ÖSTERREICHISCHES   WIRTSCHAFTSFORUM

Parteienverzeichnis  Nr. 764  beim Bundesministerium für Inneres  - 1010 Wien Herrengasse 7

 

 

 

 

Per E-Mail an: begutachtung@parlament.gv.at.

 

 

 

 

 

Betreff: Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird (WGG Novelle 2019); Begutachtung -Stellungnahme

 

 

 

Einbringendes Ressort: BMDW (Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort)

 

 

 

TEXT

 

 

 

Mit der beabsichtigten Novellierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) soll ein leistbares Wohnen für breite Bevölkerungsschichten auch in Zukunft sichergestellt werden. Neben der Sicherung der gemeinnützigen Mietwohnungsbestände und dem Schutz der gemeinnützigen Vermögenswidmung stehen die Modernisierung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft und die Erleichterung der Eigentumsbildung im Fokus.

Die Stärkung der Eigentumsbildung in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft soll mehr Bürgerinnen/Bürgern den Weg in Richtung Wohneigentum erleichtern, während eine Absicherung des sozial gebundenen Mietwohnungsbestandes bestehenden und zukünftigen Mieterinnen/Mietern zugutekommen soll. Modernisierungen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz sollen gemeinnützige Unternehmen fit für die zukünftigen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Entwicklungen machen, während eine Stärkung der Aufsicht die Vermögenswidmung im wohnwirtschaftlichen Kreislauf verstärkt absichern soll.

 

 

 

 

 

 

Wir geben im Rahmen des Begutachtungsverfahren fristgerecht folgende Stellungnahme ab: 

 

Durch die vorliegende Stellungnahme wird der Weg in Richtung Wohneigentum nicht erleichtert. Mit der beabsichtigten Novellierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) wird ein leistbares Wohnen für breite Bevölkerungsschichten auch in Zukunft weiterhin nicht sichergestellt werden.

 

Begründung:

 

Nach dem vorliegenden Entwurf kann der kaufinteressierte Nutzungsberechtigte weiterhin im außerstreitigen Verfahren (§ 22 Abs. 1 Z 6a WGG) nur „die offenbare Unangemessenheit“ eines zwischen ihm und gemeinnütziger Bauvereinigung (GBV) vereinbarten Fixpreises geltend machen. Dafür fehlt jegliche Sachgerechtigkeit. Es widerspricht der Zielsetzung des Gesetzes „ein leistbares Wohnen für breite Bevölkerungsschichten auch in Zukunft weiterhin sicherzustellen“, wenn der Bürger nach dem WGG um einen überhöhten Kaufpreis Wohnungseigentum erwirbt.

 

Der Oberste Gerichthof sieht im „Wesen einer Fixpreisvereinbarung“, welche keiner gerichtlichen Nachprüfung und Korrektur unterliegt. „Nicht jeder, sondern nur ein eklatanter und in seinen Auswirkungen grober Verstoß gegen die einer gemeinnützigen Bauvereinigung auferlegten Preisbildungsvorschriften soll gerichtlich aufgegriffen werden“ (so in RIS RS0110802). Dies ist aus der Sicht des Zivilrechts durchaus zutreffend, jedoch soll nach dem WGG auch eine „Fixpreisvereinbarung“ der zwingenden Preisregelung nach dem WGG unterliegen, zählt diese doch zum Kern des WGG.  Die Gesetzgebung müsste mit der vorliegenden Novelle darauf berichtigend reagieren. Mit dem vorliegenden Entwurf wird jedoch die Barriere für ein leistbares Wohnen für breite Bevölkerungsschichten auch in Zukunft weiterhin versteinert. 

 

Mit dem Entwurf soll dem Bestreben ergänzend entgegengetreten werden, dass GBV diese zwingende Kaufpreisregelung durch die Gestaltung des Anbots in Form von Fixpreisen unzulässig umgehen. Eine Preisregelung ist eben ein zwingender staatlicher Eingriff in die Preisbildung durch die Überwachung der Preisgestaltung und die Festlegung von Preisen, besonders in Form von Höchst-, Mindest- und Richtpreisen. 

 

 

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden auch nach dem vorliegenden Begutachtungsentwurf zum WGG zahnlos sein: Denn eine GBV wird auch weiteinen einen gesetzwidrig ermittelten Preis vorschreiben dürfen, ohne sich dagegen wehren zu können. Solange nicht auch der ortsübliche Preis für vergleichbare freifinanzierte Objekte überschritten wird, ist dem Bürger jeglicher Rechtsbehelf versagt. Dies ist nicht nur einzigartig, sondern auch unsachlich und daher verfassungswidrig. Der Gesetzgeber toleriert Rechtswidrigkeiten zu Lasten des nutzungsberechtigten Kaufinteressenten, obwohl das WGG gerade das Ziel verfolgt.

 

 

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür sind auch nach der beabsichtigten Novelle des WGG zahnlos: Eine GBV kann auch einen gesetzwidrig ermittelten Preis vorschreiben. Solange nicht auch der ortsübliche Preis für vergleichbare freifinanzierte Objekte überschritten wird, kann sich ein Käufer nicht wehren. Beim nachträglichen Verkauf kann zwischen erzwingbarem und freiwilligem Verkauf unterscheiden werden. Es gibt zwei Arten der Preisermittlung: Die Preisermittlung ausgehend von den Herstellkosten oder ausgehend vom Substanzwert, wobei speziell die zweite Version mit vielen offenen Fragen und unklaren gesetzlichen Bestimmungen behaftet ist.

 

 

 

Es sollte ausdrücklich klargestellt werde, dass der wichtige Hinweis auf § 23 WGG nicht bloß „zum öffentlich-rechtlichen Teil“ des WGG gehört, sondern zur Preisbildung zählt. „Wesen“ eines Preises ist es doch, dass ein Preis naturgemäß zu einem Verkaufsanbot im Sinne des Zivilrechts gehört und nicht nur verwaltungsinterne Bedeutung hat. Das Preisanbot an Kaufinteressierte richtet sich naturgemäß nach außen, zumal dieser nach dem WGG, unter den dort festgelegten Voraussetzungen, einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf den Erwerb hat.   Die Gesetzgebung müsste mit der vorliegenden Novelle auf dieses Missverständnis berichtigend reagieren.

 

Nach § 15 lit. a, b und d WGG „kann“ der Fixpreis weiterhin unter Bedachtnahme auf § 23 WGG gebildet werden: Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bei der Geschäftsführung und Verwaltung einer GBV. Eine Preisregelung macht jedoch nur Sinn, wenn sie  zwingend  eingehalten werden „muss“. Was auch zum Kern des WGG gehört. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass das Recht der Preisregelung das allgemeine Preisniveau unter Kontrolle halten will und nicht die Preisgestaltung eines einzelnen Wirtschaftssubjektes (so Mayer-Maly in Klang, Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch IV/2, Wien 1978, S 238).

 

Die Preisregelung des WGG hat ihre Rechtfertigung einerseits mit der Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts der GBV andererseits mit dem Interesse des kaufinteressierten Nutzungsberechtigten, Eigentum zu angemessenen und nicht bloß zu nicht „offensichtlich unangemessenen“ Kaufpreisen zu erwerben. Diese Interessen liegen nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern auch im Interesse der Vertragspartner.

 

Es wird weiterhin zwischen sofortigem Erwerb ohne vorherige Miete (Nutzung) und nachträglichem Erwerb zu unterscheiden sein. Der sofortige Verkauf erfolgt durch die GBV freiwillig, hierbei gibt es zwei Arten der Preisbildung, die sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden: Sowohl der Fixpreis als auch der variable Preis mit Endabrechnung orientieren sich an den Herstellkosten.

 

Beim nachträglichen Verkauf kann zwischen erzwingbarem und freiwilligem Verkauf unterscheiden werden. Es gibt zwei Arten der Preisermittlung: Die Preisermittlung ausgehend von den Herstellkosten oder ausgehend vom Substanzwert, wobei speziell die zweite Version mit vielen offenen Fragen und unklaren gesetzlichen Bestimmungen behaftet ist.

 

Es bleibt weiterhin unsachlich, dass der kaufinteressierte Nutzungsberechtigte selbst keine Möglichkeit hat, weder die Einhaltung der Preisbildungsrichtlinien noch die Wahl der Preisbestimmungsmethode durch die GBV mangels gesetzlicher Möglichkeiten zu überprüfen. Wie die gerichtliche Preisfestsetzung tatsächlich funktioniert, bleibt weiterhin in hohem Maße unklar.

 

§ 23 Abs. 4c WGG sollte weiterhin lautet: „Der nach § 15d zu ermittelnde Fixpreis hat ausgehend vom Substanzwert, unter Bedachtnahme auf den Verkehrswert im Zeitpunkt der Fixpreisvereinbarung, oder ausgehend von § 15a (§ 23 Abs. 4b), unter Bedachtnahme auf eine jeweils sachgerechte und angemessene Absetzung für Abschreibung und eine Wertsicherung, insbesondere zu berücksichtigen“. Es bleibt weiterhin unbestimmt, was unter „Substanzwert unter Bedachtnahme des Verkehrswertes“ zu verstehen ist. Die Gesetzgebung müsste mit der vorliegenden Novelle auf dieses Missverständnis berichtigend reagieren.

 

 

 

Es stellen sich weiterhin die Fragen, ob der Substanzwertermittlung die Sachwertermittlung gleichzusetzten ist und ob die Bedachtnahme auf den Verkehrswert durch eine Gewichtung von Substanzwert/Verkehrswert in einem bestimmten Verhältnis erreicht werden soll (vgl. Pranckl 2009, Bewertung von Wohnungsgemeinnützigkeitsobjekten. Mietwohnungen mit Kaufoption unter Berücksichtigung der förderungsrechtlichen Bestimmungen des Bundeslandes Wien. Masterthese, Technische Universität Wien. S. 56).

 

Würde jedoch das Gericht in einem Verfahren gemäß § 22 Abs. 1 Z 6a WGG feststellen, dass der Preis jenen für vergleichbare freifinanzierte Objekte übersteigt, so müsste es den Preis ausgehend vom Verkehrswert unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 23 WGG und unter Berücksichtigung aller wertbildenden Umstände festsetzen.

 

Hier muss zwischen sofortigem Erwerb ohne vorherige Miete (Nutzung) und nachträglichem Erwerb unterschieden werden. Der sofortige Verkauf erfolgt durch die GBV freiwillig, hierbei gibt es zwei Arten der Preisbildung, die sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden: Sowohl der Fixpreis als auch der variable Preis mit Endabrechnung orientieren sich an den Herstellkosten.

 

Jeglicher Rechtssystematik zuwider bildet bereits derzeit eine im Mietkauf erworbene Wohnung bei Rückzahlung der Förderung eine Ausnahme vom Grundsatz „einmal WGG, immer WGG“, denn vermietet der Käufer die mit öffentlichen Wohnbaufördermitteln errichtete Wohnung weiter, gelten nicht mehr die zivilrechtlichen Bestimmungen des WGG, sondern das MRG nach Maßgabe des § 1 Abs. 1, 2 und 4 MRG.

 

Die nun angestrebte Regelung einer fünfzehnjährigen Entgeltbegrenzung zur Förderung des selbstnutzenden Eigentümers erschwert jedoch einen zwingende Wohnortwechsel, welcher berufsbedingt aber auch im rein Persönlichen, etwa der Aufgabe des gemeinsamen Familienwohnsitzes veranlasst sein kann. Um möglichst dem Grundsatz „einmal WGG, immer WGG“ zu entsprechen, sollte hier eine verwaltungsbehördliche Kontrolle unter Anlehnung der Kontrollmechanismen des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes geschaffen werden. Dort wird in der Vollziehung die Genehmigung im sozialen Interesse an einem Wohnbedürfnis an die Aufgabe und den Verkauf der bisherigen Wohnung geknüpft.

 

Der „selbstnutzende Eigentümer“ muss die Eigentumswohnung benötigen, um seinen Wohnbedarf im Sinne eines Angewiesenseins zu decken. Die Weiterveräußerung der Eigentumswohnung soll verwaltungsbehördlich genehmigungspflichtig werden und so einer staatlichen Kontrolle unterliegen.

 

Für die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts des Weiterverkaufes soll primär nur an Personen veräußert werden dürfen, die ebenfalls einen Wohnbedarf im Sinne eines Angewiesenseins haben. Der Kaufpreis dafür hat dem „Substanzwert unter Bedachtnahme des Verkehrswertes“ zu entsprechen.

 

Dem Käufer sollte es jedoch nach 15 Jahren Selbstnutzung offengelassen werden, die Eigentumswohnung frei zu verkaufen. Wenn der Weiterverkauf der Eigentumswohnung nicht unmittelbar mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung bzw. Wohnhaus in einem solchen Zusammenhang steht, die sein dringendes Wohnbedürfnis deckt, bzw. sogar seinen Grund in einer Spekulation hat, soll er nachträglich eine angemessene Ablöse aus dem am vom frei Markt erzielten Kaufpreis an die GBV abführen, um sich aus der Bindung „einmal WGG, immer WGG“ zu lösen. Juristische Personen können naturgemäß nicht „selbstnutzende Eigentümer“ sein und müssen von der Begünstigung ausgeschlossen werden.

 

Wir sind mit der Veröffentlichung unserer Stellungnahme einverstanden und stimmen der Verwendung unserer personenbezogenen Daten zu.

 

 

 

 

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