109/A XXVII. GP

Eingebracht am 26.11.2019
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Antrag


der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Harald Stefan, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 (StPO) geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 (StPO) geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 105/2019, wird wie folgt geändert:

 

1. In § 157 Abs. 1 wird in Z 5 am Ende der Punkt durch einen Beistrich ersetzt sowie folgende Z 6 eingefügt:

"6. Mitglieder des Nationalrates, Mitglieder des Bundesrates, Angestellte der parlamentarischen Klubs, den parlamentarischen Klubs gemäß Art. 30 Abs. 5 B-VG zugewiesene Bedienstete der Parlamentsdirektion und parlamentarische Mitarbeiter im Sinne des Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes (ParlMG), BGBl. Nr. 288/1992, über Fragen, welche die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Informationen und Unterlagen betreffen oder die sich auf Mitteilungen beziehen, die ihnen im Hinblick auf ihre parlamentarische Tätigkeit gemacht wurden."

2. In § 157 Abs. 2 wird im ersten Halbsatz des ersten Satzes der Verweis "Abs. 1 Z 2 bis 5" durch den Verweis "Abs. 1 Z 2 bis 6" ersetzt.

 

Begründung

Parlamentarischer Quellenschutz

Die Kontrolle von Regierung und Verwaltung gehört zum Kernbereich der parlamentarischen Aufgaben. Die Bundesverfassung etabliert einen spezifischen Kontrollzusammenhang zwischen Nationalrat und Bundesregierung als zentrales Bindeglied zwischen Gewaltenteilung und Demokratieprinzip. Diese Kontrollfunktion wird von den einzelnen Abgeordneten der gesetzgebenden Körperschaften ausgeübt und zählt zu den elementaren Wesensmerkmalen eines parlamentarischen Regierungssystems.

Zur Ausübung der parlamentarischen Kontrollbefugnisse, die durch die einzelnen Kontrollinstrumente des B-VG bzw. GOG-NR vorgegeben sind, sind Abgeordnete unter anderem darauf angewiesen, vertrauliche Informationen von Bürger_innen oder Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu verarbeiten und zum Gegenstand ihrer parlamentarischen Tätigkeit zu machen. Die Kommunikationsbeziehung zwischen Abgeordneten und Bürger_innen bedarf daher eines besonderen Schutzes. Dies ist auch Ausfluss des in Art 56 Abs 1 B-VG verankerten freien Mandats, wonach die gewählten Abgeordneten als Vertreter_innen des gesamten Volkes nur ihrem Gewissen verantwortlich sind.

Bürger_innen müssen sich darauf verlassen können, dass sie sich vertrauensvoll an Abgeordnete wenden können, um Missstände in der Verwaltung aufzuzeigen, ohne befürchten zu müssen, dass ihre Identität aufgedeckt wird. Daher ist es notwendig, den Schutz der ungestörten Kommunikation zwischen Abgeordneten und Bürger_innen frei von exekutiver Beobachtung durch ein gesetzliches Aussageverweigerungsrecht abzusichern. Der durch vorliegenden Antrag vorgeschlagene parlamentarische Quellenschutz ist dem Redaktionsgeheimnis nachgebildet, das journalistische Quellen schützt. Denn den freien Medien und deren kritischer Berichterstattung kommt in Demokratien ebenfalls eine unverzichtbare öffentliche Kontrollfunktion zu. Daher ist auch das Vertrauensverhältnis zwischen Medienvertreter_innen und deren Informant_innen verfassungsgesetzlich in Art 10 EMRK sowie durch das Redaktionsgeheimnis in § 31 MedienG besonders geschützt.

In formeller Hinsicht wird verlangt‚ eine erste Lesung innerhalb von drei Monaten durchzuführen. Weiters wird vorgeschlagen‚ den Antrag dem Justizausschuss zuzuweisen.