444/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 22.04.2020
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Entschließungsantrag

 

 

 

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Rascherer Rechtsschutz vor dem Verfassungsgerichtshof

 

Derzeit kann der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nur in Beschwerdeverfahren gemäß Art 144 B-VG vorläufigen Rechtsschutz in Form einer aufschiebenden Wirkung gewähren. Bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist der Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses bis zur Entscheidung des VfGH in der Sache aufzuschieben. Gemäß § 85 Abs 2 VfGG hat der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Bei Normprüfungsverfahren gibt es jedoch keinen einstweiligen Rechtsschutz durch den Verfassungsgerichtshof. Das heißt die Entscheidung, ob etwa freiheitsbeschränkende Maßnahmen in generellen Rechtsakten verhältnismäßig und mit den Grundrechten vereinbar sind, erfolgt erst nach monate- bzw. jahrelangen Verfahren. Dies betrifft sowohl Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen gemäß Art 139 B-VG wie auch Verfahren zur Prüfung der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen gemäß Art 140 B-VG.

Gerade die letzten Wochen haben gezeigt, wie schnell Gesetze und Verordnungen erlassen werden können, die empfindlich in die Grundrechte aller in Österreich lebenden Menschen eingreifen und deren Freiheiten beschränken. Umso wichtiger wäre auch die Möglichkeit einer raschen Prüfung auf Gesetzes- bzw. Verfassungskonformität dieser Maßnahmen durch den Verfassungsgerichtshof. Gerade bei schweren Freiheitsbeschränkungen und eingriffsintensiven Maßnahmen mit möglicherweise irreversiblen Folgen muss ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet sein - ungeachtet, ob es sich dabei um individuelle oder generelle Rechtsakte handelt. Insbesondere bei Verordnungen, die ja von der Exekutive erlassen werden und daher keinen parlamentarischen Prozess durchlaufen, ist eine rasche Prüfung, ob diese im Einklang mit der Rechtsordnung stehen, geboten. In Deutschland kann das Bundesverfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist (§ 32 dt BVerfGG). Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof kann in solchen Fällen einstweilige Anordnungen erlassen (Art 26 BayVerfGHG). Um auch hierzulande einen raschen Rechtsschutz zu gewährleisten, soll der Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit bekommen, in Normprüfungsverfahren vorläufige Anordnungen zur Abwehr schwerwiegender Nachteile zu erlassen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für EU und Verfassung, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, die dem Verfassungsgerichtshof ermöglicht, in Normenkontrollverfahren, also in Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen (Art 139 B-VG) und in Verfahren zur Prüfung der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen (Art 140 B-VG), einstweilige Anordnungen zu erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile dringend geboten ist."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.