43/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 13.11.2019
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Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Muchitsch

Genossinnen und Genossen

betreffend faire Arbeitszeit

Vor fast genau hundert Jahren wurde der 12-Stunden-Tag abgeschafft. Diese Errungenschaft wurde hundert Jahre später von Schwarz/Blau rückgängig gemacht.

12 Stunden-Arbeitstage machen krank und vernichten Arbeitsplätze. Sie erschweren die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, insbesondere dem Familienleben und verfestigen an sich bereits überholte Geschlechterrollen. Ihre generelle Einführung ist daher nicht nur für die betroffenen ArbeitnehmerInnen, sondern auch gesamtgesellschaftlich ein Rückschritt in frühindustrielle Zeiten. Jede Ausweitung der Arbeitszeit sollte mit Bedacht erfolgen, sie muss sich an harten Prüfsteinen messen lassen und sie muss auch den ArbeitnehmerInnen Vorteile bieten.

Menschen sind keine Maschinen und haben natürliche Leistungsgrenzen. Studien beweisen, dass lange Arbeitszeiten krankmachen, sich die Schlafqualität verschlechtert, Herz-Kreislaufbeschwerden bzw.-erkrankungen zunehmen, das Burnout-Risiko steigt und auch die Ermüdung i.V.m Unfallgefahr steigt extrem an.

Klar ist daher, je belastender Arbeitszeiten sind (z.B. wegen ihrer Länge oder der einseitigen Bestimmungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber), desto wichtiger sind ihre Beschränkung auf Einzelfälle und die Schaffung von Ausgleichsmaßnahmen. Die Palette dabei ist vielfältig: Höhere Zuschläge, mehr Freizeit, begründungsloses Ablehnungsrecht von Überstunden etc.

Neben Geld rückt zunehmend die Schaffung von zusätzlicher Freizeit in den Fokus. Denn niemand kann sich seine Gesundheit zurückkaufen, niemand kann die verlorene Zeit mit den eigenen Kindern zurückdrehen.

Die von Schwarz/Blau geschaffene Arbeitszeitverlängerung enthält keine Wahlfreiheit, keine Freizeit, keine Selbstbestimmtheit. Keine Arbeitszeitverkürzung, keine langen Wochenenden, keine zusätzlichen Ausgleichsmaßnahmen. Kein Wort davon. Zeitausgleich ist wie bisher vom „Good Will“ des Arbeitgebers abhängig. Zusätzliche Freizeit oder kürzere Gesamtarbeitszeiten? Fehlanzeige!

Betriebliche Mitbestimmung wird bereits seit geraumer Zeit als lästig, bürokratisch, eben einfach nicht mehr modern, abgetan. Die Konsequenz von Schwarz/Blau: Sie wird einfach ersatzlos abgeschafft. Die bisherige Mitbestimmung des Betriebsrats, Arbeitsinspektion, Arbeitsmedizin und die Instrumente zum Interessenausgleich beim 12-Stunden-Tag wurden ersatzlos gestrichen. Bisher haben sie sichergestellt, dass die ArbeitnehmerInnen bei einer derartigen Ausweitung der Arbeitszeit nicht auf der Strecke bleiben.

Das ist keine Flexibilisierung der Arbeitszeit, das ist keine Modernisierung. Im Gegenteil. Aus einem ArbeitnehmerInnen-Schutzgesetz wird ein Gesetz zur Mehrarbeit durch einseitige Anordnung der Arbeitgeber.

Eine flexiblere Wirtschaftswelt erfordert selbstverständlich auch Anpassungen im Arbeitsrecht und bei der Arbeitszeit. Doch die Veränderungen benötigen Konsens und bedürfen eines fairen Ausgleichs zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Die Arbeitszeit ist derzeit ungerecht verteilt. Viele Überstunden – ungewollte Teilzeit – geringfügige Beschäftigung. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich (und Personalausgleich) führt zu mehr Zufriedenheit der ArbeitnehmerInnen und zu höherer Produktivität.

Ein Arbeitszeitgesetz, das generell 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden, sowie bis zu 20 Überstunden pro Woche ohne Ausgleich zulässt, wird dem intendierten Schutzcharakter in keiner Weise mehr gerecht und ist auch nicht geeignet gesunde Arbeitsbedingungen sicher zu stellen, daher ist eine Reparatur dieses Gesetztes unausweichlich. Ein fairer Interessenausgleich ist in dieser Hinsicht dringend geboten, muss zielgerichtet auf die Branchen Bezug nehmen und im Arbeitszeitgesetz als Kompetenz der Kollektivvertragspartner verankert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

 

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, unter Einbindung der Sozialpartner unverzüglich eine Regierungsvorlage zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes im Sinne eines fairen Ausgleichs zwischen ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen zu erarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung zuzuleiten, in dem überlange Arbeitszeiten begrenzt werden und ohne zeitnahen Ausgleich verboten sind. Die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes sollen insbesondere geeignete Rahmenbedingungen für flexiblere Arbeitszeiten enthalten. Die Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene soll unter anderem dabei genauso enthalten sein, wie ein individueller Rechtsanspruch auf die 4-Tage-Arbeitswoche.“

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales