch auch dann, wenn man sich da einig ist – wir NEOS fordern das schon seit 2015 –, endet die Einigkeit genau hier. Die Uneinigkeit beginnt dort, wo die Realität ansetzt, wenn es nämlich darum geht, ein funktionierendes Asylsystem in Europa zu etablieren. Was es dafür braucht, ist euro­päische Zusammenarbeit, und genau da hört die Sprache der FPÖ und auch der ÖVP auf. (Beifall bei den NEOS.)

Ein Außengrenzschutz ist kein Zauberstab, er ist ein Instrument von vielen, das wir brauchen, um eine komplexe Herausforderung zu bewältigen. Was leistet er nämlich nicht? – Er ersetzt kein europäisches Asylwesen, er ersetzt kein europäisches Vertei­lungssystem und er ersetzt keine schnellen und transparenten Verfahren. Wer glaubt, man baut einen Zaun und das Thema globale Migration ist damit beendet, der irrt, hat keine Ahnung oder sitzt bei der FPÖ – und darüber müssen wir schon auch einmal reden. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT.)

Wir NEOS haben schon oft Maßnahmen vorgelegt, die sich vollumfänglich mit dem Thema, den Auswirkungen und Lenkungsmaßnahmen im Bereich Migration und Flucht beschäftigen. Willkommen in der Vorlesung Konstruktive Politik! Es wäre super (in Richtung FPÖ), wenn Sie einmal zuhören würden (Abg. Steger: Oberlehrerhaft!), es gibt nämlich einige Punkte, die da dazugehören.

Erster Punkt: Europa muss seine Mittel aufstocken, um die Bekämpfung von Flucht- und Migrationsursachen wirklich anzugehen, und genau da hat die türkis-blaue Regie­rung in den letzten zwei Jahren vollkommen versagt. (Beifall bei den NEOS.) Es hat sich absolut gar nichts getan, die EZA-Mittel sind so niedrig wie seit 2004 nicht mehr.

Zweiter Punkt: Wir müssen Menschen auf den Hauptfluchtrouten Schutz bieten und ihnen auch die Möglichkeit eröffnen, dass sie schon dort die Möglichkeit einer freiwil­ligen Rückkehr haben – es gibt nämlich einige, die ohnehin zurückwollen. Die Interna­tionale Organisation für Migration macht das schon, aber sie braucht dafür mehr Mittel und Unterstützung. Das ist es, von dem immer gesprochen wird – nämlich an den Rou­ten zu arbeiten, dort den Menschen Potenziale zu eröffnen und die Migrationsursachen zu bekämpfen –, aber genau da tut sich absolut gar nichts.

Dritter Punkt: Es braucht eine zivile europäische Seenotrettung, die auch NGOs, die Rettungen vornehmen, miteinbindet, damit das auch so gestaltet werden kann, dass wir das Ziel erreichen, im Mittelmeer Menschenleben zu retten. Das muss in der Politik unser Ziel sein, vor allem in Europa. (Beifall bei den NEOS.)

Vierter Punkt: Für jene, die in Europa ankommen, braucht es ein europäisches Asyl­system. Auch ÖVP und FPÖ reden gerne darüber, was denn eine europäische Kompe­tenz sein soll und was nicht. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Was liegt denn eher auf der Hand, als dieses Thema, das uns alle in Europa betrifft, zur europäischen Sache aller zu machen und das Problem auch europäisch zu lösen, damit es wirklich gelöst wird?

Es braucht an der europäischen Außengrenze Zentren, in denen ein erster Check pas­siert, damit jenen Menschen, die wirklich keine Chance auf Asyl haben, dort schon klargemacht wird, dass sie wahrscheinlich rückgeführt werden müssen. Für jene, die eine Chance auf Asyl haben, startet ein Verfahren, das transparent und schnell abge­wickelt wird, und sie werden auch in der Europäischen Union verteilt, denn wir sind eine Solidargemeinschaft. Wer also möchte, dass mit dem Problem oder der Heraus­forderung umgegangen wird, dass wir uns wirklich mit diesen Menschen beschäftigen, dass wir uns darum kümmern, Lösungen anzugehen, der setzt sich für ein europäi­sches Asylwesen ein. Das alles wären sinnvolle Maßnahmen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Für einen funktionierenden EU-Außengrenzschutz muss man eben auch etwas tun, man könnte sich zum Beispiel für die Erhöhung des EU-Budgets einsetzen, aber auch dazu hört man natürlich von FPÖ und ÖVP absolut gar nichts. Das ist nicht konstruktiv, das ist genau das Gegenteil. – Wer konstruktive Politik will, der sollte kurz nachdenken und dann pink wählen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Deimek: Sie sollten in Brüssel besser aufpassen!)

11.07

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz. – Bitte.