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Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsi­dent! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Regierungsvertreter! Ja, dieser All­parteienantrag, dieser umfassende Kompromiss, die kleine Ökostromnovelle, ist wirk­lich eine positive Sache, das möchte ich auch festhalten, denn schließlich geht es hier um den Ausbau der erneuerbaren Energie und um Klimaschutz – also super.

Ich möchte gerne nur folgenden Punkt beleuchten: Warum kommt es überhaupt dazu, dass wir jetzt diese Novelle brauchen? – Es geht um eine Warteschlange, die mit die­sem heutigen Beschluss abgebaut wird. Das ist eine Liste aus fertig projektierten und auch projektentwicklungsfinanzierten Ausbauprojekten von Biomasse-, Wind-, Photo­voltaik- und Wasserkraftanlagen.

Es ist sozusagen ein Ökostromwartezimmer, in dem sich diese Projekte seit einiger Zeit befinden. Diese Anlagen sind bis jetzt nicht gebaut worden, obwohl sie fertig ent­wickelt sind, weil sie keine Förderung, keine Oemag-Förderung bekommen, und zwar aufgrund eines Deckels (die Rednerin hält einen weißen Topfdeckel in die Höhe), der 2006 eingeführt worden ist, aufgrund des sogenannten Ökostromdeckels. Er sollte da­mals den Ausbau von Ökostrom eindämmen, und das hat er leider auch erfolgreich ge­tan. Im Jahr 2002 wurde die Ökostromförderung in Österreich eingeführt – das aller­wichtigste Klimaschutzinstrumentarium! –, damals aber noch ohne Deckel.

Von 2002 bis 2006 wuchs der Ökostromausbau in Österreich exponentiell. Dann ka­men die Sozialpartner und wollten einen Deckel (die Rednerin hält den weißen Topf­deckel erneut in die Höhe) beim Ausbau von Ökostrom, mit dem Argument: Wir schüt­zen die Stromendkunden vor hohen Strompreisen. Ja, das war schon vor einigen Jahren, 2006. Heute müssen wir uns fragen: Wer schützt denn die Stromkunden vor den Folgen des Klimawandels und vor dessen Folgekosten? Und wer schützt unsere Volkswirtschaft vor den Folgen? Also dieser Deckel hätte wirklich schon längst abge­schafft gehört, werte Damen und Herren!

Heute würde es nämlich bei der Abschaffung des Deckels nur zu minimalen Preis­steigerungen bei der Energie kommen, weil diese Erneuerbaren-Energieanlagen mitt­lerweile echt profitabel geworden sind. Damals wurde sogar eine von Greenpeace durchgeführte Umfrage ignoriert, dass der Großteil der ÖVP-Wähler gegen den Deckel war. Die ÖVP-Wähler waren damals für einen ungebremsten Ökostromausbau, und ich bin überzeugt davon, das sind sie auch heute noch.

Durch das Warteschlangenproblem sind wir mit dem Ausbau eben nicht vorangekom­men. Diese 70 Prozent Ökostromanteil, auf die wir in Österreich so stolz sind und die auch euer Spitzenkandidat Sebastian Kurz mittlerweile ganz stolz in Fernsehinterviews erwähnt, sind seit 25 Jahren unverändert. Warum? – Weil der zusätzliche Ausbau von Ökostrom einfach durch die Zunahme des Energieverbrauchs aufkonsumiert wird.

Im Schnitt wurden in den letzten Jahren 0,7 Terawattstunden pro Jahr ausgebaut, wir bräuchten aber 4,5 Terawattstunden pro Jahr – das liegt fast eine Zehnerpotenz darun­ter, was beschämend ist.

Wir müssen anziehen, wir müssen beim Ökostromausbau wirklich Gas geben, damit wir die 100 Prozent Ökostromanteil am Stromverbrauch bis 2030 erreichen, wie es in der #mission 2030 ja festgeschrieben ist.

Mein Schlussappell heute – ich höre jetzt nämlich wirklich auf zu reden – an die zu­künftigen Mitglieder des Energieausschusses und an die zukünftige Umwelt- oder Kli­maministerin: Bitte sorgt dafür, dass das zukünftige Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das jetzt schon kräftig im Ministerium vorbereitet wird, ohne Ökostrombremse ausformuliert wird, dass es effizient und effektiv ist, damit wir mit voller Schubkraft für ein nachhal­tiges Energiesystem sorgen. (Abg. Wöginger: Wenn es eh schon so ein tolles Gesetz ist, was denn noch? Das ist ein super Gesetz! Alles auf einmal geht nicht! Rom haben sie auch nicht an einem Tag gebaut! Jetzt haben wir eh schon so ein tolles Gesetz ge­baut!) – Ja, eh. Ich sage ja nur, wie es besser geht (erheitert) – es ist eh super! (Abg. Wöginger: Ja, aber das bringen wir heute nicht mehr alles unter, es ist drei viertel elf!) Es ist ein Schlussappell an zukünftige Energieausschussmitglieder. Seien Sie mir gnä­dig, ich gehe jetzt eh schon! Danke  auf Wiederschauen! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

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