Behindertenberatungszentrum
Zentrum für Selbstbestimmtes Leben
Schönngasse 15-17/4, 1020 Wien
Bundesministerium für
Verfassung, Reformen,
Deregulierung und Justiz
Museumstraße 7
1070 Wien
Stellungnahme
Entwurf eines
Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2018 - UrhG-Nov 2018);
Per e-Mail an team.z@bmj.gv.at sowie an
begutachtungsverfahren@parlament.gv.at
Wien, 30. Mai 2018
Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir danken für die Möglichkeit der Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes[1], mit dem das Urheberrechtsgesetz (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2018 - UrhG-Nov 2018) geändert werden soll:
Die Umsetzung des Vertrags von Marrakesch stellt einen wichtigen Schritt hin zur Nicht-Diskriminierung dar. Aus diesem Grund begrüßen wir die Intention dieser Novelle.
Zwei Aspekte verdienen unserer Einschätzung nach besondere Beachtung: die vorgesehenen Regelungen bezüglich Vergütung bzw. Ausgleichsanspruch sowie Zielgruppendefinition. Was die Regelung der Vergütung bzw. des Ausgleichsanspruchs betrifft, sehen wir die gewählte Umsetzung skeptisch. Diese führt zu unnötigen Belastungen der „befugten Stellen“ und könnte im Ergebnis dem Ziel der Novelle zuwiderlaufen. Unserer Einschätzung nach ist das mit den Grundsätzen des umzusetzenden Vertrages von Marrakesch sowie der Richtlinie 2001/29/EG[2] unvereinbar.
Wir schlagen daher vor, davon Abstand zu nehmen.
Die nun gewählte Form der Zielgruppendefinition unterscheidet sich von der derzeit im § 42d Urheberrechtsgesetz[3] normierten: „... Zurverfügungstellung an Menschen mit Behinderungen in einer für sie geeigneten Form, soweit ihnen wegen ihrer Behinderung der Zugang zum Werk nicht möglich oder erheblich erschwert ist ...“
Wie schon in der Stellungnahme des Blinden- und Sehbehindertenverbands Österreich erwähnt, sehen auch wir bei der Zielgruppendefinition Probleme. Wenn der Entwurf der Novelle von „Menschen mit Seh- und Lesebehinderungen“ spricht, ist damit nicht sichergestellt, dass damit keine Diskriminierung innerhalb der Gruppe von Menschen mit Behinderungen ausgelöst wird. Insbesondere, weil dies eine deutliche Einschränkung im Vergleich zum derzeit geltenden § 42d darstellen würde. Eine Verletzung des Grundsatzes der Nicht-Diskriminierung gemäß Artikel 7 B-VG ist unserer Einschätzung nach damit gegeben.
Wir schlagen daher vor, die bisher verwendete Bezeichnung zu verwenden.
Die Umsetzung in der gewählten Form entspricht unserer Einschätzung in diesen zwei Punkten auch nicht dem Ziel des Artikel 30 Abs. 3 der UN-Behindertenrechtskonvention (CRPD)[4] BGBl. III Nr. 105/2016 wo es heißt:
„(3) Die Vertragsstaaten unternehmen alle geeigneten Schritte im Einklang mit dem Völkerrecht, um sicherzustellen, dass Gesetze zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums keine ungerechtfertigte oder diskriminierende Barriere für den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu kulturellem Material darstellen.“
Wir danken abschließend nochmals für die Möglichkeit der Stellungnahme und hoffen auf Überarbeitung der angesprochenen Punkte.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Ladstätter, Magdalena Scharl
[1] Begutachtungsexemplar https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Begut&Dokumentnummer=BEGUT_COO_2026_100_2_1519762
[2] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2001:167:0010:0019:DE:PDF
[3] § 42d Urheberrechtsgesetz https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001848&Artikel=&Paragraf=42d&Anlage=&Uebergangsrecht=
[4] CRPD https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=BgblAuth&Dokumentnummer=BGBLA_2016_III_105