275/A XXVII. GP

Eingebracht am 22.01.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Ulrike Fischer,

Dr. Nikolaus Scherak

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz – EBIG geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung von Europäischen Bürgerinitiativen (Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz – EBIG), BGBl. I Nr. 12/2012, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2018, geändert wird

 

1. Im Inhaltsverzeichnis wird beim § 2 der Begriff „Online-Sammelsysteme“ durch die Wortfolge „Individuelle Online-Sammelsysteme“ ersetzt.

 

2. Im Inhaltsverzeichnis wird beim § 10 das Wort „Inkrafttreten“ durch die Wortfolge „Inkrafttreten und Außerkrafttreten“ ersetzt.

 

3. § 1 lautet:

 

„§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz dient der Durchführung der Verordnung (EU) 2019/788 über die Europäische Bürgerinitiative, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 130/55 vom 17. Mai 2019 S. 55.

 

(2) Im Sinn dieses Bundesgesetzes bedeutet:

 

1. „Kommission“: Europäische Kommission;

 

2. „Verordnung“: Verordnung (EU) 2019/788 über die Europäische Bürgerinitiative, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 130/55 vom 17. Mai 2019 S. 55;

 

3. „Durchführungsverordnung“: Durchführungsverordnung (EU) 2019/1799 zur Festlegung der technischen Spezifikationen für individuelle Online-Sammelsysteme gemäß der Verordnung (EU) 2019/788 über die Europäische Bürgerinitiative, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 247/3 vom 28. Oktober 2019 S. 3;

4. „Bürgerinitiative“: „Europäische Bürgerinitiative“ oder „Initiative“ gemäß Art. 1 der Verordnung (EU) 2019/788;

 

5. „Organisatorengruppe“: „Organisatorengruppe“ gemäß Art. 5 der Verordnung (EU) 2019/788;

 

6. „Registrierung“: „Registrierung“ gemäß Art. 6 der Verordnung (EU) 2019/788;

 

7. „Unterstützungsbekundung“: „Unterstützungsbekundung“ im Sinn der Verordnung (EU) 2019/788;

 

8. „Zentrales Online-Sammelsystem“: „Online-Sammelsysteme“ gemäß Art. 10 der Verordnung (EU) 2019/788;

 

9. „Individuelle Online-Sammelsysteme“: „Individuelle Online-Sammelsysteme“ gemäß Art. 11 der Verordnung (EU) 2019/788;

 

10. „Mitgliedstaat“: jeder Staat, der Vertragspartei des Vertrages über die Europäische Union ist.“

 

4. In der Überschrift des § 2 wird der Begriff „Online-Sammelsysteme“ durch die Wortfolge „Individuelle Online-Sammelsysteme“ ersetzt.

 

5. § 2 Abs. 1, 2, 3 und 4 lauten:

 

„(1) Eine Organisatorengruppe, die beabsichtigt, Unterstützungsbekundungen zu einer Bürgerinitiative mittels eines individuellen Online-Sammelsystems zu sammeln und mit diesem in Österreich zu speichern, hat bei der Bundeswahlbehörde die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß Art. 11 Abs. 3 der Verordnung zu beantragen.

(2) Zu diesem Zweck hat die Organisatorengruppe der Bundeswahlbehörde ein Online-Sammelsystem in elektronischer Form samt den erforderlichen Nachweisen, insbesondere technischen Spezifikationen, Betriebs- und Sicherheitskonzepten, vorzulegen, damit die Bundeswahlbehörde überprüfen kann, ob das Online-Sammelsystem den von der Kommission gemäß Art. 11 Abs. 5 der Verordnung verabschiedeten technischen Spezifikationen für die Umsetzung von Art. 11 Abs. 4 der Verordnung entspricht.

 

(3) Für ein vorgelegtes Online-Sammelsystem, das den Voraussetzungen des Abs. 2 entspricht, hat die Bundeswahlbehörde innerhalb von einem Monat ab der Antragstellung gemäß Abs. 1 eine Bescheinigung gemäß Art. 11 Abs. 3 der Verordnung auszustellen, wenn eine Überprüfung des Online-Sammelsystems ergeben hat, dass dieses die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 4 der Verordnung erfüllt.

 

(4) Zum Zweck der Überprüfung gemäß Abs. 2 hat sich die Bundeswahlbehörde einer Bestätigungsstelle gemäß § 7 des Signatur- und Vertrauensdienstegesetzes – SVG, BGBl. I Nr. 50/2016, zu bedienen, die die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 4 der Verordnung und die Einhaltung der relevanten Normen gemäß der Durchführungsverordnung zu prüfen hat. Soweit erforderlich, hat die Organisatorengruppe technische Gutachten und Zertifizierungen von technischen Komponenten vorzulegen.“

 

6. § 3 Abs. 1, 2 und 3 lauten:

 

„(1) Die Organisatorengruppe kann der Bundeswahlbehörde nach Maßgabe der Frist gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung die für eine Bürgerinitiative gesammelten Unterstützungsbekundungen österreichischer Staatsbürger in Papierform oder online unter Beifügung des Formulars gemäß Anhang V zur Verordnung zur Überprüfung vorlegen und die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß Art. 12 Abs. 5 der Verordnung beantragen. Die Vorlage der Unterstützungsbekundungen hat zu entfallen, wenn die Organisatorengruppe diese entsprechend Art. 12 Abs. 3 der Verordnung hochgeladen hat und die Kommission die Unterstützungsbekundungen der Bundeswahlbehörde übermittelt hat, nachdem die Organisatorengruppe das Formular laut Anhang V der Verordnung der Bundeswahlbehörde vorgelegt hat.

 

(2) Die Bundeswahlbehörde hat die Namen der Personen, die eine gemäß Abs. 1 übermittelte Unterstützungsbekundung unterschrieben oder online vorgenommen haben, ohne unnötigen Aufschub anhand der zentralen Evidenz gemäß § 22b des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839/1992 oder anhand des Zentralen Wählerregisters – ZeWaeR (§ 4 Abs. 1 des Wählerevidenzgesetzes 2018 – WEviG, BGBl. I Nr. 106/2016) auf ihre Identität zu überprüfen und die Namen der überprüften Personen zum Zweck der Vermeidung von Doppelbekundungen in einem Dateisystem zu erfassen.

 

(3) Die Überprüfung von Unterstützungsbekundungen hat zu unterbleiben, wenn

 

1. die Kommission die Registrierung der Bürgerinitiative nicht veröffentlicht hat,

 

2. die Mindestzahl der Unterzeichner gemäß Art. 3 der Verordnung offenkundig nicht erreicht wurde,

 

3. die Unterstützungsbekundungen nicht rechtzeitig vorgelegt worden sind,

 

4. die Unterstützungsbekundungen auf anderen als den nach Anhang III zur Verordnung vorgesehenen Formularen vorgenommen worden sind,

 

5. nicht das Formular gemäß Anhang V zur Verordnung vorgelegt worden ist,

 

6. elektronisch gesammelte Unterstützungsbekundungen offenkundig nicht mit dem Zentralen Online-Sammelsystem oder einem individuellen Onlinesystem gesammelt worden sind oder

 

7. die Unterstützungsbekundungen mit einem Online-Sammelsystem gesammelt worden sind, für das keine Bescheinigung gemäß Art. 11 Abs. 3 der Verordnung ausgestellt worden ist.“

 

7. § 3 Abs. 5 Z 3 lautet:

 

„3. die Unterstützungsbekundungen nicht in Entsprechung der Frist gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung gesammelt worden sind,“

 

8. In § 3 Abs. 6 und Abs. 7 wird jeweils die Wortfolge „Art. 8 Abs. 2“ durch die Wortfolge „Art. 12 Abs. 5“ ersetzt.

 

9. In § 4 Abs. 1 wird die Wortfolge „einem Organisator“ durch die Wortfolge „einer Organisatorengruppe“ ersetzt.

 

10. § 5 Abs. 1 lautet:

 

„(1) Eine für die Organisatorengruppe handelnde Person begeht, sofern das Verhalten nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, in Österreich eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 3 600 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wenn sie entgegen der Verordnung falsche Erklärungen abgibt (Art. 5 Abs. 6 lit. a der Verordnung), indem sie

 

1. beim Sammeln von Unterstützungsbekundungen in Österreich die Formulare gemäß Anhang III zur Verordnung nicht entsprechend Art. 9 Abs. 2 der Verordnung ausfüllt,

 

2. bei Vorlage der Nachweise zum Online-Sammelsystem (§ 2 Abs. 2) falsche Angaben zu den mit der Durchführungsverordnung verabschiedeten technischen Spezifikationen macht oder

 

3. bei Vorlage von Unterstützungsbekundungen gemäß § 3 Abs. 1 auf dem Formular gemäß Anhang V zur Verordnung falsche Angaben macht.“

 

11. In § 6 wird die Wortfolge „gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung angemeldet worden ist“ durch die Wortfolge „gemäß Art. 6 der Verordnung registriert worden ist“ ersetzt.

 

12. In der Überschrift zu § 10 wird das Wort „Inkrafttreten“ durch die Wortfolge „Inkrafttreten und Außerkrafttreten“ ersetzt.

 

13. § 10 wird folgender Abs. 5 angefügt:

 

„(5) Im Inhaltsverzeichnis die Wortfolge „Individuelle Online-Sammelsysteme“ in § 2 und die Wortfolge „Inkrafttreten und Außerkrafttreten“ in § 10, § 1, die Wortfolge „Individuelle Online-Sammelsysteme“ in der Überschrift zu § 2, §§ 2 Abs. 1,2, 3 und 4, 3 Abs. 1, 2, 3, 5 Z 3 und die Wortfolge „Art. 12 Abs. 5“ in Abs. 6 und Abs. 7, die Wortfolge „von einer Organisatorengruppe“ in § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, die Wortfolge „gemäß Art. 6 der Verordnung registriert worden ist“ in § 6, die Wortfolge „Inkrafttreten und Außerkrafttreten“ in der Überschrift zu § 10 und Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/20XX treten mit XX. XXXX 20XX in Kraft. § 2 tritt mit 31. März 2024 außer Kraft.“

 

 

 

 

Begründung

 

Die Verordnung (EU) Nr. 211/2011 über die Bürgerinitiative wurde im Jahr 2019 durch eine neue Verordnung, die Verordnung (EU) 2019/788 über die Europäische Bürgerinitiative, ersetzt, die jedoch auf dem bisherigen Regelwerk basiert und dadurch de facto eher einer Novellierung gleichkommt. Dieser „Novellierung“ waren Initiativen mehrerer Mitgliedsstaaten, darunter Österreich, Deutschland, Luxemburg und Finnland, vorangegangen, die in der Evaluierungsphase des Jahres 2015 auf eine Novellierung der seinerzeitigen Verordnung gedrängt haben.

 

Kernpunkt der neuen Verordnung ist eine Regelung, aufgrund welcher für jene Organisatorengruppen, die eine Europäische Bürgerinitiative angemeldet haben, in Hinkunft von der Europäischen Kommission von Amtswegen ein kostenloses Online-Sammelsystem bereitgestellt wird. Daneben enthält die neue Verordnung für Organisatorengruppen zahlreiche Erleichterungen oder Klarstellungen, etwa hinsichtlich des Fristengefüges oder der Einrichtung von nationalen Kontaktstellen. Die in der Verordnung vorgesehene Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Mindestalter für die Unterstützung einer Initiative auf 16 Jahre festsetzen können, kommt für Österreich nicht zum Tragen, da das Mindestalter zur Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Wahlen zum Europäischen Parlament ohnedies bereits bei 16 Jahren liegt.

 

Inhaltlich sind die Auswirkungen der neuen Verordnung auf das in Österreich verankerte Prozedere bei der Überprüfung von Unterstützungsbekundungen sehr gering. Dennoch wäre eine ausschließlich unmittelbare Anwendung der Verordnung ohne ein begleitendes innerstaatliches Gesetz für einen rechtskonformen Vollzug der Verordnung nicht ausreichend. Auch für die ursprüngliche Verordnung (EU) Nr. 211/2011 hatte der Gesetzgeber seinerzeit das Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz (EBIG) erlassen. Eine Novellierung des EBIG erscheint nun durch die mit der Verordnung (EU) 2019/788 sowie mit der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1799 zum Teil geänderte Terminologie sowie durch diverse Detailänderungen unabdingbar.

 

Ein zeitlicher Gleichklang zwischen dem Inkrafttreten der neuen EU-Verordnung per 1. Jänner 2020 und der gegenständlichen Novelle wäre anzustreben gewesen, ein Inkrafttreten zu einem geringfügig späteren Zeitraum hat jedoch keine Auswirkung, weil es in den ersten Monaten des Jahres 2020 denkunmöglich ist, dass Organisatorengruppen die Überprüfung von Unterstützungsbekundungen bereits nach der neuen Rechtslage bei der Bundeswahlbehörde beantragen könnten.

Aufgrund der Verordnung (EU) 2019/788 soll es in Zukunft möglich sein, Unterstützungsbekundungen online auch mit einem notifizierten elektronischen Identifizierungsmittel oder einer elektronischen Signatur im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates zu unterstützen. Da die Vergabe einer solchen Signatur in Österreich allerdings nicht zwingend an die österreichische Staatsbürgerschaft gebunden ist, soll mit dem geplanten Gesetz eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die es ermöglicht, Namen von unterstützt habenden Personen auch anhand des Zentralen Wählerregisters auf ihre Identität zu überprüfen, weil deren Daten nicht in der zentralen Evidenz gemäß § 22b des Passgesetzes 1992 erfasst sind.

 

Der vorliegende Entwurf trägt auch dem Umstand Rechnung, dass es bis Ende 2022 möglich sein soll, Unterstützungsbekundungen noch mit individuellen Online-Sammelsystemen zu sammeln und direkt der Bundeswahlbehörde vorlegen. In der Regel werden die Daten jedoch direkt von der Europäischen Kommission über die hierfür eingerichtete Datenschnittstelle übermittelt werden. Ab dem Jahr 2023 ist die Verwendung des Zentralen Online-Sammelsystems der Europäischen Kommission für Organisatorengruppen obligat, weshalb die diesbezügliche, aus dem geltenden Recht übernommene Bestimmung für die Zertifizierung eines individuellen Online-Sammelsystems dann ersatzlos entfallen kann.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, den Antrag unter Verzicht auf eine erste Lesung dem

Verfassungsausschuss zuzuweisen.