Sehr geehrte Frau Bundesministerin,

sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der zur Begutachtung vorliegende Entwurf des Bundesverfassungsgesetzes über Staatsziele wird von uns grünen Umweltlandesräten überaus kritisch gesehen.

Bereits die Umbenennung des Titels von „Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung“ in „Bundesverfassungsgesetz über Staatsziele“ manifestiert eine Systemänderung. Seinerzeit war es dem Gesetzgeber ein Anliegen, dass der Schutz natürlicher Ressourcen und der Erhalt unserer Lebensgrundlagen eine verfassungsrechtliche Grundlage bekommt, um in den behördlichen Genehmigungsverfahren Berücksichtigung zu finden. Gerade unsere Umwelt und Natur haben im Gegensatz zu den Wirtschaftstreibenden keine starke Lobby und keine gesetzliche Interessensvertretung, um Ihre Interessen im Verfahren einzubringen. Aus diesem Grund ist es wichtig und notwendig die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen unter verfassungsrechtlichen Schutz zu stellen, um sicherzustellen, dass der Schutz unserer Umwelt gewahrt wird.

Auch wenn durch die geplante Novelle keine gänzliche Aufhebung dieses Schutzregimes festgeschrieben wird, so wird der umfassende Umweltschutz doch maßgeblich durch das unmittelbar darauf folgende Bekenntnis zu einem wettbewerbsfähigem Wirtschaftsstandort, Wachstum und Beschäftigung relativiert. Durch die Erläuterungen wird zudem eine Verpflichtung der Vollzugsorgane statuiert, „in jedem Einzelfall das Interesse (…) an einer wettbewerbsfähigen Standortpolitik mit anderen öffentlichen Interessen zu vereinbaren“. In Einzelfällen jedoch wird der Umwelt- und Naturschutz nicht mit einem geplanten Projekt zu vereinbaren sein und es deshalb eine Versagung geben müssen. Die Erläuterungen legen durch die gewählte Formulierung der verpflichtenden Interessensvereinbarung den Eindruck nahe, alle Bewilligungsansuchen seien zu genehmigen. Dies würde ganz klar eine einseitige Bevorzugung der wirtschaftlichen Interessen und eine Aushöhlung des Umweltschutzes bedeuten.

Die Umweltpolitik dieser Regierung hebt in der Vergangenheit erkämpfte Errungenschaften auf und betreibt eine Standortpolitik deren Zielsetzung alleine auf Wirtschaftswachstum gerichtet ist. Doch der Erhalt und die Sicherstellung unserer Umwelt und der Lebensgrundlagen aller darf nicht den Einzelinteressen von Wirtschaftstreibenden untergeordnet werden. Darum richten wir den Appell an Sie von dieser Verfassungsänderung Abstand zu nehmen.

 

Landeshauptmann-Stellvertreterin Dr. Astrid Rössler                 Landesrat Rudi Anschober

Landeshauptmann-Stellvertreterin Mag. Ingrid Felipe                               Landesrat Johannes Rauch