75/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 13.11.2019
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Sofortmaßnahmen für Syrien

 

Am 9. Oktober 2019 begann die türkische Armee Luft- und Artillerieangriffe auf syrischem Staatsgebiet auszuführen, die am darauffolgenden Tag mit dem Einmarsch türkischer Bodentruppen und verbündeter Milizen fortgesetzt wurde. Während die türkische Regierung argumentiert, es handle sich bei dem Angriff um Selbstverteidigung gegen eine immanente terroristische Bedrohung durch kurdische Milizen und den IS, verurteilten Kritiker_innen den Angriff als klar völkerrechtswidrig. So schreiben etwa die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages am 17. Oktober 2019: "Mangels erkennbarer Rechtfertigung stellt die türkische Offensive im Ergebnis offensichtlich einen Verstoß gegen das Gewaltverbot aus Art. 2 Ziff. 4 VN-Charta dar. Nachdem die Vertragsstaaten des Römischen Statuts im Dezember 2017 die Jurisdiktion des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) in Bezug auf das Aggressionsverbrechen (crime of aggression) ausgedehnt haben, kann der IStGH nun gemäß Art. 15ter des Römischen Statuts auch über die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit von staatlichen Führungsorganen in Bezug auf das Verbrechen der Aggression entscheiden. Der Völkerstrafrechtler Claus Kreß sieht daher die rechtliche Möglichkeit zu Vorermittlungen gegen den türkischen Präsidenten Erdoğan wegen der Militäroperation „Friedensquelle“, sofern der VN-Sicherheitsrat gemäß Art. 13 lit. b) des Römischen Statuts den Fall an den IStGH überweisen sollte." 

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte, über "erdrückende Beweise für willkürliche Angriffe in Wohngebieten" zu verfügen. Amnesty-Generalsekretär Kumi Naidoo bescheinigte der türkischen Armee und ihren syrischen Verbündeten eine "vollkommene Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben von Zivilisten". Dem Amnesty-Bericht zufolge griffen die von Ankara kontrollierten Streitkräfte unter anderem ein Wohnhaus, eine Bäckerei und eine Schule an. Amnesty beruft sich dabei auf Videoaufnahmen sowie Aussagen von 17 Zeug_innen, unter ihnen Rettungskräfte, medizinisches Personal, humanitäre Helfer_innen, Vertriebene und Journalist_innen. 

Die Situation der Zivilbevölkerung im Kampfgebiet ist katastrophal. Der UNHCR spricht von einer weiteren Zunahme des menschlichen Leidens in der ohnehin größten Flüchtlingskrise der Welt und von hunderttausenden Zivilist_innen, die von den Kämpfen betroffen sind und weist darauf hin, dass besonders die sinkenden Temperaturen die Situation noch weiter drastisch verschlimmern. 

Während des Höhepunktes der Flüchtlingskrise ab 2015 machte Europa die Erfahrung, dass die mangelnden finanziellen Mittel für internationale humanitäre Hilfe sowie ein Mangel an Strukturen für Direct Resettlement zu unkontrollierten Fluchtbewegungen und einer noch drastischeren Eskalation der Lage führten. Der österreichische Beitrag zur Linderung des Leidens der Menschen in der betroffenen Region und zur Unterstützung jener Staaten, die Flüchtlinge aufnahmen und immer noch aufnehmen ist weiterhin erschütternd gering. Bei Festlegung des jährlichen Budgets für den österreichischen Auslandskatastrophenfonds versicherten die damaligen Mitglieder der Bundesregierung, dass der Fonds "wenn notwendig" durch Rücklagen und zusätzliche Mittel aufgestockt würde. Es besteht wohl kein Zweifel daran, dass die Situation im Norden Syriens eine solche Aufstockung rechtfertigt. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich eine Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds einzuleiten und finanzielle Mittel für zusätzliche Unterstützung von UNHCR, UNICEF und das World Food Programme freizusetzen, um das Leiden der Menschen schnellstmöglich zu lindern und es jenen Staaten, die besonders große Zahlen an Flüchtlingen aufgenommen haben, zu ermöglichen, die ankommenden Menschen entsprechend zu versorgen. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, sich an Direct Resettlement Programmen zu beteiligen, um schutzbedürftige Personen schnellstmöglich außer Gefahr zu bringen und sich auch auf europäischer Ebene für den Ausbau und die Nutzung solcher Programme einzusetzen."


In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.