213/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 22.01.2020
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Entschließungsantrag

 

der Abg. KO Herbert Kickl, Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend Ausführungsgesetze zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und Adaptierung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes

 

Die Schluss- und Übergangsbestimmungen des Sozialhilfe-Grundsatzgesetz enthalten in § 10

folgende Regelungen:

 

§ 10. (1) Mit der Wahrnehmung der Rechte des Bundes gemäß Art. 15 Abs. 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes ist die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler betraut.

(2) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juni 2019 in Kraft. Ausführungsgesetze sind innerhalb von sieben Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu erlassen und in Kraft zu setzen.

(3) Ausführungsgesetze haben angemessene Übergangsbestimmungen vorzusehen, um eine allgemeine Überführung sämtlicher Ansprüche von Personen, die Leistungen aus einer bedarfsorientierten Mindestsicherung oder sonstiger Leistungen der Sozialhilfe aufgrund früherer landesgesetzlicher Bestimmungen bezogen haben, in den neuen Rechtsrahmen innerhalb eines Übergangszeitraums, der spätestens mit 1. Juni 2021 endet, zu gewährleisten. Durch gesetzliche Übergangsbestimmungen ist sicherzustellen, dass bestehende behördliche Rechtsakte oder privatrechtliche Vereinbarungen über die Zuerkennung von Leistungen einer bedarfsorientierten Mindestsicherung oder sonstiger Leistungen der Sozialhilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes, die aufgrund der früheren Rechtslage erlassen wurden, außer Kraft treten und die Anspruchsvoraussetzungen gegenüber bisherigen Leistungsempfängern nach Maßgabe der neuen Rechtslage geprüft werden, um sämtliche Leistungen bis zum Ablauf des Übergangszeitraums an den Rahmen dieses Bundesgesetzes und der Ausführungsgesetze anzupassen.


Art 15 Abs 8 Bundes-Verfassungsgesetz lautet folgendermaßen:

(8) In den Angelegenheiten, die nach Art. 11 und 12 der Bundesgesetzgebung vorbehalten sind, steht dem Bund das Recht zu, die Einhaltung der von ihm erlassenen Vorschriften wahrzunehmen.

Einzelne Bundesländer, wie insbesondere das rot-grün regierte Bundesland Wien haben die Nichtumsetzung der Bestimmungen des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes seit dessen Inkrafttreten damit begründet, dass man ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu diesem Gesetz abwarten müsse, und erst dann eine Ausführungsgesetzgebung entsprechende umsetzen werden.

Im diesbezüglichen VfGH-Erkenntnis vom Dezember 2019 wurden lediglich drei von dreizehn angefochtenen Gesetzespassagen teilweise aufgehoben. Alle anderen 10 angefochtenen Gesetzespassagen und insbesondere auch die nicht angefochtenen Gesetzespassagen blieben durch den VfGH in seinem Erkenntnis ausdrücklich unangetastet und damit weiterhin in Kraft.

Zum VfGH-Erkenntnis (G 164/2019) ist inhaltlich darüber hinaus folgendes anzuführen:

1.    Der VfGH widerspricht sich selbst. Noch vor einem Jahr wurde zur oberösterreichischen Mindestsicherung (VfGH 11.12.2018, G 156/2018 ua) eine funktionsgleiche degressive Staffelung von Sozialleistungen bei einer hohen Kinderanzahl, die ja zusätzlich zur ohnehin bestehenden Familienbeihilfe ausbezahlt werden, als zulässig anerkannt.

2.    Der VfGH negiert den klaren sachlichen Zusammenhang zwischen Spracherwerb und Berufsqualifikation. Das ist eine weltfremde Botschaft aus dem Elfenbeinturm.

3.    Für die aufgehobenen Regelungen können funktionsgleiche Ersatzregelungen getroffen werden, die den Spruch des VfGH berücksichtigen.

 

Das SH-GG ist ein Auftrag an die Landesgesetzgebung. Demzufolge werden Oberösterreich und Niederösterreich ihre bereits erlassenen Ausführungsgesetze in puncto „Kinderzuschläge“ und „Arbeitsqualifizierungsbonus“ anzupassen haben, wobei eine Ersatzregelung in Bezug auf die Kinderzuschläge relativ leicht umzusetzen ist. Sämtliche anderen Bundesländer sind und bleiben aber verpflichtet, alle übrigen Regelungen des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes durch Ausführungsgesetze umzusetzen.

Zahlreiche Regelungen des SH-GG, die der ÖVP/FPÖ-Bundesregierung im Gesetzwerdungsprozess ein Anliegen waren, wurden gar nicht angefochten, darunter etwa:

Darüber hinaus sind die vor dem VfGH angefochtenen, aber verfassungskonformen Regelungen des SH-GG anzuführen:

 


Für die durch den VfGH beanstandeten und aufgehobenen Regelungen im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz bestehen auf der Ebene der Bundesgesetzgebung ebenfalls rasch umsetzende Varianten einer verfassungskonformen Sanierung:

Die degressive Staffelung für Kinderzuschläge: Eine mögliche jedenfalls verfassungskonforme Variante ist bereits vorgezeichnet: Da die von den Anfechtungswerbern behauptete Überdeterminierung des Grundsatzgesetzes letztlich in keinem Punkt beanstandet wurde, dürfte wohl auch die vollinhaltliche Übernahme der Haushaltsdeckelregelung des Oö. MSG nicht zu beanstanden sein. Ebenso könnte etwa ein einheitlicher prozentueller Zuschlag pro Kind vorgesehen werden.

Arbeitsqualifizierungsbonus:  Eine mögliche jedenfalls verfassungskonforme Variante könnte darin bestehen, dass die Pflichten nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) und/oder dem Integrationsgesetz (IntG) weiter präzisiert und engmaschig verschärft werden, sodass im Ergebnis nur jene Asylberechtigten eine volle Leistungshöhe beanspruchen können, die Vollzeit mit der Verbesserung ihrer Sprachkenntnisse bzw. weiterer Arbeitsqualifizierung beschäftigt sind. Ebenso ist es durchaus denkbar, für die Inanspruchnahme von ÖIF-Kursangeboten des Staates einen direkten Selbstbehalt vorzusehen.

§ 1 Abs. 1 Sozialhilfe-Statistikgesetz: Dieses technische Detail ist durch die geforderte nähere Konkretisierung problemlos zu reparieren. Eine Reparatur könnte aber entbehrlich sein, da die Länder ohnehin in ihren Ausführungsgesetzen entsprechende Verpflichtungen zur zwischenbehördlichen Datenweitergabe vorzusehen haben (§ 8 SH-GG).

 

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und der Bundeskanzler werden ersucht, mit den einzelnen Landesregierungen unverzüglich Kontakt aufzunehmen, und diese auf die unverzügliche Umsetzung des § 10 des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in allen nicht durch das VfGH-Erkenntnis (G 164/2019) hinzuweisen und deren Einhaltung einzumahnen.

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird ersucht, bei der durch den VfGH beanstandeten degressiven Staffelung für Kinderzuschläge, dem Arbeitsqualifizierungsbonus und der Sozialhilfe-Statistik einer der ständigen Spruchpraxis des VfGH entsprechende verfassungskonforme Gesetzesnovelle dem Nationalrat zuzuleiten.

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuzuweisen.