Stellungnahme Petition (8/PET)

 

Zum Umgang der aktuellen repräsentativen Politik mit der Freiheit der Kunst

Wir schlagen die Einberufung einer parlamentarischen Enquete zur Kunst-, Meinungs- und Medienfreiheit vor

 

Das Grundrecht auf Freiheit der Kunst ist ein relativ junges Grund- und Freiheitsrecht, es wurde erst 1982, mit 100 Jahren Verspätung gegenüber den anderen Grund- und Freiheitsrechten und den Stimmen aller Parlamentsparteien, in den österreichischen Grund- und Freiheitsrechtekatalog aufgenommen und vermutlich in seiner Bedeutung und Reichweite von den am Beschluss Beteiligten stark unterschätzt bzw. falsch eingeschätzt. Zahlreiche Konflikte in den 1980er und 1990er Jahren zum Austarieren des neuen Verfassungsrechts sind ein deutlicher Beleg dafür. Ausgeschlossen werden sollte vor allem jeder politische Einschränkungsversuch der Freiheit der Kunst, was in der ersten Hälfte der 1990er Jahre und nach den zahlreichen Attacken der FPÖ in den späten 1990er Jahren auf Kunst und Kunstschaffende in den Folgejahren der beiden schwarz-blauen Regierungen allgemeiner Konsens zu werden schien. Nun scheint dieser Konsens wieder in Frage zu stehen.

 

Sobald sich Kunst- und Kulturschaffende in ihrer in der Gesellschaft autonomen Stellung gegen vorherrschende Meinungen aussprechen, sich für andere als vorgegebene Zielsetzungen einsetzen oder kontroversielle Standpunkte vertreten, werden sie zurechtgewiesen oder diskreditiert. Es finden keine Auseinandersetzungen mit ihren Einwänden, Einwürfen oder anderen Sichtweisen statt, es wird versucht, ihren Äußerungen, Absichten oder ihrer Person als Künstler oder Künstlerin die Glaubwürdigkeit zu nehmen und ihnen ihre künstlerischen Fähigkeiten abzusprechen.

 

Die in der Petition zur „Freiheit der Kunst“ auswahlweise angeführten Beispiele dafür sind im Verhältnis zur Verfolgung von Kunst- und Kulturschaffenden in autoritär und diktatorisch regierten Ländern keine drastischen Beispiele, aber typisch für den alten, neu zurückgekehrten Ton im Umgang von repräsentativer Politik mit der Freiheit der Kunst, wobei es längst nicht allein um den Umgang mit derselben, sondern auch um den mit der Freiheit der Meinung und der Medien geht.

 

Wie die nächsten Eskalationsstufen einer autoritären Politik aussehen, mit welchen Folgen für Kunst-, Kultur- und Medienschaffende, lässt sich anhand der Entwicklungen in Ungarn oder der Türkei hautnah mitverfolgen. Solchen Entwicklungen hin zu gelenkten Diskussions- und Informationsprozessen kann man demnach gar nicht früh genug begegnen.

 

Aus diesem Grund schlägt die IG Autorinnen Autoren die Einberufung einer parlamentarischen Enquete vor, bei der Fragen der Kunst-, der Meinungs- und Medienfreiheit grundlegend untersucht und diskutiert werden sollen.

 

Es gibt keinen geeigneteren Ort der Begegnung der repräsentativen Politik mit den Vertreter/inne/n aus dem Kunst-, Kultur und Medienbereich für eine solche, dringend notwendig gewordene, allgemeine, öffentliche Diskussion.

 

Gerhard Ruiss

IG Autorinnen Autoren

Wien, 21.12.2018