Parlament Österreich

 

 

 

V-3 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 22. Mai 2018

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXVI. Gesetzgebungsperiode     Dienstag, 22. Mai 2018

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

1.    COM(2018) 171 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit

(16791/EU XXVI.GP)

 

2.    COM(2018) 131 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde (Text von Bedeutung für den EWR und die Schweiz)

(16197/EU XXVI.GP)

 

3.    COM(2017) 753 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Neufassung) (Text von Bedeutung für den EWR)

(9904/EU XXVI.GP)

 

4.    COM(2016) 815 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (Text von Bedeutung für den EWR und die Schweiz)

(126982/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Karzinogene am Arbeitsplatz

 

 

Einen Mosaikstein zur Stärkung der sozialen Säule der EU bildet die Karzinogene-Richtlinie. In der sozialen Säule wird unter anderem auch das Recht der ArbeitnehmerInnen auf ein gesundes, sicheres und geeignetes Arbeitsumfeld als einer der wichtigsten Grundsätze genannt. Das schließt auch den Schutz vor Karzinogenen ein. Gerade Krebs schädigt als eines der häufigsten arbeitsbedingten Gesundheitsprobleme in der EU Leben und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen – beinahe so stark wie Muskel-Skelett-Erkrankungen und Kreislauferkrankungen, hebt die Kommission hervor. Deshalb würden die Vorschriften ständig an die neuesten Erkenntnisse angepasst.

 

Das Vorhaben wurde von allen Seiten begrüßt. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein unterstrich grundsätzlich die Bedeutung des ArbeitnehmerInnen-Schutzes und versicherte, dass Österreich während seiner Ratspräsidentschaft auch diesem Bereich großes Engagement widmen werde. So ist beispielsweise im September eine internationale Konferenz mit wissenschaftlichem Schwerpunkt geplant, im Oktober sollen die GeneraldirektorInnen der europäischen Arbeitsinspektionen zusammenkommen. Zudem liege eine Roadmap vor.

 

Ein besonderes Anliegen sei es ihr, für an Krebs Erkrankten die bestmögliche Behandlung zu gewährleisten und die Belastung mit Karzinogenen am Arbeitsplatz weiter zu verringern, sagte Hartinger-Klein. Unerlässlich in diesem Zusammenhang sei die Bewusstseinsbildung sowohl bei den ArbeitnehmerInnen als auch bei den ArbeitgeberInnen. Ihr Ressort unterstütze daher die Betriebe im Hinblick auf Schutzmaßnahmen, denn manchmal würden auch kleinere Änderungen genügen, wie etwa Hygienemaßnahmen oder Zugangsbeschränkungen. Überdies helfe die AUVA bei der Implementierung von Präventionsmaßnahmen, informierte die Ministerin. Hartinger-Klein ersuchte auch die Abgeordneten, die Unternehmen auf einen diesbezüglichen europäischen Wettbewerb aufmerksam zu machen.

 

Die aus dem Jahr 2004 stammende Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit wurde 2016 aktualisiert. Derzeit fallen insgesamt 20 Karzinogene darunter. Ein weiterer Vorschlag wird derzeit im Europäischen Parlament verhandelt, nun liegt bereits ein dritter Vorschlag vor, der im EU-Unterausschuss beraten wurde. Dieser dient ebenfalls der Anpassung der Richtlinie an den Stand der Technik. Dazu werden in mehreren Schritten Grenzwerte für neue Stoffe und Gemische festgesetzt sowie Verfahren definiert, bei denen krebserzeugende Arbeitsstoffe freigesetzt werden.

 

So werden Grenzwerte für fünf neue Substanzen festgelegt: Arsensäure, Cadmium, Beryllium und deren Verbindungen sowie 4,4‘-Methylen-bis(2-chloranilin) (MOCA) und Formaldehyd. Bei drei dieser fünf Stoffe werden zusätzliche Hinweise wie Sensibilisierung der Haut und der Atemwege oder Hautdurchgängigkeit gegeben. Die Kommission schlägt von sich aus bei drei Stoffen eine zweistufige Grenzwertabsenkung mit Übergangsfristen bis zu 7 Jahren vor. In Österreich werden die Grenzwerte in der Grenzwerteverordnung (GKV) umgesetzt.

 

Die Abgeordneten aller Fraktionen äußerten ihre Unterstützung für den neuerlichen Richtlinienvorschlag. So bezeichnete Gudrun Kugler (ÖVP) die Gesundheit als eine wesentliche Schlüsselkomponente für Zufriedenheit am Arbeitsplatz. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch zeigte sich zuversichtlich, dass der Vorschlag bis zu einer Million Menschen mehr Schutz bringen werde.

 

Nachdem Gerald Loacker von den NEOS in diesem Zusammenhang einmal mehr den Schutz vor Rauchen am Arbeitsplatz thematisierte, meinte die Ministerin, sie setze alle Maßnahmen, um besonders Jugendliche vor aktivem und passivem Tabakkonsum zu bewahren. Der Schutz vor Emissionen durch Dieselmotoren am Arbeitsplatz stehe derzeit in Diskussion, bemerkte sie gegenüber Muchitsch und äußerte die Hoffnung, dass während der österreichischen Ratspräsidentschaft in dieser Frage etwas gelingen werde. Auf die kritische Anmerkung von Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ), auch die Ausdehnung der Arbeitszeit sei für die Gesundheit nicht förderlich, reagierte die Sozialministerin mit dem Hinweis, dass im Rahmen der Möglichkeit, 12 Stunden am Tag zu arbeiten, das Kontingent der Arbeitszeit gleich bleiben werde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Arbeitsbehörde

 

 

Eine eigene Europäische Arbeitsbehörde (ELA) soll dazu beitragen, bestehende arbeitsrechtliche Gesetze durchzusetzen, vor allem soll damit Lohn- und Sozialdumping effizienter bekämpft werden. Mit diesem Verordnungsvorschlag will die EU-Kommission die im November 2017 beim Sozialgipfel in Göteborg proklamierte europäische Säule sozialer Rechte und damit die Fairness im Binnenmarkt weiter stärken. Im heutigen EU-Unterausschuss gab es dazu unterschiedlich Auffassungen.

 

Während Sozialministerin Beate Hartinger-Klein sowie ÖVP und FPÖ im Kommissionsvorschlag für die neue Behörde noch keinen Mehrwert erkennen konnten, weil vieles noch zu unklar formuliert sei und sich Doppelgleisigkeiten ergeben könnten, drängten SPÖ und Liste Pilz auf eine baldige Realisierung dieses Vorhabens und eine tatkräftige Unterstützung durch Österreich. Die SPÖ brachte dazu auch einen Antrag auf Stellungnahme ein, der jedoch mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien ÖVP und FPÖ vertagt wurde. Die NEOS zeigten zwar Verständnis für die Bedenken der Regierung, meinten aber, dass diese offenen Fragen zu klären seien, weshalb sie auch gegen die Vertagung waren. 

 

Sowohl auf EU-Ebene als auch im nationalen Bereich gibt es zwar gesetzliche Bestimmungen, um für grenzüberschreitend tätige ArbeitnehmerInnen faire Bedingungen sicherzustellen, die Realität zeigt jedoch, dass das häufig nicht der Fall ist und mobile ArbeitnehmerInnen oftmals Ausbeutung zum Opfer fallen bzw. ihnen Rechte verweigert werden. Unternehmen wiederum sehen sich oft mit einem ungewissen oder unklaren Umfeld konfrontiert, sie müssen unter ungleichen Ausgangsbedingungen operieren. Das Problem der unzureichenden Durchsetzung sozialer Rechte wird durch die steigende Mobilität am Arbeitsmarkt verstärkt. So lebten und arbeiteten 2017 17 Millionen Europäerinnen und Europäer in einem anderen Mitgliedstaat. Diese Zahl hat sich innerhalb von 10 Jahren nahezu verdoppelt. Die Zahl der Entsendungen ist im Zeitraum 2010 bis 2016 um 68% auf 2,3 Millionen angewachsen, 1,4 Millionen EU-Bürger pendeln zu einem Arbeitsplatz in einem anderen EU-Land. Der Bekämpfung von Betrug im Zusammenhang mit der Arbeitskräftemobilität sowie der Bedeutung präziser und transparenter Informationen gegenüber Dienstanbietern und ArbeitnehmerInnen werden daher auf EU-Ebene im Interesse eines funktionierenden Europäischen Arbeitsmarkts besondere Bedeutung beigemessen.

 

Konkret soll die EU-Arbeitsbehörde den Zugang zu Informationen von Einzelpersonen und ArbeitgeberInnen zu Rechten und Pflichten in grenzüberschreitenden Situationen sowie zu grenzüberschreitenden Arbeitsmobilitätsdiensten erleichtern. Sie soll darüber hinaus auch den Informationsaustausch und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden verbessern helfen, eventuell auch koordinierte und gemeinsame Inspektionen. Ferner ist gedacht, dass die Behörde eine Mediatorenfunktion bei Streitigkeiten zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten übernimmt. Schließlich soll sie die Mitgliedstaaten beim Kapazitätsaufbau im Hinblick auf die Durchsetzung des einschlägigen Unionsrechts unterstützen. In all diesen Bereichen ist vorwiegend eine Informations- und Koordinationstätigkeit und eine unterstützende Funktion vorgesehen. Die Arbeitsbehörde soll auch einige bestehende EU-Gremien ersetzen, heißt es im Vorschlag.

 

Laut Einschätzung der Sozialministerin bleiben aufgrund unklarer Formulierungen zahlreiche Fragen offen. Derzeit könne nicht beurteilt werden, inwieweit die Aufgaben bereits von anderen Agenturen und Behörden behandelt werden, etwa vom Europäischen Netzwerk für Arbeitsvermittlung (EURES). Sie wolle jedenfalls Doppelgleisigkeiten verhindern, sagte die Ministerin, auch wolle sie nicht, dass in die Arbeit bewährter Gremien eingegriffen werde. Welche Gremien ersetzt werden sollen, liege auch noch nicht vor. Außerdem sei darauf zu achten, dass es zu keiner Kostenexplosion kommt. Für diskussionswürdig hält Hartinger-Klein jedoch die Idee der Mediation. Solange jedenfalls der Mehrwert nicht erkennbar sei, habe sie große Vorbehalte gegen das Vorhaben. Sie zeigte sich auch skeptisch in Bezug auf den Verlust nationaler Souveränität.

 

Diese zurückhaltende Haltung wurde auch von Seiten der ÖVP und FPÖ geteilt. Es sei zwar wichtig, den Binnenmarkt mit dem Arbeitsmarkt zu verbinden und Regelungen zu kontrollieren, merkte etwa Georg Strasser (ÖVP) an, die ungeklärten Fragen seien aber zu weitreichend, um eine abschließende Beurteilung abgeben zu können. Ihm ist es wichtig, eine Behörde mit schlanken Strukturen zu schaffen und zu hohe Kosten zu vermeiden. Hinsichtlich der Mediation muss ihm zufolge auch die Rolle des EuGH diskutiert werden. Aus all diesen Gründen stellte er auch den Vertagungsantrag. Petra Wagner von der FPÖ äußerte vor allem Bedenken im Hinblick auf eine Zentralisierung und zusätzliche Kosten.

 

Dem konnte sich die SPÖ in keiner Weise anschließen. "Europa funktioniert in diesem Bereich einfach nicht", hielt SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch fest. So sei es derzeit außerordentlich schwierig, Strafen in anderen Ländern zu exekutieren. Österreich zähle zu den meistbetroffenen Ländern von Lohn- und Sozialdumping innerhalb der EU, hält Muchitsch daher auch in seinem Antrag fest. Es sei Zielland von Entsendungen und gleichzeitig steige Lohn- und Sozialbetrug bei den Entsendefirmen. Freiwilligkeit nütze nichts, man brauche endlich eine funktionierende grenzüberschreitende Kontrolle bei Arbeits- und Sozialvorschriften, um die Ausbeutung von Beschäftigten zu verhindern. Das Problem der Scheinentsendungen und der fehlenden Sanktionsmöglichkeiten habe etwa dazu geführt, dass das Burgenland von den in Ungarn im Vorjahr eingeforderten Strafen in der Höhe von einer Million Euro tatsächlich nur 2.000 Euro einnehmen konnte. In diesem Sinne forderte Muchitsch eine "Gurtenpflicht" in Europa.

 

Muchitsch drängte daher die Ministerin, während der österreichischen Ratspräsidentschaft dafür zu sorgen, dass die offenen Fragen geklärt und die Fakten auf den Tisch gelegt werden. Er appellierte an die Ministerin, die Europäische Arbeitsbehörde auf die Agenda zu nehmen und sich dafür einzusetzen, dass diese ihren Sitz in Österreich hat. Der finanzielle Anteil Österreichs im Endausbau würde bei einer Million Euro pro Jahr liegen, und das sei vertretbar, wenn man bedenkt, wieviel Österreich bei nichteinbringbaren Strafen entgeht.

 

Volle Unterstützung erhielt Muchitsch in dieser Frage auch von seiner Klubkollegin Muna Duzdar (SPÖ) sowie von Liste-Pilz-Abgeordneter Daniela Holzinger-Vogtenhuber. Die Handhabe der geltenden gesetzlichen Vorschriften sei derzeit äußerst problematisch, begründete Holzinger-Vogtenhuber ihre Befürwortung der Arbeitsbehörde. Ebensowenig konnte Gerald Loacker die Vertagung nachvollziehen, vielmehr sollte man seiner Meinung nach das Eisen schmieden, solange es noch heiß ist. Die offenen Fragen könne man ja klären.

 

Sozialministerin Hartinger-Klein wiederholte daraufhin ihre Bedenken, bekräftigte aber, dass das Thema auf der Agenda des österreichischen Ratsvorsitzes stehen werde. Als Vorsitzland habe man jedoch eine neutrale Position einzunehmen, so ihr Hinweis.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Trinkwasser-Richtlinie

 

 

Das Selbstbestimmungsrecht der EU-Mitgliedstaaten war eines der zentralen Themen im EU-Unterausschuss mit Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. Zur Absicherung der Wasserqualität will die Kommission den Trinkwasserversorgern verstärkte Kontrollen vorschreiben.

 

Beim Entwurf der Trinkwasser-Richtlinie bestand im Ausschuss Konsens über den hohen Stellenwert von Wasser. ÖVP und FPÖ bezeichneten den Kommissionsvorschlag jedoch als überschießend, denn auf die kleinen Wasserversorger Österreichs und die KonsumentInnen kämen dadurch finanzielle Mehrbelastungen zu. Der EU-Ausschuss des Bundesrats hat bereits mit einer Subsidiaritätsrüge an Brüssel auf die Trinkwasser-Richtlinie reagiert. SPÖ, NEOS und Liste Pilz wiederum sehen im Kommissionsvorschlag wichtige Ansätze im Sinne der Versorgungssicherheit.

 

Ministerin Hartinger-Klein meinte zum Kommissionsvorschlag für eine Anpassung der geltenden Trinkwasser-Richtlinie, die Überarbeitung sei überschießend und bringe Nachteile für Österreich. Die angedachte Erhöhung der Kontrolldichte von Wasserqualität und Anlagen führe zu einer unverhältnismäßigen Kostensteigerung, sowohl für die rund 4.500 heimischen Wasserversorger, als auch bei den Gebühren. Österreich verfüge auf Grundlage von Lebensmittelsicherheitsrecht und Verbraucherschutz jetzt schon über ein sehr starkes Prüfsystem mit regelmäßigen Kontrollen durch eigene Aufsichtsbehörden. "In Österreich wird alles getan, um die Qualität zu gewährleisten", betonte Hartinger-Klein, und folgerte, überbordende Kontrollen seien abzulehnen. Genauso sieht das Norbert Sieber (ÖVP): Die bestehende Richtlinie erfülle bereits ihren Zweck, nämlich den Schutz vor verunreinigtem Trinkwasser sicherzustellen. Eine Überprüfung von Trinkwasseranlagen im 15-Minuten-Takt schieße über das Ziel hinaus und belaste massiv die zahlreichen dezentralen Wasserversorger Österreichs.

 

SPÖ-Abgeordneter Andreas Schieder findet den Richtlinienvorschlag dagegen durchaus unterstützenswert, zumal der Entwurf wesentliche Forderungen der europäischen Wasser-Bürgerinitiative enthalte. Wasser sei demnach als öffentliches Gut und nicht als Handelsware zu betrachten, die Versorgung müsse sichergestellt werden. Trotz der guten Wasserqualität in Österreich gebe es auch hierzulande Fälle von Kontaminierung und Versorgungsengpässen, etwa im Raum Graz, stellte Schieder fest. Gerald Loacker (NEOS) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) wollten die Kritik am Entwurf ebenfalls nicht gänzlich mittragen. Loacker wies in diesem Zusammenhang auf die Problematik von Bleileitungen zur Wasserversorgung in österreichischen Altbauten hin.

 

Bei der vorgeschlagenen Trinkwasser-Richtlinie geht es grundsätzlich um das allgemeine Recht auf Zugang zu sauberem, gesundem Wasser. Neue Impulse erhielt die 1998 entstandene und zuletzt 2015 geänderte Teilregelung des Bereichs Daseinsvorsorge durch die erste erfolgreiche Europäischen Bürgerinitiative namens "Right2Water". Zur Qualitätssicherung sind im Richtlinienentwurf auch Regelungen zur Gefahren- bzw. Risikobewertung in Gewässern und Hausinstallationen verankert. Mit neuen Überwachungsprogrammen will die EU-Kommission die Wasserqualität sicherstellen.

 

Besonders für schutzbedürftige und ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen soll von den Mitgliedsstaaten der Zugang zu hochwertigem Trinkwasser verbessert werden. Die vermehrte Einrichtung von Trinkwasseranlagen in öffentlichen Bereichen bilde dazu eine bedeutende Maßnahme, so die EU-Kommission. Sicherzustellen wäre außerdem, dass die Wasserversorgungsunternehmen den BürgerInnen genauere Informationen über den Wasserverbrauch, die Kostenstruktur sowie über den Preis pro Liter bereitstellen, der mit dem Preis für Flaschenwasser verglichen werden kann. Neben einer deutlichen Kostenersparnis für KonsumentInnen, die qualitativ hochwertiges Wasser aus der Leitung statt aus der Flasche trinken, erwartet Brüssel von dem Vorstoß auch einen Beitrag zur EU-Kunststoffstrategie 2018 gegen Plastikabfall.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Mobilitätspaket: Koordinierung der Sozialsysteme

 

 

Übereinstimmend abgelehnt wurde von Volkspartei und SozialdemokratInnen eine längere Frist zum Export von Arbeitslosengeld, wie sie in der Verordnung zur EU-weiten

Koordinierung der Sozialsysteme aufscheint. Dissens gab es hingegen bei den Neuerungen für Familienleistungen. Während die Regierungsfraktionen eine Indexierung dieser Leistungen in der EU durchsetzen wollen, warnt die Opposition mit Hinweis auf den Bedarf im Pflegebereich geschlossen vor einem Alleingang Österreichs. Bundesministerin Hartinger-Klein sagte, es gebe keinen Hinweis, dass bei einer Indexierung der Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland weniger Pflegekräfte aus Osteuropa hierzulande arbeiten werden. Grundsätzlich würden bei dieser Neugestaltung der Sozialleistung, die auf die Lebenserhaltungskosten im jeweiligen Land abstellt, alle Kinder gleich behandelt.

 

Neben dem freien Warenverkehr ist die Mobilität von ArbeitnehmerInnen ein bedeutender Bestandteil des EU-Binnenmarkts. 2016 schlug die Europäische Kommission als Teil des Gesetzespakets "Mobilität der Arbeitskräfte" eine neue Verordnung zur Koordinierung der nationalstaatlichen Sozialsysteme vor. Ziel dabei ist, die europarechtlich verankerte Grundfreiheit der Freizügigkeit im Binnenmarkt in Hinblick auf die soziale Sicherheit von EU-BürgerInnen zu stärken. Zwar unterliegt der Kommissionsvorschlag dem Subsidiaritätsprinzip, da Sozialmaterien nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen. Doch kann aus Sicht der Kommission kein Mitgliedstaat die grenzüberschreitende Koordinierung von Sozialleistungen eigenständig bewerkstelligen.

 

Generell begrüße sie den Verordnungsvorschlag, befand Hartinger-Klein, weil er mehr Klarheit schaffe und mithelfe, Sozialdumping zu verhindern. Einzufügen wäre ihr zufolge allerdings auch eine Indexierung der Familienbeihilfe, wie Österreich sie auf nationaler Ebene vorhat. Ablehnend zeigte sich die Ministerin zu Überlegungen der Kommission, für arbeitslose EU-AusländerInnen ab einem Versicherungszeitraum von 12 Monaten sowie für GrenzgängerInnen die Zuständigkeit dem Beschäftigungs- und nicht dem Herkunftsstaat zu übertragen. Nicht in Frage komme für Österreich außerdem der Vorschlag, Arbeitslosengeld für sechs anstatt der geltenden drei Monate ins EU-Ausland mitnehmen zu können.

 

Große Vorbehalte zur vorgeschlagenen Neuregelung der Arbeitslosenversicherung äußerten im Ausschuss auch die Abgeordneten Maria Theresia Niss (ÖVP) und Josef Muchitsch (SPÖ). Eine Verlängerung des Leistungsexports werten sie schon deshalb kritisch, weil die auszahlenden Stellen – in Österreich das Arbeitsmarktservice (AMS) – bei BezieherInnen in einem anderen EU-Staat weniger leicht einen neuen Arbeitsplatz vermitteln beziehungsweise den Arbeitswillen kontrollieren könnten. Anders beurteilen das die NEOS. Deren Sozialsprecher Gerald Loacker wandte ein, gesamtwirtschaftlich gesehen erhöhe diese Vorgehensweise die Effizienz der Arbeitsplatzvermittlung, da im Binnenmarkt ein größeres Angebot herrsche. Im Einklang mit Robert Laimer (SPÖ) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) sprach sich Loacker zudem gegen Österreichs Position bei der Familienbeihilfe aus, die auf wenig Gegenliebe bei den übrigen EU-Ländern stoße.

 

Laimer vermutete, bei einer Indexierung der Familienleistungen würden osteuropäische Arbeitskräfte in Österreich ihre Kinder aus dem Herkunftsland mitnehmen, wodurch die Republik erneut Mehrbelastungen zu tragen hätte. Holzinger-Vogtenhuber erinnerte an den Nichtdiskriminierungsgrundsatz in der EU und sieht im Falle eines österreichischen Alleingangs eine Staatshaftungsklage drohen. Überdies prophezeite sie eine verschärfte Versorgungslage im Pflegebereich, wenn Betreuungskräfte aus anderen EU-Ländern bei geminderten Familienleistungen daheim bleiben. Ministerin Hartinger-Klein widersprach, keineswegs würden künftig weniger Kräfte aus dem EU-Ausland zur Verfügung stehen, auch nicht bei der 24-Stunden-Betreuung. Die Idee einer Anpassung der Familienleistungen an die Lebenserhaltungskosten im Herkunftsland eines EU-Bürgers oder einer EU-Bürgerin sei auf EU-Ebene schon behandelt worden, als man den Austritt des Vereinigten Königreichs abwenden wollte. Insgesamt zeigte sich Hartinger-Klein zuversichtlich, falls Österreich die Indexierung vor dem Europäischen Gerichtshof zu argumentieren hat, werde das Land in seiner Haltung bestätigt.

 

Petra Wagner (FPÖ) hinterfragte überhaupt die Notwendigkeit einer Änderung im EU-Rechtsbestand zur sozialen Sicherung und unterstrich, die Sozialstandards für ÖsterreicherInnen müssten erhalten bleiben.

 

Als wichtigsten Antriebsfaktor für die Initiative nennt die Kommission die Schaffung eines modernen Regelwerks, in dem sich "die soziale und ökonomische Realität in den Mitgliedstaaten widerspiegelt". Festgehalten wird im Vorschlag allerdings, dass eine faire und ausgewogene Verteilung der finanziellen Belastung unter den Mitgliedstaaten gewährleistet werden muss. Die Überprüfung des Sozialversicherungsstatus von Arbeitskräften sei zu optimieren, um potenziellem Missbrauch vorzubeugen. Zu erheben wäre demnach auch, unter welchen Bedingungen die Mitgliedstaaten den Zugang nicht erwerbstätiger mobiler EU-BürgerInnen zu Sozialleistungen beschränken können, ohne gegen den Nichtdiskriminierungsgrundsatz zu verstoßen.

 

Jeder Mitgliedstaat solle weiterhin eigenständig über die Ausgestaltung und Gewährung von Sozialleistungen entscheiden, betont die EU-Kommission im Vorschlag, solange das EU-Recht in Hinblick auf Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung eingehalten wird. Dabei geht es um die Anspruchskriterien und die Berechnung der Leistungen. Wichtig sei in diesem Zusammenhang ein funktionierender Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten. Konkret propagiert die Kommission ein kohärentes System zur Koordinierung der Leistungen für nicht erwerbstätige EU-BürgerInnen, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, sowie bei Leistungen für Pflege, Kinderbetreuung und Arbeitslosigkeit in grenzüberschreitenden Fällen. Der mögliche Export von Arbeitslosenleistungen und die Frage, welcher Mitgliedstaat Arbeitslosengeld an GrenzgängerInnen zu zahlen hat, habe zu Unstimmigkeiten unter den EU-Ländern im Rat geführt, berichtet die EU-Kommission. Die gangbarsten Möglichkeiten für eine Übereinkunft präsentierte sie im vorliegenden Legislativvorschlag.

 

In diesem Verordnungsentwurf ist nun eine Änderung des Gleichbehandlungsprinzips vorgesehen, die eine Streichung von versicherungsunabhängigen Leistungen an nicht erwerbstätige mobile EU-BürgerInnen ermöglicht. Bezüglich Arbeitslosenleistungen schlägt die Kommission vor, einen Mindestversicherungszeitraum von drei Monaten im Mitgliedstaat der letzten Erwerbstätigkeit vorzusehen, damit eine Anrechnung früherer Versicherungszeiten beansprucht werden kann. Sofern ein arbeitsloser Grenzgänger/eine Grenzgängerin mindestens 12 Versicherungsmonate erworben hat, soll der letzte Beschäftigungsstaat – und nicht mehr der Wohnstaat – zuständig sein. Weiters würde der Mindestzeitraum für den Export von Arbeitslosenleistungen von drei auf sechs Monate verlängert, mit der Möglichkeit, die Leistung für die gesamte Anspruchszeit zu exportieren. Nach Dafürhalten der Kommission entstünden den Mitgliedstaaten dadurch keine Zusatzkosten, vielmehr erleichtere diese Option den Betroffenen, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

 

Familienleistungen will die EU-Kommission künftig ausschließlich an jenen Elternteil gezahlt sehen, der in dem auszahlenden Mitgliedstaat gearbeitet hat oder wohnt, und nicht länger auch an den anderen Elternteil.

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der SPÖ auf Stellungnahme wurde mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt:

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Muchitsch,

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend COM (2018) 131 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde (16197/EU XXVI GP)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Unterausschusses am 22.5.2018 zu TOP 2

 

 

 

Die Europäische Kommission stellte am 13. März 2018 entsprechend der Ankündigung von Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union 2017 und im Rahmen des Paketes für soziale Gerechtigkeit, die Europäische Arbeitsbehörde (ELA) vor. 

 

Die Kommission gibt in dem Vorschlag an, dass sich die Zahl mobiler Bürgerinnen und Bürger, d. h. Menschen, die in einem Mitgliedstaat leben und/oder in einem anderen arbeiten, mit 17 Millionen im Jahr 2017 fast verdoppelt hat. Die Europäische Arbeitsbehörde soll den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmen und den nationalen Verwaltungen helfen, die Chancen, die die Freizügigkeit bietet, optimal zu nutzen und eine faire Arbeitskräftemobilität zu gewährleisten. Seitens der Kommission werden mit der Errichtung dieser Behörde folgende Ziele gesetzt:

 

·         Die Behörde soll die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen über Arbeits-, Ausbildungs-, Mobilitäts-, Einstellungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten informieren, sowie Leitlinien über Rechte und Pflichten zur Verfügung stellen, die mit dem Leben, Arbeiten und/oder der unternehmerischen Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der EU verbunden sind.

·         Zweitens wird sie die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden bei grenzüberschreitenden Sachverhalten fördern, indem sie ihnen dabei hilft sicherzustellen, dass die EU-Rechtsvorschriften, die die Mobilität schützen und regeln, leicht nachvollziehbar sind und befolgt werden.

·         Drittens wird die Europäische Arbeitsbehörde vermitteln und bei grenzüberschreitenden Streitfällen auf Lösungen hinwirken, z. B. bei Unternehmensumstrukturierungen, die mehrere Mitgliedstaaten betreffen.

 

 

Österreich ist eines der meistbetroffenen Länder von Lohn-und Sozialdumping innerhalb der Europäischen Union. Österreich ist auch Zielland von Entsendungen, gleichzeitig steigt Lohn- und Sozialbetrug bei den Entsendefirmen.

Auf EU-Ebene wurde nun endlich die Überarbeitung der Entsenderichtlinie finalisiert. Zusätzlich zu strengeren Regeln bei den Entsendungen braucht es aber auch eine funktionierende grenzüberschreitende Kontrolle bei Arbeits- und Sozialvorschriften, um die Ausbeutung von Beschäftigten zu verhindern.

 

Eine Europäische Arbeitsschutzbehörde mit Sitz in Österreich ist notwendig, um grenzüberschreitendes Lohn- und Sozialdumping zu bekämpfen und die grenzüberschreitende Durchsetzung von Sanktionen gegen Dumpingfirmen endlich durchzusetzen zu können. Diese Behörde sollte die nationalen Behörden nicht ersetzen, sondern in grenzüberschreitenden Fällen ergänzend tätig werden.

 

Das Problem der Scheinentsendungen und der fehlenden Sanktionsmöglichkeiten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten wird immer wieder in Österreichs Grenzregionen deutlich. Im Burgenland wurden im Vorjahr Strafen in Höhe von einer Million Euro in Ungarn eingefordert, davon konnten aber nur 2.000 Euro tatsächlich eingenommen werden. Genau aus diesem Grunde muss die grenzüberschreitende Kontrolle sowie der grenzüberschreitende Vollzug von Verwaltungs- und Strafverfahren lückenlos sichergestellt werden, indem die nationalen Behörden in den Mitgliedsstaaten zur Zusammenarbeit verpflichtet werden.

Keinesfalls darf eine solche Arbeitsmarktbehörde bestehende Kontrollmöglichkeiten einschränken oder zur Durchsetzung der wirtschaftlichen Binnenmarktfreiheiten zum Nachteil der ArbeitnehmerInnen missbraucht werden.

 

Österreich hat durch seinen strengen nationalen Gesetzen gegen Lohn- und Sozialdumping eine Vorbildfunktion inne. Zudem zeichnet sich Österreich durch seine optimale Lage an der Schnittstelle zum Osten und hervorragenden Infrastruktur aus und bringt damit die beste Voraussetzung für eine Ansiedelung der Arbeitsmarktbehörde mit.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e Abs. 3 B-VG

 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, werden aufgefordert, das Paket für soziale Gerechtigkeit während der österreichischen Ratspräsidentschaft zu forcieren und alle Maßnahmen zu setzen, damit die neu geschaffene Europäische Arbeitsbehörde (ELA) ihren Sitz in Österreich erhält.

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechts¬aktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.