351/A XXVII. GP

Eingebracht am 27.02.2020
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Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957 (GebG) geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957 (GebG) geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das  Gebührengesetz 1957 (GebG), BGBl. Nr. 267/1957, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2019 , wird wie folgt geändert:

"

1.    In § 33 entfallen die Tarifposten 1-11 sowie 18-22 ersatzlos."

Begründung

Abschaffung der Rechtsgeschäftsgebühren

In kaum einem europäischen Land gibt es eine derartige Vielfalt und Höhe an Gebühren wie in Österreich. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei das österreichische Justizsystem, das die europaweit höchste Gebührenbelastung aufweist. Neben den Gerichtsgebühren treffen dabei die Rechtsgeschäftsgebühren nicht nur die eigenen Bürger_innen und deren uneingeschränkten Zugang zum Recht, sondern auch ausländische Unternehmer_innen und Investor_inen und damit den Wirtschafts- und Wettbewerbsstandort Österreich. Die Rechtsgeschäftsgebühr war ursprünglich als "Papierverbrauchssteuer" konzipiert und ist damit in einer digitalisierten Welt, zu der auch der Rechtsverkehr und die Verwaltung rechtlich relevanter Daten zählen, anachronistisch.

Rechtsgeschäftsgebühren bedeuten für sozial Schwache ein faktisches und ganz wesentliches Hindernis beim Zugang zum Recht, per se eine unverhältnismäßig hohe finanzielle Belastung jedes Rechtsgeschäfts, einen massiven Standortnachteil und nicht zuletzt einen großen Wettbewerbsnachteil für österreichische Unternehmer_innen. Wo möglich, werden schriftliche Verträge vermieden, was zu Rechtsunsicherheit und Streitfällen führt. 
Die eingehobenen Beträge stehen in keinem Verhältnis zu dem Aufwand, den die auslösenden Rechtsgeschäfte für die Justiz verursachen. Vielmehr entsteht dem Staat aus dem Abschluss eines Vertrages zwischen Privaten gar kein Aufwand, oder aber nur ein sehr geringer, der ohnehin durch andere Gebühren abgedeckt wird. Wenig nachvollziehbar ist insbesondere, warum ein außergerichtlicher Vergleich, durch den das Justizsystem eben gerade nicht belastet wird, gebührenpflichtig ist.
Auch nicht nachvollziehbar ist, dass etwa Ehepakte durch Rechtsgeschäftsgebühren als prozentualer Anteil an der vertraglich verfügten Summe belastet sind. Ehewillige, die vorausplanend einen Ehepakt errichten wollen, werden in Österreich durch eine eigene Steuer belastet. Besonders abwegig ist auch die Belastung eines außergerichtlichen Vergleichs mit Rechtsgeschäftsgebühr.

Die Belastung der österreichischen Bevölkerung durch Steuern, Abgaben und Gebühren ist hoch genug. Rechtssicherheit darf keine Frage der finanziellen Mittel sein und nicht durch eine anachronistische "Papierverbrauchssteuer" erschwert werden.

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) schließt sich dieser Forderung auch in seinem Tätigkeitsbericht 2019 an: http://www.rechtsanwaelte.at/fileadmin/user_upload/PDF/02_Kammer/Stellungnahmen/Taetigkeitsbericht/tb_2019_hp.pdf.

"Förderung der Rechtssicherheit durch Evaluierung des Gebührengesetzes

Ganz allgemein sind Gebühren, deren Höhe sich nach der Anzahl beschriebener Bögen oder Beilagen bemisst im 21. Jahrhundert entbehrlich und geradezu bürgerfeindlich.
Die Sinnhaftigkeit von Rechtsgeschäftsgebühren ist in Frage zu stellen. Es kann nicht im Interesse eines Rechtsstaates sein, dass schriftliche Vereinbarungen unterbleiben, nur weil Bürger bestrebt sind, hohe Rechtsgeschäftsgebühren zu vermeiden.

Hier treibt der Gesetzgeber die Bürger in eine gefährliche Zwickmühle. (...)

Rechtsgeschäftsgebühren wirken sich aber auch negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und des Wirtschaftsstandortes Österreich aus.
Unternehmerinnen und Unternehmer, die eine Auseinandersetzung einvernehmlich beilegen und darüber eine schriftliche Vereinbarung schließen, müssen eine 2%-ige Vergleichsgebühr
entrichten.

Unternehmerinnen und Unternehmer, die zur Betriebsansiedlung eine Gewerbefläche anmieten und darüber einen 18-jährigen Mietvertrag schließen, müssen dafür 1% des 18-fachen Jahreswertes entrichten. Kostet also die Anmietung einer Gewerbefläche € 7.000,- pro Monat, so ergibt dies eine Gebühr von € 15.120,–.

Der ÖRAK empfiehlt daher die ersatzlose Abschaffung der Rechtsgeschäftsgebühren. Sie belasten Bürger und Unternehmen über die Maßen und haben negative Auswirkungen auf die Rechtssicherheit."

Faktum ist: Im Jahr 2018 betrugen die Budgeteinnahmen aus der Vergebührung von Rechtsgeschäften in Summe 142 Mio. Euro, wovon alleine auf die Wettgebühr 45 Mio. Euro entfallen (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_00121/index.shtml). Die Wettgebühr ist daher die mit Abstand aufkommensstärkste Rechtsgeschäftsgebühr und soll deshalb beibehalten werden.

Im Übrigen betreibt die Republik, in diesem Fall das Finanzministerium, im Bereich der Gebühreneinnahmen budgetären Blindflug. Das BMF kann nämlich keine Aussage dazu treffen, in welcher Höhe Einnahmen aus den einzelnen Tarifposten der Rechtsgeschäftsgebühren generiert werden. Bis zum Beweis des Gegenteils muss davon ausgegangen werden, dass die übrigen Tarifposten nicht wesentlich zum Gebührenaufkommen im Bereich der Rechtsgeschäftsgebühren beitragen, bzw. der Verwaltungsaufwand der Finanzbehörden in diesem Bereich zu den Einnahmen außer Verhältnis steht.

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Justizausschuss zuzuweisen.