421/A XXVII. GP

Eingebracht am 22.04.2020
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Antrag

der Abgeordneten Drin Pamela Rendi-Wagner, MSc, Herbert Kickl, Maga Beate Meinl-Reisinger, MES, Kai Jan Krainer, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Dipl-Ingin Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden

 Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1
(Verfassungsbestimmung)

Das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 24/2020, wird wie folgt geändert:

In Art. 51d lautet Abs. 2:

"(2) Durch Bundesgesetz kann eine über Art. 51b Abs. 2 und 51c Abs. 3 hinausgehende Mitwirkung der Ausschüsse gemäß Abs. 1 an der Haushaltsführung vorgesehen werden."

 

Artikel 2

Das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 41/2016, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 32j wird folgender § 32k eingefügt:

§ 32k. (1) Zur Überprüfung von budgetrelevanten Maßnahmen in Zusammenhang mit der COVID19-Epidemie wählt der Budgetausschuss nach den im § 30 GOG festgesetzten Grundsätzen einen ständigen Unterausschuss (COVID19-Unterausschuss). Diesem Unterausschuss muss mindestens ein Mitglied jeder im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen Partei angehören.

(2) Die Mitglieder des ständigen Unterausschusses sind befugt, von den zuständigen Bundesministern sowie allen mit der Durchführung von COVID19-Maßnahmen betrauten Einrichtungen alle Auskünfte und Einsicht in die einschlägigen Unterlagen zu verlangen. Dies kann auch durch schriftliche Anfragen erfolgen, denen innerhalb von zehn Tagen zu entsprechen ist.

(3) Der ständige Unterausschuss kann Empfehlungen zur Durchführung der COVID19-Maßnahmen beschließen. Er kann auch Beschlüsse gemäß § 27 fällen. In diesem Fall hat er dem Nationalrat hierüber gemäß § 42 einen Bericht zu erstatten.

(4) Der ständige Unterausschuss kann die Anwesenheit der in Abs. 2 genannten Organe verlangen.

(5) Die Verhandlungen des ständigen Unterausschusses sind medienöffentlich, sofern der Ausschuss nicht anderes beschließt. Er hat auf die Wahrung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen bei der Verwendung personenbezogener Daten, die gegenüber dem öffentlichen Informationsinteresse überwiegen, zu achten.

(6) Der ständige Unterausschuss kann auch außerhalb der Tagungen zusammentreten, wenn sich die Notwendigkeit hiezu ergibt. Eine Sitzung des ständigen Unterausschusses ist abgesehen von § 34 Abs. 4 vom Vorsitzenden jedenfalls dann so einzuberufen, dass dieser binnen einer Woche zusammentreten kann, wenn dies von einem Viertel seiner Mitglieder oder vom zuständigen Mitglied der Bundesregierung verlangt wird.

2. § 109 Abs. 9 wird folgender Satz angefügt:

„§ 32k in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. XX/2020 tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft und mit 31. Dezember 2022 außer Kraft.“

 

 

 

 

Erste Lesung gemäß § 108 GOG

 

Zuweisungsvorschlag: Geschäftsordnungsausschuss

 


 

Begründung

 

Zu Artikel 1:

Durch die Neufassung des Art. 51d Abs. 2 B-VG wird die verfassungsrechtliche Grundlage zur Einbindung des Budgetausschusses und seiner Unterausschüsse in die Haushaltsführung erweitert. Die Ermächtigung an den einfachen Gesetzgeber umfasst fortan nicht nur die bereits nach geltender Rechtslage erfassten Berichte auf Grund besonderer gesetzlicher Bestimmungen, sondern zusätzlich etwa auch die Einräumung von Auskunfts- und Einsichtsrechten oder die Anordnung, für gewisse Akte der Vollziehung das Einvernehmen mit diesen Ausschüssen herzustellen.

 

So wird die verfassungsrechtliche Grundlage für eine umfassende Einbindung des Nationalrates in die zur Bewältigung der COVID19-Situation getroffenen, budgetrelevanten Maßnahmen geschaffen. Diese ist zur Wahrung des demokratischen Grundprinzips bei den gleichzeitigen Erfordernissen des raschen Handelns und der erforderlichen Höhe der budgetären Belastungen dringend geboten.

 

Die näheren Bestimmungen zur Organisation der Ausschüsse, der erheblichen Beschlusserfordernisse und der Rechte seiner Mitglieder sind in Einklang mit Art. 30 Abs. 2 B-VG weiterhin dem Geschäftsordnungsgesetz vorbehalten, was sich aus dem Verweis auf Abs. 1 ergibt. Aufgaben können durch Gesetz entweder dem Budgetausschuss oder direkt einem seiner Unterausschüsse übertragen werden. Die neue Regelung ist lex specialis zu Art. 20 Abs. 4 B-VG. Freilich schließt eine solche Ermächtigung an den einfachen Gesetzgeber aus, die durch das B-VG selbst bereits bestehende Mitwirkung des Nationalrates an der Haushaltsführung einzuschränken. Der einfache Gesetzgeber kann Sachverhalte nur insoweit regeln, als dies der Verfassungsgesetzgeber nicht ohnehin bereits getan hat.

 

Zu Artikel 2:

Durch die vorgeschlagene Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes wird die Ermächtigung des Art. 51d Abs. 2 B-VG genutzt, um einen besonderen, ständigen Unterausschusses des Budgetausschusses mit der Mitwirkung an der Vollziehung der COVID19-Maßnahmen zu betrauen. COVID19-Maßnahmen sind alle haushaltsrelevanten Maßnahmen, die durch das 1. bis 5. COVID-19-Gesetz sowie in weiterer Folge zur Bewältigung der COVID19-Epidemie geschaffen wurden. Der vorgeschlagene Art. 2 ergänzt diese Regelungen um ein Instrument der parlamentarischen Kontrolle.

 

Haushaltsrelevante Maßnahmen sind insbesondere Ermächtigungen an den Bundesminister für Finanzen, Finanzierungsmaßnahmen nach dem ABBAG-Gesetz sowie Maßnahmen nach dem Härtefallfondsgesetz. Einrichtungen im Sinne des Abs. 2 sind entsprechend neben Organen des Bundes auch Selbstverwaltungskörper und ausgegliederte Gesellschaften wie die COFAG, die Aufgaben auf Grund der genannten Bundesgesetze erfüllen.

 

Die Mitwirkung der Mitglieder des Ausschusses besteht vorrangig aus einem die Legislative einseitig begünstigendem Recht zur Erlangung von Informationen. Dieses geht auf Grund der ausdrücklichen Ermächtigung in Art. 51d Abs. 2 B-VG anderen (verfassungs‑)gesetzlichen Vorschriften, die einer Informationsweitergabe entgegenstehen könnten, vor (vgl. dazu auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs in Hinblick auf die Einsichtsrechte des Rechnungshofes und die Vorlagepflichten an Untersuchungsausschüsse).

 

Die Erlangung von Informationen kann entweder in den Sitzungen des ständigen Unterausschusses selbst oder auf schriftlichem Wege erfolgen. Im zweiten Fall ist einer Anfrage eines Ausschussmitglieds binnen zehn Tagen zu entsprechen. Eine solche Sonderbestimmung ist auf Grund der besonderen Situation in Zusammenhang mit COVID19 erforderlich, um die zeitgerechte demokratische Kontrolle der in besonderem Ausmaß getroffenen Maßnahmen zu überprüfen. Das Recht auf Erlangung von Informationen sichert die Grundlage für die Erfüllung des dem Ausschuss übertragenen Kontrollauftrags.

 

In Abs. 3 ist vorgesehen, dass der ständige Unterausschuss Empfehlungen aussprechen kann. Dieser bedürfen im Gegensatz zu Entschließungen keiner Befassung des Nationalrates, entfalten aber die selben Rechtswirkungen. Dem ständigen Unterausschuss wird es in Abweichung von den allgemeinen Regeln für Unterausschüsse ermöglicht, Beschlüsse gemäß § 27 zu fassen und dem Nationalrat ohne vorhergehende Befassung des Budgetausschusses Bericht zu erstatten. Dies erfolgt nach den allgemeinen Bestimmungen über Berichte der Ausschüsse.

 

Abs. 4 regelt über § 18 Abs. 3 hinaus die Möglichkeit, die Anwesenheit von mit der Durchführung von COVID19-Maßnahmen betrauten Personen zu verlangen.

 

Abs. 5 regelt, das der ständige Unterausschuss personenbezogene Daten zu schützen hat, sofern diese gegenüber dem öffentlichen Interesse überwiegen. Abs. 6 bestimmt, dass das Zusammentreten des Ausschusses nicht durch die tagungsfreie Zeit des Nationalrates behindert wird. Außerdem wird sichergestellt, dass eine Sitzung des ständigen Unterausschusses auch durch Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder oder vom zuständigen Bundesminister binnen einer Woche einzuberufen ist.

 

Die Mitwirkung des ständigen Unterausschusses endet mit 31.12.2022.