62/A XXVII. GP

Eingebracht am 13.11.2019
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Antrag

 

der Abgeordneten Muchitsch, Dr. Dagmar Belakowitsch

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

 

Artikel 1

Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes

 

 

Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz - ASVG, BGBI. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBI. I Nr. 105/2019, wird wie folgt geändert:

 

1.       Im § 8 Abs. 1 Z 3 lit. e in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Wort „Dachverbandes“ der Ausdruck „sowie in den Widerspruchs-Ausschüssen nach § 367a Abs. 4, jeweils“ eingefügt.

 

2.       Im § 227a Abs. 4 ASVG wird der Ausdruck „Abs. 5, 6 und 7“ durch den Ausdruck „Abs. 5 und 6“ ersetzt.

 

3.       Nach § 360b Abs. 1 ASVG wird ein Abs. 1a eingefügt:

 

          „(1a) In Verfahren gem. § 367a vor dem Pensionsversicherungsträger sind die Bestimmungen der §§ 37,39, 45 und 54 AVG anzuwenden.“

 

4.       § 367a samt Überschrift lautet:

 

„Widerspruch gegen Bescheide des Pensionsversicherungsträgers

§ 367a. (1) Gegen Bescheide der Pensionsversicherungsträger in Leistungssachen nach § 354 Z 1, 2, 4 und 6, nach § 292 und in den Fällen des § 362 sowie über Ansprüche auf Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz und über Ansprüche auf Sonderruhegeld nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz (NSchG), BGBl. I Nr. 473/1992, kann binnen drei Monaten nach Zustellung Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den er sich richtet. Er bedarf der Schriftform und ist bei jenem Pensionsversicherungsträger einzubringen, der den Bescheid erlassen hat. Ein beim Gericht eingebrachter Widerspruch gilt als beim Pensionsversicherungsträger eingebracht und ist an diesen unverzüglich weiterzuleiten.

 

          (2) Nach der Erhebung des Widerspruches ist die Leistungsverpflichtung, die dem bekämpften Bescheid entspricht, als vom Pensionsversicherungsträger unwiderruflich anerkannt anzusehen. In Leistungssachen nach § 354 Z 2 hat der rechtzeitig erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung.

 

          (3) Der Pensionsversicherungsträger hat binnen drei Monaten  nach der Einbringung des Widerspruches mit Widerspruchsbescheid zu entscheiden. Dabei hat er auf Grund weiterer Ermittlungen den Widerspruch als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen, den Bescheid zu bestätigen oder im Sinn des Widerspruchsbegehrens abzuändern.

 

          (4) Zur Beurteilung von Widersprüchen nach Abs. 3 werden bei den Pensionsversicherungsträgern Ausschüsse des Verwaltungsrates eingerichtet (Widerspruchs-Ausschüsse). Ein Widerspruchs-Ausschuss besteht aus je einem Vertreter/einer Vertreterin der Dienstnehmer/innen, einem Vertreter/einer Vertreterin der Dienstgeber/innen und, ohne Stimmrecht, einem /einer Bediensteten des Pensionsversicherungsträgers. In der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau ist mindestens ein Widerspruchs-Ausschuss einzurichten; in der Pensionsversicherungsanstalt ist bei jeder Landesstelle mindestens ein Widerspruchs-Ausschuss einzurichten. In Abhängigkeit von der Anzahl der erhobenen Widersprüche können weitere Widerspruchs-Ausschüsse durch den Verwaltungsrat des Pensionsversicherungsträgers eingerichtet werden. Die örtliche Zuständigkeit dieser Ausschüsse richtet sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz der Widerspruch erhebenden Person.

 

          (5) Ist die Versicherungspflicht, die Versicherungsberechtigung, der Beginn oder das Ende der Versicherung, die maßgebende Beitragsgrundlage oder die Angehörigeneigenschaft strittig, so ist das Widerspruchsverfahren auszusetzen, bis darüber im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden ist; die Frist nach Abs. 3 ist bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens gehemmt. Ist zum Zeitpunkt der Aussetzung noch kein Verfahren in diesen Angelegenheiten anhängig, so hat der über den Widerspruch zu entscheidende Pensionsversicherungsträger dessen Einleitung zu beantragen; die rechtskräftige Entscheidung ist ihm unverzüglich zu übermitteln.

 

5.       Der bisherige § 367a erhält die Bezeichnung § 367b.

 

6.       Im § 420 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Wort „Verwaltungskörper“ der Ausdruck „und die Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4" eingefügt.

 

7.       Im § 420 Abs. 5 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Wort „Verwaltungskörpers“ der Ausdruck „oder eines Widerspruchs-Ausschusses nach § 367a Abs. 4" eingefügt.

 

8.       Im § 420 Abs. 5 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Wort „Verwaltungskörper" der Ausdruck „sowie der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4" eingefügt.

 

9.       Im § 420 Abs. 5 Z 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 100/2018 wird nach dem Ausdruck „soweit sie nicht unter Z 2 fallen," der Ausdruck „sowie die Mitglieder der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4" eingefügt.

 

10.     Die Überschrift zu § 421 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 lautet:

 

„Bestellung der Versicherungsvertreter/innen in den Verwaltungskörpern"

 

11.     Im § 421 Abs. 1 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Ausdruck „Versicherungsvertreter/innen" der Ausdruck „in den Verwaltungskörpern" eingefügt.

 

12.     Im § 424 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100 /2018 wird nach dem Ausdruck „Dachverbandes" der Ausdruck „sowie die Mitglieder der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4" eingefügt.

 

13.     § 425 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 lautet:

 

§ 425. Die Amtsdauer der Verwaltungskörper und der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4 währt jeweils fünf Jahre. Nach Ablauf der Amtsdauer hat der alte Verwaltungskörper oder der alte Widerspruchs-Ausschuss die Geschäfte so lange weiterzuführen, bis der neue Verwaltungskörper oder der neue Widerspruchs-Ausschuss zusammentritt. Die Zeit der Weiterführung der Geschäfte durch den alten Verwaltungskörper oder den alten Widerspruchs-Ausschuss zählt auf die fünfjährige Amtsdauer des neuen Verwaltungskörpers oder des neuen Widerspruchs-Ausschusses."

 

14.     In § 429 Z 3 wird die Zahl 6 durch 10 ersetzt.

 

15.     Nach § 730 wird folgender§ 731 samt Überschrift angefügt:

 

„Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes

BGBI. I Nr. xx/2019

 

          § 731. (1) Die §§ 360b Abs. 1a, 362 Abs. 3 und 367a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xx/2019 und § 429 Z 3 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.

 

          (2) § 718 Abs. 7a ist auf Versicherungsvertreter/innen der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 sinngemäß anzuwenden."

 

 

Artikel 2

Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes

 

          Das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz - GSVG, BGBI. Nr. 560/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 103/2019, wird wie folgt geändert:

1.       Im § 116a Abs. 4 wird der Ausdruck „Abs. 5, 6 und 7“ durch den Ausdruck „Abs. 5 und 6“ ersetzt.

 

2.       Nach § 377 wird folgender § 378 samt Überschrift angefügt:

 

„Schlussbestimmungen zu Art. 2 des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xx/2019

 

          § 378. Der § 116a Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft."

Artikel 3

Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes

 

          Das Bauern-Sozialversicherungsgesetz - BSVG, BGBl. I Nr. 559/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2019, wird wie folgt geändert

 

1.       Im § 107a Abs. 4 wird der Ausdruck „Abs. 5, 6 und 7“ durch den Ausdruck „Abs. 5 und 6“ ersetzt.

 

2.       Nach § 370 wird folgender § 371 samt Überschrift  angefügt:

 

„Schlussbestimmungen zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xx/2019

 

          § 371. Der § 107a Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft."

 

 

Artikel 4

Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes

 

          Das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz - ASGG, BGBl. I Nr. 104/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2018, wird wie folgt geändert:

 

1.       Im § 28 wird der Punkt am Ende der Z 2 durch das Wort „oder" ersetzt und folgende Z 3 wird angefügt:

 

          „3. Vertreter der Dienstnehmer oder Vertreter der Dienstgeber in einem Widerspruchs-Ausschuss nach § 367a ASVG gewesen sein, wenn diesem die streitgegenständliche Sache nach § 367a Abs. 3 ASVG zur Beurteilung vorgelegt worden ist."

 

2.       § 67 Abs. 1 Z 1 wird nach dem Wort „Bescheid“ der Ausdruck „oder Widerspruchsbescheid“ eingefügt.

 

3.       In § 67 Abs. 1 Z 3 wird der Klammerausdruck „(§ 367a ASVG)“ durch „(§ 367b ASVG)“ ersetzt.

 

4.       Dem § 98 wird folgender Abs. 31 angefügt:

 

          „(31) Die §§ 28 Z 2 und 3 sowie 67 Abs. 1 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.

 

Zuweisungsvorschlag: Budgetausschuss

Begründung

 

In Verfahren in Leistungssachen beim Pensionsversicherungsträger soll ein freiwilliges Widerspruchsverfahren implementiert werden. Versicherten soll es freistehen sich direkt mit Klage an das Arbeits- und Sozialgericht zu wenden oder einen Widerspruch zu erheben. Nach Erhebung eines Widerspruchs sind weitere Ermittlungen durchzuführen.

 

Obwohl die Träger eine große Zahl von Anträgen zu bearbeiten haben, sollen den Versicherten im Widerspruchsverfahren verbesserte Möglichkeiten in verfahrensrechtlicher Hinsicht gegeben werden (zB Kenntnisnahme und Möglichkeit der Stellungnahme zu ärztlichen Gutachten vor dem Bescheid, Möglichkeit der Durchführung eines Augenscheins in Betrieben beispielsweise bei Fragen zur ausgeübten Berufstätigkeit.

 

Außerdem soll die Begründung der Bescheide zur besseren Nachvollziehbarkeit ausführlicher sein. Insgesamt können damit Widerspruchs- und Sozialgerichtsverfahren verhindert werden.

 

Art 1 ASVG

Zu Z 1 (§ 8 Abs. 1 Z 3 lit. e ASVG):

Die Unfallversicherung für VersicherungsvertreterInnen in den Verwaltungskörpern der Versicherungsträger bei Ausübung ihrer Funktion soll auf Versicherungsvertreter/innen erstreckt werden, die in den Widerspruchs-Ausschüssen nach § 367a Abs. 4 ASVG tätig sind.

 

Zu Z 2 (§ 227a Abs.4 ASVG):

Die Bestimmung verweist auf Abs. 7, der jedoch aufgehoben wurde.

 

Zu Z 3 (§ 360b ASVG)

Damit werden die zitierten Bestimmungen des AVG im Widerspruchsverfahren anwendbar, um die verfahrensrechtliche Stellung der Versicherten zu verbessern.

 

Zu Z 4 (§ 367a ASVG)

Der Widerspruchs-Ausschuss soll über einen erhobenen Widerspruch entscheiden. Es kann weiteres Vorbringen erstattet werden, weitere Ermittlungen sind erforderlichenfalls durchzuführen. Die Versicherten sollen die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

 

Die Entscheidung hat innerhalb von drei Monaten zu erfolgen, damit soll für den Fall einer nachfolgenden Klage die Gesamtdauer des Verfahrens für die Versicherten zumutbar sein und dem Träger eine angemessene Zeit für eine Entscheidung bleiben. In jeder Landesstelle ist mindestens ein Widerspruchs-Ausschuss einzurichten, die erforderliche Besetzung mit VersicherungsvertreterInnen durch die Mitglieder der Landesstellenausschüsse ist gewährleistet.

 

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz der Widerspruch erhebenden Person.

 

Zu Z 5 (§ 367b ASVG)

Das Widerspruchsverfahren betreffend die Kontoerstgutschrift soll nicht verändert werden.

 

Zu Z 14 (§ 429 Z 3 ASVG)

Die Landesstellenausschüsse der PVA sollen wie bei der ÖGK aus zehn VersicherungsvertreterInnen bestehen. Dadurch wird eine ausreichende Besetzung von Widerspruchs-Ausschüssen sichergestellt.

 

Bei einer Zahl von 5.000 Widerspruchsverfahren österreichweit und maximal 45 Widerspruchs-Ausschüssen (9 Landesstellen mit je 5 Ausschüssen) ergibt das in einer Durchschnittsbetrachtung bei 40 Arbeitswochen pro Woche 3 Fälle je Ausschuss.

 

 

Art 4 ASGG

Zu Z 2 und 3 (§ 67 Abs 1 ASGG)

Das Widerspruchsverfahren betreffend die Kontoerstgutschrift soll unverändert bestehen bleiben (lediglich die Zitierung auf § 367 b ASVG wird angepasst.

 

In allen anderen Leistungssachen sollen die Versicherten weiter die Möglichkeit haben direkt gegen einen Bescheid oder später gegen den Widerspruchsbescheid eine Klage beim Arbeits-und Sozialgericht einzubringen.