293/A XXVII. GP

Eingebracht am 27.02.2020
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Antrag

des Abgeordneten Mag. Harald Stefan,

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 (StPO) geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 (StPO) geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 105/2019, wird wie folgt geändert:

 

1.     Im §393a lauten Absatz. 1 und 2 wie folgt:

(1) Wird ein nicht lediglich auf Grund einer Privatanklage oder der Anklage eines Privatbeteiligten (§ 72) Angeklagter freigesprochen, so hat ihm der Bund auf Antrag die gesamten Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Kostenersatz umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten wirklich bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs. 2 auch die Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient. Soweit das Maß der Entlohnung des Rechtsanwalts oder sonst die Höhe der Kosten durch Tarife geregelt ist, ist der Kostenbetrag nach diesen Tarifen festzusetzen.

(2) Wird das Strafverfahren gegen einen Angeklagten nach Durchführung einer Hauptverhandlung gemäß § 227 oder nach einer gemäß den §§ 353, 362 oder 363a erfolgten Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens eingestellt, so hat ihm der Bund auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst minimal 50 v.H. jedoch maximal 75 v.H. der nötig gewesenen und vom Angeklagten wirklich bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs. 2 auch die Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient. Die Höhe des Pauschalbeitrags ist unter Bedachtnahme auf den Umfang und die Schwierigkeit der Verteidigung und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzulegen und, soweit das Maß der Entlohnung des Rechtsanwalts oder sonst die Höhe der Kosten durch Tarif geregelt ist, nach diesen Tarifen festzusetzen.

 

2.     Die Absätze 2 alt bis 6 des §393a, werden zu den Absätzen 3 bis 7.

 

 

 

 

Begründung

 

Im Sinne eines fairen Verfahren, ist es nicht tragbar, dass Angeklagte, die nach einem kostenintensiven Verfahren freigesprochen werden, auf den Verfahrens- und Verteidigungskosten, die über den derzeit geltenden maximalen Kostenersatz von bis zu 10.000 Euro hinausgehen, sitzenbleiben. Dies kommt einer entschädigungslosen Enteignung gleich. Der freigesprochene Angeklagte, der das im zustehende Recht bekommt, für welches der Staat zu garantieren hat, hat dafür nicht auch noch sein Eigentum zu opfern. In dem Wissen, dass ein Strafverfahren trotz Freispruch die wirtschaftliche Existenz kosten kann, verlässt der Staat den Weg des fairen Verfahrens und macht aus der Strafrechtspflege eine Mehrklassengerichtsbarkeit.

 

Im Zivilprozess wird dem obsiegenden Teil ein angemessener Kostenersatz gewährt. Im Strafrecht, so könnte man vermuten, deswegen nicht, weil der Staat bei einem Freispruch der Zahlungspflichtige wäre.

 

Auch wenn der Verfassungsgerichtshof es nicht so sieht, kann ein Freispruch, wenn die Verfahrens- und Anwaltskosten nicht erstattet werden, ein Verstoß gegen Art 5 StGG (Eigentumsfreiheit) und Art 1 1. Zusatzprotokoll EMRK sein.

 

Mit dieser Regelung soll auch die Diskriminierung von nicht verfahrensbeholfenen Angeklagten, bei denen die wirtschaftliche Existenz durch Nichtzahlung eines adäquaten Kostenersatzes auf dem Spiel steht, gegenüber Verfahrensbeholfenen, die keinen Beitrag zu den Verteidigungskosten leisten müssen, aufgehoben werden.

 

Als Beispiele bei denen durch überlange Verfahren, von den Staatsanwaltschaften teilweise verschuldet, wirtschaftliche, gesellschaftliche sowie familiäre Existenzen fast oder teilweise zerstört wurden, sind die Prozesse gegen Herr Martin Balluch (Tierschützer-Prozess) und gegen Herrn Werner Böhm (YLine) zu nennen.

 

Der gesellschaftliche und familiäre Schaden kann Freigesprochen nicht mehr ersetz und vom Staat nicht wiedergutgemacht werden. Der Staat ist umso mehr verpflichtet, zumindest den Vermögensschaden, der durch Verfahrens- und Verteidigungskosten entstanden ist, wieder auszugleichen.

 

Der Ersatz der Kosten soll gemäß den einschlägigen Tarif- und Honorarbestimmungen geleistet werden

 

Ähnlich verhält es sich bei Einstellungen von Verfahren.

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Justizausschuss zuzuweisen.