Österreichischer Gehörlosenbund

Waldgasse 13/2

1100 Wien

E-Mail: info@oeglb.at

Web: www.oeglb.at

Mitgliedschaft beim World Federation of the Deaf

European Union of the Deaf

Österreichischer Behindertenrat

Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern

 

 

 

An

Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

per e-mail: POST.VZ_19@bmdw.gv.at

und

Präsidium des Nationalrates

per e-mail: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

                                                                                                                      Wien, 8. Mai 2019

 

 

Betrifft: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen geändert wird (WGG-Novelle 2019)

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der Österreichische Gehörlosenbund (ÖGLB) möchte die Möglichkeit wahrnehmen, eine Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf abzugeben.

 

STELLUNGNAHME:

 

Gleichberechtigtes Leben setzt eine für alle Menschen gleichermaßen zugängliche Umwelt voraus. Dennoch ist Barrierefreiheit für gehörlose, schwerhörige und taubblinde Menschen ein politisch bisher wenig beachtetes Thema. Wenn es um Barrierefreiheit geht, wird gemeinhin an Rampen oder Aufzüge für RollstuhlfahrerInnen gedacht. Zu einer zugänglichen, barrierefreien Umwelt gehören jedoch nicht nur bauliche Maßnahmen. Auch die Verfügbarkeit von Texten in leichter Sprache oder Braille-Schrift und Gebärdensprachdolmetschung oder visuelle und taktile Kommunikationssysteme sind wichtige Voraussetzungen für Teilhabe und Inklusion.

 

 

Im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz ist im § 6 (5) Barrierefreiheit folgendermaßen definiert:

„Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, System der Informationsverarbeitung sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind (…)“

 

Die UN-Behindertenrechtskonvention regelt Barrierefreiheit in Artikel 9:

„(1) Um Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Zugang zu physischen Umwelt, (…) zu gewährleisten. Diese Maßnahmen, welche die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und –barrieren einschließen, gelten unter anderem für

a)      Gebäude, Straßen, Transportmittel sowie andere Einrichtungen in Gebäuden und im Freien, einschließlich Schulen, Wohnhäusern, medizinischen Einrichtungen und Arbeitsstätten;

 

Die Wohnversorgung durch gemeinnützige Bauvereinigungen muss daher eine umfassende Barrierefreiheit sicherstellen. 

 

Ein Beispiel für umfassende Barrierefreiheit:

Seit 1. Juli 2013 die gesetzliche Verpflichtung zur Installierung von Rauchmeldern in Wohnräumen. Gehörlose Menschen sowie Menschen mit schweren Hörbehinderungen benötigen einen Rauchmelder nach dem „2-Sinne-Pinzip“ (akustisch und visuell). Die Anschaffung derartiger Rauchmelder ist jedoch mit wesentlich höheren Kosten verbunden.

Es besteht in mittlerweile allen Bundesländern die Verpflichtung, neu errichtete private Wohnungen und Häuser mit Heimrauchmeldern auszustatten. Eine Nachrüstpflicht für Altwohnungen besteht nur in Kärnten. Rauchmelder nach dem „2-Sinne-Prinzip“  sind im  Kärntner Chancengleichheitsgesetz  verankert. Deshalb gibt es auch eine Kostenbeteiligung vom Land Kärnten, wenn diese nicht von einer Wohnbaugenossenschaft übernommen werden. In den anderen Bundesländern ist die Übernahme dieser behinderungsbedingten Mehrkosten nicht ausreichend geregelt. Der Bund muss in Zusammenarbeit mit den Ländern sicherstellen, dass es zu keinen sicherheitstechnischen Einschränkungen aufgrund einer Hörbehinderung kommt.

 

Der Österreichische Gehörlosenbund ersucht im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention und des Bundesbehindertengleichstellungsgesetzen die umfassende Barrierefreiheit als Voraussetzung für die Gewährung von Fördermitteln festzuschreiben.

 

Wir sind mit der Veröffentlichung unserer Stellungnahme einverstanden.

 

Mag.a Helene Jarmer e.h.

Präsidentin

 

Ing. Lukas Huber

Generalsekretär