119/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 11.12.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend diskriminierungsfreie Blutspende

 

Blutspenden helfen in Notfällen, Leben zu retten und dienen häufig dazu, lebenswichtige Arzneimittel herzustellen. Regelmäßig rufen das österreichische Rote Kreuz oder andere Blutspendeorganisationen dazu auf, Blut zu spenden, weil Blutkonserven knapp werden. Die Nachfrage für lebensrettende Blutspenden ist sehr hoch, Österreich braucht lt. Angaben des Roten Kreuzes jährlich rund 350.000 Blutkonserven. Trotz des immensen Bedarfs schließt man Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), nach wie vor vom Blutspenden aus (bzw. gilt für sie eine "Rückstellung"), weil man ihnen aufgrund diskriminierender Fragen in einem Anamnesebogen vor der Blutspende sexuelles Risikoverhalten - allein aufgrund der Tatsache ihrer sexuellen Orientierung - attestiert. 

Die Eignung potenzieller Spender_innen wird vor der Blutspende unter anderem mittels Anamnesebogen überprüft. Dieser Anamnesebogen enthält unter anderem die Frage, ob Spender innerhalb der letzten zwölf Monate Sex mit Männern hatten. Wird diese Frage mit Ja beantwortet, werden MSM für zwölf Monate gesperrt. Auch Frauen, die Sex mit MSM hatten, werden von der Blutspende ausgeschlossen.

Rechtliche Basis für dieses Vorgehen ist die Blutspendeverordnung (BSV). Diese sieht gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 lit. s einen dauernden Ausschluss von Personen vor, bei denen dauerndes Risikoverhalten für eine Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere mit HIV oder HBV, als Risikofaktor anamnestisch festgestellt wird. Als zeitlich begrenzter Ausschlussgrund (Rückstellung) wird in § 6 Abs. 2 Z 15 der BSV normiert, dass nach ärztlicher Beurteilung Personen, die sich einem Risiko für eine Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere mit HIV und HBV, ausgesetzt haben, für die Dauer von zwölf Monaten ab diesem Ereignis auszuschließen sind. 

Sich auf die geltende Rechtslage in Österreich berufend, hält das BMASGK in einer Anfragebeantwortung (652/AB, XXVI GP.) fest:

"Ein genereller Ausschluss homosexueller Männer von der Blutspende ist daher weder durch die geltende Rechtslage in Österreich begründet noch durch eine geltende rechtliche EU Bestimmung, sondern beruht auf der Auslegung und Umsetzung der rechtlichen Bestimmungen durch die jeweilige Blutspendeeinrichtung. Andererseits muss festgehalten werden, dass die Verantwortung und die Haftung für die einwandfreie Beschaffenheit des Arzneimittels Blut und Blutbestandteile in vollem Umfang beim Hersteller, d.h. bei der Blutspendeeinrichtung, liegt." 

Natürlich müssen Blutspendeeinrichtungen sorgfältig überprüfen, ob das gespendete Blut nicht gesundheitsgefährdend für Empfänger_innen ist. Die Überprüfung der Eignung für eine Blutspende muss aber vom tatsächlichen sexuellen Risikoverhalten ausgehen - nicht von der pauschalen Unterstellung eines solchen für eine Personengruppe - nämlich MSM. Diese ist klar diskriminierend. 

In Folge einer Novelle des Blutsicherheitsgesetzes wurde am 3.12.2019 die Blutspendeverordnung geändert. § 2 Abs 3 legt nunmehr fest, dass "die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung von Spendern (...) auf Grundlage eines standardisierten Algorithmus" durch eine/n Arzt/Ärztin oder anderes qualifiziertes medizinisches Personal durchgeführt werden muss. Der standardisierte Anamnesebogen und der dazugehörige Algorithmus wurden dabei von der Blutkommission erarbeitet, die Empfehlungen [1] dieser können sich laufend ändern.

Im Zuge der Erstellung des standardisierten Anamnesebogens wurden auch die Fragen hinsichtlich sexuellen Risikoverhaltens überarbeitet. Die Fragen und die Einschätzung der Antworten aufgrund des Algorithmus (BMASGK: "Standardisierte Algorithmen und Fragen eines standardisierten Anamnesebogens - Empfehlungen für mobile Blutspendeeinrichtungen", S. 8 und S. 38) lauten nun wie folgt: 

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Nach wie vor werden MSM von einer Blutspende ausgeschlossen bzw. rückgestellt. Diese Diskriminierung ist untragbar. Dessen war sich im Übrigen auch schon der ehemalige Gesundheitsminister Alois Stöger bewusst, der für eine Umformulierung der Fragestellungen im Fragebogen plädierte und vorschlug, die Blutspenderverordnung zu ändern (siehe Anfragebeantwortung 5879/AB, XXIV. GP): 

"Um den Anliegen homosexueller Männer nach Nicht-Diskriminierung Rechnung zu tragen, habe ich einen Begutachtungsentwurf zur Änderung der Blutspenderverordnung in Auftrag gegeben. In diesem Entwurf ist vorgesehen, dass die Blutspenderverordnung um einen §3a erweitert werden soll, der wie folgt lautet:  §3a. Bei der Befragung des Spenders zu seinem Gesundheitszustand und dessen Dokumentation sowie der diesbezüglichen Aufklärung und Information dürfen keine diskriminierenden Formulierungen verwendet werden." 

Umgesetzt wurde eine solche Bestimmung nie. Die damalige SPÖ-Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser hat in weiteren Anfragebeantwortungen angegeben, die Blutkommission zu beauftragen, sich mit der Thematik des Ausschlusses/der Rückstellung von MSM zu beschäftigen. Entsprechende Arbeiten, die in der Blutkommission dazu stattgefunden haben, dürften augenscheinlich keine Berücksichtigung in den aktuellen Empfehlungen bzgl. eines standardisierten Fragebogens und des Algorithmus gefunden haben.

Eine weitere Überarbeitung dessen ist angesichts der Tatsache, dass der Anamnesebogen weiterhin Fragen enthält, die den Sexualverkehr mit homosexuellen Männern als Risikoverhalten einstufen, nach wie vor dringend notwendig. 

[1] https://www.sozialministerium.at/cms/site/attachments/2/5/8/CH4027/CMS1575369474741/empfehlungen_fragen_algorithmen_fuer_mobile_blutspendeeinrichtungen.pdf

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die diskriminierungsfreie Blutspende zu ermöglichen. Dazu kann nach § 3 BSV eine Formulierung, angelehnt an die im Jahr 2010 vorgeschlagene Bestimmung, eingefügt werden: § 3a. Bei der Befragung des Spenders zu seinem Gesundheitszustand und dessen Dokumentation sowie der diesbezüglichen Aufklärung und Information dürfen keine diskriminierenden Formulierungen verwendet werden." Außerdem soll der standardisierte Anamnesebogen (Empfehlung der Blutkommission vom 3.12.2019) von der Blutkommission so überarbeitet werden, dass eine Diskriminierung von MSM ausgeschlossen ist."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.