85/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 13.11.2019
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Pamela Rendi-Wagner, Christoph Matznetter, Jan Krainer

Genossinnen und Genossen

 

betreffend Konjunkturpaket zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung

 

Seit Dezember 2017 spiegelt sich in den Prognosen wider, dass der Wirtschaftsaufschwung abflauen wird. In der WIFO-Konjunkturprognose vom 29. März 2019 wurde das prognostizierte Wirtschaftswachstum Österreichs für das Jahr 2019 bereits auf 1,7 Prozent nach unten korrigiert. Im März 2018 war man noch von einem Wirtschaftswachstum von +2,2 Prozent für 2019 ausgegangen. Damit wird auch der Rückgang der Arbeitslosigkeit vorerst ein Ende finden. Am 4. Oktober bestätigte das WIFO seine Wachstumsaussicht von 1,7 Prozent für 2019 und sah gleichzeitig für 2020 nur noch ein Wachstum von 1,4%. Damit wird die Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 erstmals seit vielen Jahren wieder steigen (von 7,4 auf 7,5 Prozent). Das bedeutet, dass beinahe 400.000 Personen von Arbeitslosigkeit betroffen sein werden. Das entspricht der doppelten Zahl der EinwohnerInnen von Linz. Nationale wie internationale Expertinnen und Experten empfehlen, heute schon Vorbereitungen zu treffen, um dem abflauenden Wirtschaftswachstum entgegenzuwirken. Die türkis-blaue Bundesregierung hat bis zur Abwahl im Parlament keine vorbereitenden Maßnahmen getroffen. Die Entwicklung wurde verschlafen.

Arbeitslosigkeit ist die gefährlichste Folge des Wirtschaftsabschwungs. Arbeitslosigkeit kann bei den Betroffenen langanhaltende Einkommensverluste bewirken. Außerdem führt Arbeitslosigkeit oft zum Verlust von Qualifikationen und es besteht die Gefahr, dass sie sich zu Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt. Arbeitslosigkeit raubt den Unternehmen Arbeitskräftepotenzial und bringt erhebliche Kosten für den Staatshaushalt vor allem durch entgangene Abgabeneinnahmen mit sich.

Österreich muss sich rasch auf das abflauende Wirtschaftswachstum vorbereiten. Diesen Appell richten auch nationale und internationale Expertinnen und Experten an die europäischen Regierungen. Ein solcher Appell ist auch bereits durch die OECD erfolgt.

Paket zur Stärkung von Wirtschaft und Beschäftigung

Es muss oberste Priorität haben, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die Menschen in diesem Land in Beschäftigung zu halten bzw. zu bringen. Wir schlagen daher ein Konjunkturpaket zur Stärkung von Wirtschaft und Beschäftigung vor. Diese beinhaltet folgenden Punkte.

1.      Konsum stärken und Steuerreform für kleine und mittlere Einkommen vorziehen: Eine Senkung der Lohnsteuer stärkt den Konsum: Der erste Hebel um die Konjunktur in Schwung zu bringen, ist die Senkung der Lohnsteuer für kleine und mittlere Einkommen. Zwar wurde ein SV-Bonus zur Stärkung der kleinen und mittleren Einkommen beschlossen, für die ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen greift diese Maßnahme allerdings erst 2021 und damit viel zu spät. Der SV-Bonus soll, wie von der SPÖ bereits vorgeschlagen, für alle schon ab 1.1.2020 greifen. Zusätzlich sollte man die Tarifsenkung für die Lohn- und Einkommenssteuer ebenso auf 2020 vorziehen. Die SPÖ schlägt hier vor, die ersten 1.700 Euro (Brutto pro Monat) komplett steuerfrei zu stellen.

 

2.      Investitionen stärken: Im Konjunkturabschwung halten sich Unternehmen mit Investitionen zurück. Dies führt zu einem (weiteren) Rückgang des Wirtschaftswachstums. Damit die Unternehmen wieder mehr investieren, müssen Anreize geschaffen werden. Wenn die Unternehmen steuerliche Anreize für Investitionen bekommen – wie eine vorzeitige Abschreibung – dann werden Investitionen vorgezogen. Dies führt zu mehr Beschäftigung und damit wieder zu mehr Wirtschaftswachstum. Aber auch der Staat muss durch gezielte öffentliche Investitionen dem drohenden Abschwung entgegenwirken.

a.      Vorzeitige Abschreibung als Investitionsanreiz: Einführung einer zeitlich begrenzten vorzeitigen Abschreibung – also steuerliche Anreize für Investitionen für Unternehmen, sodass Investitionen vorgezogen werden. Das stärkt die Industrie und belastet das Budget mittelfristig zudem nicht.

b.      Wohnbauinvestitionen stärken: Der Bund soll über Zweckzuschüsse für die Schaffung von gemeinnützigen Wohnraum die Wohnbauinvestitionen ankurbeln. Über ein staatlich behaftetes, zinsenloses Darlehen für jene Haushalte, die sich Dämmung oder Heizungstausch nicht leistet können, soll die thermische Sanierung gefördert werden. Bei einer bestimmten CO2-Verbrauchsminderung genügt die Einreichung des Kostenvoranschlags von Baumeister oder Installateur, worauf die öffentliche Haftung für diesen Kredit genehmigt wird und die Sanierung beginnen kann. Der Fokus soll insbesondere auf mehrgeschossigen Gebäuden liegen.

    1. Öffentliche Investitionen in den Klimaschutz:  Aufgrund des Verfehlens der Klimaziele drohen Österreich Strafzahlungen in Höhe von zumindest 6,6 Milliarden Euro. Wir schlagen eine jährliche zusätzliche Klimaschutzmilliarde vor, um diese Strafzahlungen zu vermeiden. Mit der Klimaschutzmilliarde sollen Investitionen in den Klimaschutz unterstützt werden: das Geld soll u.a. in die Verbesserung des Öffentlichen Verkehrs (z.B.: 1-2-3-Ticket und attraktive Verbindungen), Energieforschung und Thermische Sanierung fließen. In diesem Kontext sollte Nachhaltigkeit als Vergabekriterium bei öffentlichen Ausschreibungen berücksichtigt und z.B. anhand der CO2 Bilanz gemessen werden. Dadurch würden beispielsweise regionale KMUs aufgrund der kürzeren Anlieferungswege profitieren.

3.      Beschäftigung stärken: Das WIFO hat festgestellt, dass uns bis 2030 rund 25.000 Pflegekräfte fehlen werden. Eine Investition in FacharbeiterInnenausbildung rentiert sich daher doppelt. Kurzfristig kommen Menschen in Schulungsmaßnahmen, mittel- bis langfristig mildern wir dadurch das Pflegeproblem. Die älteren Arbeitslosen sind derzeit die einzige Gruppe am Arbeitsmarkt, die nicht vom Wirtschaftsaufschwung profitieren kann. Laut einer IFES-Studie war für 85 bis 90 Prozent der älteren Langzeitarbeitslosen die „Aktion 20.000“ die einzige Chance, wieder einer geregelten Beschäftigung nachzugehen. Der vorzeitige Stopp der „Aktion 20.000“ verhinderte, dass allein in Wien 6.906 Langzeitarbeitslose über 50 eine Beschäftigung bekommen.

a.      Qualifizierungsoffensive: Ein „Qualifizierungsgeld Neu“ soll allen Personen über 25 Jahre, die beruflichen Neuorientierungs- oder grundlegenden Weiterbildungsbedarf haben, eine Weiterbildung ermöglichen. Es soll mit Rechtsanspruch ausgestattet sein und auch gegenüber dem Arbeitgeber sollen Beschäftigte, die das Qualifizierungsgeld nutzen wollen, eine Freistellung für die Ausbildung analog zur Elternteilzeit durchsetzen können. Mit dem neuen Qualifizierungsgeld sollen schrittweise die bisherigen Instrumente Bildungskarenz, Bildungsteilzeit und Fachkräftestipendium ersetzt werden.

b.      Aktion 20.000 wiedereinführen und ausrollen: Die türkis-blaue Bundesregierung hat mit dem vorzeitigen Stopp der „Aktion 20.000“ tausenden älteren Arbeitslosen die Tür vor der Nase zugeknallt. Im freien Spiel der Kräfte wurde eine Art „Aktion 20.000 light“ eingeführt. Diese wird aber vermutlich nicht ausreichen, um den Anstieg der Arbeitslosigkeit in dem Segment der älteren Arbeitslosen einzubremsen. Hier müssen weitere Schritte und ein Ausbau mit österreichweiter Ausrollung folgen.  

c.       Mehr LehrerInnen und Unterstützungspersonal an den Schulen: Gerade an Schulstandorten, wo die Herausforderungen besonders groß sind, bräuchte es dringend mehr Personal. Leider wurden die Mittel für Integration und Unterstützungspersonal – etwa für SozialarbeiterInnen und SchulpsychologInnen – von der türkis-blauen Bundesregierung gestrichen. Daher braucht es dringend wieder mehr Mittel für Unterstützungspersonal und Lehrerinnen und Lehrer.

 

Der Konjunkturabschwung wartet weder auf den Abschluss von Koalitionsverhandlungen noch auf eine neue Bundesregierung in Österreich. Es muss rasch gehandelt und Maßnahmen zur Gegensteuerung vorbereitet werden.

 

Aus diesem Grund stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

 

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung möge bis Jänner 2020 dem Nationalrat ein Konjunkturpaket vorlegen, das geeignet ist, für 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze zu sorgen und so die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Dies beinhaltet Maßnahmen um den Konsum anzukurbeln (Vorziehen der Steuerreform und Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen), die Investitionen zu stärken (z.B.: vorzeitige Abschreibung als Investitionsanreiz für Unternehmen, Wohnbauinvestitionen, öffentliche Investitionen in den Klimaschutz) sowie neue Arbeitsplätze zu schaffen (Qualifizierungsoffensive, Wiedereinführung und Ausbau der Aktion 20.000). Die Bundesregierung wird aufgefordert dies unter Einbindung der Sozialpartner zu erarbeiten. “

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisung an den Budgetausschuss