11.13

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Werte EU-Abgeordnete! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuse­her! „Was wir hier erleben, ist die größte Herausforderung für Europa in den nächsten Jahren.“ – Mit diesem Zitat zur Flüchtlingskrise – es stammt vom ehemaligen spani­schen Ministerpräsidenten Rajoy aus dem Jahr 2015 – erinnere ich Sie alle heute, ge­nau vier Jahre später, daran, dass diese Herausforderung weiterhin besteht, das wurde heute bereits eindrucksvoll dargestellt. Wir sind nicht am Ziel angelangt, und wir brau­chen jeden Tag neue Anstrengungen, um die Menschen, die sich auf den Weg ma­chen, zu schützen und um Europa zu schützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich selbst, meine Damen und Herren, war – einige erinnern sich – als Vizepräsident der Wiener Polizei 2015 aktiv daran beteiligt, dafür zu sorgen, dass der Strom von Zehn­tausenden Menschen täglich ordnungspolizeilich bewältigt werden konnte und die Si­cherheit gewährleistet blieb. Trotzdem war für mich damals klar, dass eine derart un­kontrollierte Bewegung an den Grenzen in einem Rechtsstaat nie mehr passieren darf und dass es dafür politische Lösungen in Europa braucht. Deshalb ist es heute umso wichtiger, meine Damen und Herren, nicht dazu beizutragen, dass sich noch mehr Menschen auf den Weg machen, sich kriminellen Schleppern anvertrauen und auf dem Weg ihr Leben riskieren. Die derzeitige Diskussion über eine Umverteilung der aus Seenot Geretteten geht aus meiner Sicht definitiv in die falsche Richtung. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht nicht darum, meine Damen und Herren, über Verteilung zu diskutieren und zu verhandeln, wer wie viele Flüchtlinge aufnimmt oder aufzunehmen hat, denn innerhalb eines offenen Europas ist diese Maßnahme nicht nur ungenügend, sie ist auch unge­eignet. Es geht darum, unsere europäischen Außengrenzen zu schützen, und ebenso darum, die Personenfreizügigkeit innerhalb Europas zu gewährleisten.

Sebastian Kurz hat zwischen 2016 und 2019 – es wurde schon gesagt: gegen den Wi­derstand vieler in Österreich – in Europa einen klaren Meinungsumschwung herbeige­führt. Das betrifft erstens die klare Unterscheidung zwischen Asyl und Zuwanderung, zweitens den Weg weg von der Verteilung hin zu einem funktionierenden Schutz der europäischen Außengrenzen und drittens das Prinzip, Asylverfahren außerhalb Euro­pas durchzuführen. Viertens, Herr Abgeordneter Pilz, braucht es einen langfristig und nachhaltig wirksamen Plan für die Hilfe vor Ort. Da geht es nicht um die Verteilung von Geldmitteln nach dem Gießkannenprinzip, sondern um ein nachhaltig wirkendes Pro­jekt (Ruf bei der SPÖ: Ja, aber wo ist das? Wo ist das?), das auch mit dem Afrikagipfel im Dezember 2018 gestartet worden ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Genau!)

Meine Damen und Herren, diese Forderungen von Sebastian Kurz haben die Europäi­sche Kommission und der Europäische Rat 2018 im Wesentlichen übernommen. Nur ist leider Gottes die operative Umsetzung dieser europäischen Projekte inzwischen ins Stocken geraten; das kann man besonders deutlich an der notwendigen Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex erkennen. Die Aufstockung auf 10 000 Mitarbeiter bis 2027 – und da gehe ich durchaus konform – dauert viel zu lange. Frontex braucht auch auf Basis der Vereinbarungen vom April 2019 ein starkes Mandat für Rückführungen und Verhandlungen mit Drittstaaten. Generell brauchen wir natürlich mehr Mittel für Migration und Grenzmanagement, aber auch für die Intensivierung der politischen Zu­sammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern.

Und jetzt bin ich beim Punkt: Ich bin überzeugt, der größte Nachteil der Abwahl der Bundesregierung durch SPÖ und FPÖ (Ruf bei der SPÖ: Falsch! – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ) und damit der Nachteil für die Sicherheit Österreichs war, dass Sebas­tian Kurz nicht mehr in der Lage war, in der entscheidenden Phase der Neuaufstellung der Europäischen Union als Bundeskanzler die Verhandlungen für Österreich zu füh­ren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Na wer hat denn den Finanzkommissär gekriegt? Und warum ist der aus dem Parlament geflüchtet?)

Das ist dringend notwendig, denn trotz des Rückgangs der Asylzahlen (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger) sehen wir sehr deutlich eine bedenkliche Entwick­lung – sie ist heute bereits angesprochen worden.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend: Wir brauchen aus meiner Sicht ein Eu­ropa, das unkontrollierte Migration und das Sterben der Menschen auf dem Weg durch konsequente europäische Politik verhindert. Wir brauchen ein Europa, das schützt. Dazu brauchen wir aber auch eine starke Stimme aus Österreich in Europa – eine Stimme, die auf Probleme hinweist, ohne Angst zu machen (Zwischenruf der Abg. Yıl­maz – Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Johannes Hahn!), eine Stimme, die für vernünf­tige und sachliche Lösungen - -

Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt den Schlusssatz formulieren, Herr Abge­ordneter.

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (fortsetzend): Der Schlusssatz kommt sofort: Wir brau­chen eine Stimme aus Österreich, auf die Europa erwiesenermaßen hört, meine Da­men und Herren. Wir brauchen diese Stimme, daher brauchen wir wieder unseren Bun­deskanzler Sebastian Kurz. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jarolim: Aber weil wir diese Stimme brauchen, darf es eben nicht Sebastian Kurz sein! Das schließt diese Stimme aus! – Ruf bei JETZT: Ausgezeichnetes Argument! – Zwischenruf der Abg. Duzdar.)

11.18

Präsidentin Doris Bures: Nun ist der Herr Abgeordnete des Europäischen Parla­ments Mag. Andreas Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte.