453/A XXVII. GP

Eingebracht am 22.04.2020
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Antrag

 

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundes(verfassungs)gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) erlassen wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundes(verfassungs)gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) erlassen wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2019, wird wie folgt geändert:

1. Art. 20 Abs. 3 und 4 entfällt.

2. Nach Art. 22 wird folgender Art. 22a eingefügt:

Artikel 22a. (1) Die Organe der Gesetzgebung, die mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organe, die ordentlichen Gerichte, der Rechnungshof, die Landesrechnungshöfe, die Stadtrechnungshöfe, die Verwaltungsgerichte, der Verwaltungsgerichtshof, der Verfassungsgerichtshof, die Volksanwaltschaft, die von den Ländern für den Bereich der Landesverwaltung geschaffenen Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft, sowie Unternehmungen, Stiftungen, Fonds und Anstalten, die der Kontrolle des Rechnungshofes, eines Landesrechnungshofes oder eines Stadtrechnungshofes unterliegen, haben Informationen von allgemeinem Interesse in einer für jedermann zugänglichen Art und Weise zu veröffentlichen, soweit nicht eine Verpflichtung zur Geheimhaltung gemäß Abs. 2 besteht.

(2) Jedermann hat gegenüber den Organen der Gesetzgebung, den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen, dem Rechnungshof, den Landesrechnungshöfen, den Stadtrechnungshöfen, der Volksanwaltschaft, den von den Ländern für den Bereich der Landesverwaltung geschaffenen Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft und den gesetzlichen beruflichen Vertretungen das Recht auf Zugang zu Informationen, soweit und solange deren Geheimhaltung nicht zwingend aus außen- und integrationspolitischen Gründen, im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, zur Vorbereitung einer Entscheidung, im wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse einer Gebietskörperschaft oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers oder zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen erforderlich und verhältnismäßig ist.

(3) Jedermann hat gegenüber Unternehmungen, Stiftungen, Fonds und Anstalten, die der Kontrolle des Rechnungshofes, eines Landesrechnungshofes oder eines Stadtrechnungshofes unterliegen, das Recht auf Zugang zu Informationen, soweit und solange deren Geheimhaltung nicht in sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 oder zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung zwingend erforderlich und verhältnismäßig ist oder gesetzlich – sofern ein vergleichbarer Zugang zu Informationen gewährleistet ist – nicht anderes bestimmt ist.

(4) Die näheren Regelungen sind in Gesetzgebung Bundessache und in Vollziehung Bundes- oder Landessache, je nachdem, ob die den Gegenstand der Information betreffende Angelegenheit der Vollziehung nach Bundes- oder Landessache ist.

(5) Zur Sicherung der Informationsfreiheit gemäß dieses Artikels ist ein Informationsbeauftragter einzurichten. Der Informationsbeauftragte ist in Ausübung seiner Tätigkeit unabhängig. Jeder kann den Informationsbeauftragten anrufen, wenn er sein Recht auf Zugang zu Informationen als verletzt ansieht. Die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und Tätigkeit des Informationsbeauftragten werden durch ein besonderes Bundesgesetz getroffen."

3. Art. 52 Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:

„Dabei sind die Gründe und Interessen gemäß Art. 22a Abs. 2 entsprechend zu beachten.“

4. Art. 67a wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) In den Angelegenheiten gemäß Art. 22a Abs. 1 und 2 betreffend Informationen aus dem Wirkungsbereich des Bundespräsidenten ist die Präsidentschaftskanzlei zuständig.“

5. Art. 148b Abs. 1 zweiter Satz lautet:

„Gegenüber der Volksanwaltschaft besteht keine Verpflichtung zur Geheimhaltung.“

6. Art. 148b Abs. 2 lautet:

„(2) Die Volksanwaltschaft unterliegt der Verpflichtung zur Geheimhaltung im gleichen Umfang wie das Organ, an das die Volksanwaltschaft in Erfüllung ihrer Aufgaben herangetreten ist. Bei der Erstattung der Berichte an den Nationalrat und an den Bundesrat ist die Volksanwaltschaft zur Geheimhaltung nur insoweit verpflichtet, als dies im Interesse der nationalen Sicherheit oder der militärischen Landesverteidigung oder zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist.“

7. Art. 151 wird folgender Abs. xx angefügt:

„(xx) Art. 22a, Art. 52 Abs. 4, Art. 67a Abs. 3, Art. 148b Abs. 1 zweiter Satz und Art. 148b Abs. 2 in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft; gleichzeitig tritt Art. 20 Abs. 3 und 4 außer Kraft. Auf mit Ablauf des 31. Dezember 2020 anhängige Auskunftsbegehren sind Art. 20 Abs. 3 und 4, die auf Grund des Art. 20 Abs. 4 erlassenen Gesetze und die auf deren Grundlage erlassenen Verordnungen weiter anzuwenden.“

 

Artikel 2

Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen (Informationsfreiheitsgesetz - IFG)

 

Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt den Zugang zu Informationen im Wirkungsbereich bzw. im Geschäftsbereich
1. der Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände,
2. der Organe der Stiftungen, Fonds und Anstalten im Sinne des Art. 126b Abs. 1 bzw. des Art. 127 Abs. 1 und des Art. 127a Abs. 1 und 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930,
3. der Organe der gesetzlich eingerichteten Selbstverwaltungskörper,
4. der Organe sonstiger juristischer Personen, soweit diese mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung oder der Landesverwaltung betraut sind, sowie
5. der Organe der informationspflichtigen Unternehmungen im Sinne des Art. 126b Abs. 2 bzw. Art. 127 Abs. 3 oder Art. 127a Abs. 3 B-VG.

 

Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Information im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jede Aufzeichnung, unabhängig von der Form, in der sie vorhanden ist.

(2) Informationen von allgemeinem Interesse im Sinne des § 4 Abs. 1 sind insbesondere:
1. die von der Parlamentsdirektion laufend veröffentlichten Informationen,
2. die von den Landtagen und dem Wiener Gemeinderat laufend veröffentlichten Informationen,
3. die von den Landesregierungen, Landeshauptleuten und den Ämtern der Landesregierungen, dem Bürgermeister der Stadt Wien und dem Magistrat der Stadt Wien laufend veröffentlichten Informationen,    
4. die von Bürgermeistern, Gemeindevorständen (Stadträten), Stadtsenaten, Gemeindeämtern (Stadtämtern) und Magistraten laufend veröffentlichten Informationen,
5. die von den einzelnen Bundesministerien laufend veröffentlichten Informationen,
6. die Protokolle der Sitzungen der Bundesregierung samt Anlagen,
7. Geschäftseinteilungen, Geschäftsordnungen, Kanzleiordnungen, Haushalts-, Stellen-, Bewirtschaftungs-, Organisations-, und Aktenpläne, Gesellschafterverträge und Satzungen,
8. alle Weisungen, Dienstvorschriften, Stellungnahmen, Erlässe, Richtlinien, Regelungen des inneren Dienstbetriebs und Handlungsempfehlungen, die sich an mehr als einen Bediensteten richten, und alle Verwaltungsvorschriften, insbesondere Verwaltungsverordnungen,
9. amtliche Statistiken, Amtsblätter, Jahresabschlüsse, Ergebnisse der Rechnungsprüfung und Tätigkeitsberichte,
10. Gutachten und Studien, die von informationspflichtigen Stellen erstellt oder in Auftrag gegeben wurden,           
11. Geodaten,          
12. Ergebnisse von Messungen, Beobachtungen und sonstigen Erhebungen über schädliche Umwelteinwirkungen, Umweltgefährdungen sowie über den Zustand der Umwelt, die von einer Behörde außerhalb ihrer Überwachungstätigkeit im Einzelfall durchgeführt werden,       
13. Subventions- und Zuwendungsvergaben sowie vermögenswerte Zuwendungen an juristische oder natürliche Personen ohne marktmäßige Gegenleistung, die den Betrag von 1.000 Euro im Jahr übersteigen, im Detail samt Betrag, Zweck und einzelnem Empfänger,
14. die wesentlichen Unternehmensdaten staatlicher Beteiligungen einschließlich einer Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene, sowie Informationen über die personelle Zusammensetzung von Aufsichtsräten, Geschäftsführungen, Steuerungsausschüssen oder anderweitig an Entscheidungsprozessen beteiligte Gremien informationspflichtiger Stellen,     
15. Verträge, an deren Veröffentlichung ein öffentliches Interesse besteht, insbesondere sofern zwischen den Vertragspartnern im Laufe der vergangenen zwölf Monate Verträge über einen addierten Gegenstandswert von mindestens 50.000 Euro abgeschlossen worden sind, einschließlich der Anhänge und Nebenabreden, soweit dadurch nicht wirtschaftliche Interessen des Staates erheblich beeinträchtigt werden,
16. Beleihungsakte zur Übertragung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, Vergabe- und Konzessionsentscheidungen,      
17. Informationen über Zuwendungen Privater an informationspflichtige Stellen, insbesondere über den Gewährenden, den Empfänger, die Höhe und den Zweck der Zuwendungen,
18. Informationen, hinsichtlich derer die informationspflichtige Stelle eine Beteiligung der Öffentlichkeit durchführt,   
19. Quellentext von Computerprogrammen und Algorithmen, die von informationspflichtigen Stellen entwickelt oder in ihrem Auftrag erstellt wurden,       
20. Informationen, für die bereits aufgrund anderer Rechtsvorschriften eine Veröffentlichungspflicht besteht,           
21. sowie alle weiteren, den in diesem Absatz genannten Gegenständen vergleichbaren Informationen von öffentlichem Interesse.

(3) Informationsregister im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein zentral zu führendes, elektronisches und allgemein zugängliches Register, das alle nach diesem Bundesgesetz veröffentlichten Informationen enthält.

 

Zuständigkeit

§ 3. (1) Zuständig zur Gewährung von Zugang zu Informationen ist bzw. sind
1. jenes Organ, zu dessen Wirkungsbereich bzw. Geschäftsbereich die Information gehört,
2. hinsichtlich von Informationen aus dem Wirkungsbereich des Bundespräsidenten: die Präsidentschaftskanzlei,
3. hinsichtlich von Informationen aus dem Wirkungsbereich der Gesetzgebung, ausgenommen von solchen aus dem Wirkungsbereich des Bundesrates: der Präsident des Nationalrates bzw. des Landtages,      
4. hinsichtlich von Informationen aus dem Wirkungsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit: die Organe der Justizverwaltung,
5. hinsichtlich von Informationen aus dem Wirkungsbereich des Rechnungshofes, Landesrechnungshofes bzw. Stadtrechnungshofes: der Präsident des Rechnungshofes, Direktor des Landesrechnungshofes bzw. Direktor des Stadtrechnungshofes,
6. hinsichtlich von Informationen aus dem Wirkungsbereich des Verfassungsgerichtshofes: der Präsident des Verfassungsgerichtshofes,
7. hinsichtlich von Informationen aus dem Wirkungsbereich der Volksanwaltschaft bzw. einer vom Land für den Bereich der Landesverwaltung geschaffenen Einrichtung mit gleichartigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft: das jeweilige Mitglied der Volksanwaltschaft bzw. der Landesvolksanwalt.

(2) (Verfassungsbestimmung) Zuständig zur Gewährung von Zugang zu Informationen aus dem Wirkungsbereich des Bundesrates ist der Vorsitzende des Bundesrates, dem bei Besorgung dieser Aufgabe auch das Weisungsrecht gegenüber der Parlamentsdirektion zukommt.

(3) Langt bei einem Organ gemäß § 1 ein Antrag ein, zu dessen Behandlung es nicht zuständig ist, hat es den Antrag ohne unnötigen Aufschub an die zuständige Stelle weiterzuleiten und den Antragsteller darüber zu informieren, oder den Antragsteller an diese zu verweisen.

 

Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse

§ 4. (1) Informationen von allgemeinem Interesse sind von den Organen der Gesetzgebung, den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen, den ordentlichen Gerichten, dem Rechnungshof, den Landesrechnungshöfen, den Stadtrechnungshöfen, den Verwaltungsgerichten, vom Verwaltungsgerichtshof, vom Verfassungsgerichtshof, von der Volksanwaltschaft, den von den Ländern für den Bereich der Landesverwaltung geschaffenen Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft, den Stiftungen, Fonds und Anstalten im Sinne des § 1 Z 2 und den informationspflichtigen Unternehmungen im Sinne des § 1 Z 5 in einer für jedermann zugänglichen Art und Weise, im Internet und barrierefrei, zu veröffentlichen, soweit sie nicht der Geheimhaltung unterliegen.

(2) Informationen im Sinne des Abs. 1 sind unverzüglich im Volltext, in elektronischer Form im Informationsregister (§ 2 Abs. 3) zu veröffentlichen. Alle Dokumente müssen leicht auffindbar, maschinell durchsuchbar, speicherbar und druckbar sein.

(3) Diese Informationen sind, nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten und Zweckmäßigkeit, in den vorhandenen Formaten oder Sprachen und auch in offenem und maschinenlesbarem Format mit den jeweiligen Metadaten im Informationsregister zu veröffentlichen.

(4) Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten und Zweckmäßigkeit ist die Suche nach diesen Informationen über das Informationsregister zu ermöglichen.

(5) Zusätzlich zur Veröffentlichung im Informationsregister sind Informationen gemäß Abs 1 auch auf der Webseite der informationspflichtigen Stelle zu veröffentlichen, soweit dies möglich und zweckmäßig ist, und damit kein unverhältnismäßiger Aufwand verbunden ist.

(6) Die Nutzung, Weiterverwendung und Verbreitung der Informationen sind frei, sofern verfassungsrechtliche Bestimmungen oder besondere Gesetze nichts anderes bestimmen. Das gilt auch für Gutachten, Studien und andere Dokumente, die in die Entscheidungen der Behörden einfließen oder ihrer Vorbereitung dienen. Die entsprechenden Nutzungsrechte an Dokumenten nach Satz 2 sind bei der Beschaffung derselben auszubedingen.

(7) Der Zugang zum Informationsregister ist kostenlos und anonym. Er wird über öffentliche Kommunikationsnetze bereitgestellt. Zugang zum Informationsregister wird in ausreichendem Maße in öffentlichen Räumen gewährt.

(8) Bei Änderungen veröffentlichter Informationen muss neben der Änderung die jeweilige Fassung für jeden Zeitpunkt abrufbar sein.

(9) Das Informationsregister enthält auch Informationen, bei denen aufgrund anderer Rechtsvorschriften eine Veröffentlichungspflicht für Bundesorgane besteht.

(10) Der Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort ist ermächtigt, durch Verordnung die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen zu treffen, insbesondere zu Einzelheiten der Veröffentlichung wie konkrete Datenformate oder Verfahrensabläufe zur Erfüllung der Veröffentlichungspflicht.

 

Recht auf Zugang zu Informationen

§ 5. Jedermann hat gegenüber den Organen der Gesetzgebung, den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen, dem Rechnungshof, den Landesrechnungshöfen, den Stadtrechnungshöfen, der Volksanwaltschaft, den von den Ländern für den Bereich der Landesverwaltung geschaffenen Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft, den gesetzlichen beruflichen Vertretungen, den Stiftungen, Fonds und Anstalten im Sinne des § 1 Z 2 und den informationspflichtigen Unternehmungen im Sinne des § 1 Z 5 ein Recht auf Zugang zu Informationen gemäß § 2 Abs. 1.

 

Geheimhaltung

§ 6. (1) Nicht zur Veröffentlichung bestimmt und nicht zugänglich zu machen sind Informationen, soweit und solange dies zwingend
1. aus außen- und integrationspolitischen Gründen, insbesondere auch gemäß unmittelbar anwendbaren Bestimmungen des Rechts der Europäischen Union oder des Völkerrechts,           
2. im Interesse der nationalen Sicherheit,           
3. im Interesse der umfassenden Landesverteidigung, 
4. im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit,
5. im Interesse der unbeeinträchtigten Vorbereitung einer Entscheidung, insbesondere
a) von Handlungen des Bundespräsidenten, der Bundesregierung, der Bundesminister, der Staatssekretäre, der Landesregierung bzw. allenfalls einzelner Mitglieder derselben und des Landeshauptmannes,         
b) im Interesse eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens oder der Vorbereitung einer behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung, Prüfung oder des sonstigen Tätigwerdens des Organs, insbesondere auch zum Schutz von Vorschriften über die Vertraulichkeit bzw. die Beteiligung der Öffentlichkeit,        
c) im Interesse der Gesetzgebung und der Mitwirkung des Nationalrates und des Bundesrates bzw. des Landtages an der Vollziehung,      
6. im wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse der Organe, Gebietskörperschaften bzw. gesetzlichen beruflichen Vertretungen gemäß § 1, oder       
7. im überwiegenden berechtigten Interesse eines anderen, insbesondere 
a) zur Wahrung von Berufs-, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen,           
b) zur Wahrung des Grundrechtes auf Datenschutz (im Sinne der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1 (DSGVO), und des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999), 
nach Abwägung aller in Betracht kommenden Interessen erforderlich und verhältnismäßig ist.

(2) Treffen die Voraussetzungen des Abs. 1 nur auf einen Teil der Information zu, unterliegt nur dieser der Geheimhaltung.

 

Informationsbegehren

§ 7. (1) Der Zugang zu Informationen kann schriftlich, mündlich oder telefonisch, in jeder technisch möglichen und vorgesehenen Form, beantragt werden.

(2) Die Information ist möglichst präzise zu bezeichnen. Dem Antragsteller kann die schriftliche Ausführung eines mündlich oder telefonisch angebrachten Antrages aufgetragen werden, wenn aus dem Antrag der Inhalt oder der Umfang der beantragten Information nicht ausreichend klar hervorgeht.

 

Frist

§ 8. (1) Der Zugang zur Information ist ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen zwei Wochen nach Einlangen des Antrages beim zuständigen Organ, zu gewähren. Soweit die Information der Geheimhaltung unterliegt (§ 6), ist dem Antragsteller binnen derselben Frist unter Angabe der Gründe die Nichterteilung des Zugangs mitzuteilen.

(2) Kann der Zugang zur Information auf Grund des Umfanges oder der Komplexität der begehrten Information sowie im Fall des § 10 nicht innerhalb der Frist gemäß Abs. 1 gewährt werden, so kann die Frist um weitere zwei Wochen verlängert werden; dies ist dem Antragsteller unter Angabe der Gründe so bald wie möglich, spätestens jedoch vor Ablauf der Frist gemäß Abs. 1, mitzuteilen.

 

Informationserteilung

§ 9. (1) Die Information ist in beantragter oder ansonsten tunlicher Form möglichst direkt zugänglich zu machen; im Übrigen ist eine Information im Gegenstand zu erteilen, womöglich auch durch Verweisung auf bereits veröffentlichte Informationen.

(2) Besteht das Recht auf Information im Hinblick auf die beantragte Information nur zum Teil (§ 6 Abs. 2), ist die Information nur teilweise zu erteilen, soweit dies möglich ist.

(3) Der Zugang zur Information ist nicht zu erteilen, wenn der Antrag auf Information offensichtlich schikanös gestellt wurde.

(4) Wenn die Erteilung der Information die sonstige Tätigkeit des jeweiligen Organs wesentlich und unverhältnismäßig beeinträchtigen würde, ist der Zugang zur Information nicht zu erteilen. Die Gründe dafür sind schriftlich zu dokumentieren. Bei der Beurteilung, ob die Erteilung der Information die sonstige Tätigkeit des Organs unverhältnismäßig beeinträchtigen würde, ist auch das Interesse des Antragstellers und der Öffentlichkeit an der Bekanntgabe der Information zu berücksichtigen.

 

Betroffene Dritte

§ 10. Greift die Erteilung der Information in die Rechte eines anderen gemäß § 6 Abs. 1 Z 7 ein, ist dieser nach Tunlichkeit vor der Erteilung der Information zu diesem Zweck vom zuständigen Organ zu hören.

 

Bescheid über die Nichterteilung des Zugangs zu amtlichen Informationen

§ 11. (1) Wird der Zugang zu Informationen nicht oder nur teilweise erteilt, ist hierüber ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen zwei Wochen nach Einlangen des Antrages, ein Bescheid zu erlassen.

(2) In diesem Bescheid ist die Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers und der Öffentlichkeit an der Bekanntgabe der Information mit dem Interesse an der Geheimhaltung zu dokumentieren. Weiters ist zu dokumentieren, welcher Schaden durch die Herausgabe der Information entstehen würde und welchen Aufwand die informationspflichtige Stelle für die Informationsherausgabe betreiben müsste.

(3) (Verfassungsbestimmung) Wird der Zugang zu Informationen über Akte der Gesetzgebung nicht erteilt, ist kein Bescheid zu erlassen, sondern der Antragsteller formlos zu informieren. Abs. 2 gilt sinngemäß.

(4) Wird gegen einen Bescheid gemäß Abs. 1 Beschwerde erhoben, hat das Verwaltungsgericht im Fall der rechtswidrigen Nichterteilung des Zugangs zu Informationen auszusprechen, dass und in welchem Umfang der Zugang zu gewähren ist. Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, über Beschwerden gegen Bescheide gemäß Abs. 1 ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber zwei Monate nach deren Einlangen zu entscheiden.

 

Gebühren

§ 12. (1) Anbringen (Informationsbegehren), Anträge, Informationen und Bescheide nach diesem Bundesgesetz sind von den Bundesverwaltungsabgaben und den Gebühren gemäß dem Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957, befreit.

(2) (Verfassungsbestimmung) Die Befreiung gemäß Abs. 1 gilt auch in Bezug auf die Verwaltungsabgaben der Länder und Gemeinden.

 

Informationspflichtige Unternehmungen

§ 13. (1) Für informationspflichtige Unternehmungen gemäß Art. 22a Abs. 3 in Verbindung mit Art. 126b Abs. 2 bzw. Art. 127 Abs. 3 oder Art. 127a Abs. 3 B-VG gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes betreffend das Recht auf Zugang zu Information nach Maßgabe der folgenden Absätze.

(2) Zuständig zur Gewährung von Zugang zu Informationen ist das jeweils außenvertretungsbefugte Organ.

(3) Nicht zugänglich zu machen sind Informationen von Unternehmungen, soweit und solange dies in sinngemäßer Anwendung des § 6 oder zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung zwingend erforderlich und verhältnismäßig ist.

(4) Erteilt das Organ einer Unternehmung gemäß Art. 126b Abs. 2 bzw. Art. 127 Abs. 3 oder Art. 127a Abs. 3 B-VG den Zugang zu unternehmerischen Informationen im Geschäftsbereich nicht, hat eine solche informationspflichtige Unternehmung, sofern sie zur Erlassung von Bescheiden nicht befugt ist, das Informationsbegehren ohne unnötigen Aufschub zur Bescheiderlassung (§ 11) an die für die Führung der sachlichen Aufsicht zuständige Stelle, in deren Sprengel die informationspflichtige Unternehmung ihren Sitz hat, weiterzuleiten oder den Informationswerber an diese zu verweisen.

(5) Für Stiftungen, Fonds und Anstalten gemäß Art. 22a Abs. 3 in Verbindung mit Art. 126b Abs. 1 bzw. des Art. 127 Abs. 1 und des Art. 127a Abs. 1 und 8 B-VG gelten Abs. 1 bis 4 sinngemäß.

 

Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften

§ 14. Besondere Bestimmungen in anderen Bundes- oder Landesgesetzen, die einen weitergehenden Zugang zu Informationen gewähren, bleiben unberührt.

 

Verweisungen

§ 15. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

 

Sprachliche Gleichbehandlung

§ 16. Soweit sich die in diesem Bundesgesetz verwendeten Bezeichnungen auf natürliche Personen beziehen, gilt die gewählte Form für beide Geschlechter. Bei der Anwendung dieser Bezeichnungen auf bestimmte natürliche Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.

 

Übergangsbestimmungen

§ 17. (1) Die Veröffentlichungspflicht gemäß § 4 gilt für Informationen, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes aufgezeichnet worden sind, nur, soweit sie in veröffentlichungsfähiger elektronischer Form vorliegen.

(2) Spätestens vier Jahre nach dem Inkrafttreten evaluiert der Informationsbeauftragte (Art. 22a Abs. 5 B-VG) dieses Bundesgesetz im Hinblick auf seine Anwendung und Auswirkungen und berichtet darüber dem Nationalrat und der Öffentlichkeit.

 

In- und Außerkrafttreten

§ 18. (1) (Verfassungsbestimmung) § 3 Abs. 2, § 11 Abs. 3 und § 12 Abs. 2 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft.

(2) Die übrigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft; gleichzeitig treten das Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz, BGBl. Nr. 286/1987, das Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, und die die Angelegenheiten der Auskunftspflicht gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG regelnden landesgesetzlichen Bestimmungen außer Kraft.

 

Vollziehung

§ 19. (1) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind die obersten Organe des Bundes bzw. des Landes betraut.

(2) Die Erlassung von Durchführungsverordnungen obliegt dem Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.

 

Begründung

In kaum einem Bereich ist die Republik dermaßen rückständig, wie im Umgang der staatlichen Stellen mit Informationen. Das aus der Monarchie stammende Amtsgeheimnis ist in keiner Weise mehr zeitgemäß. Was nicht ausdrücklich veröffentlicht werden muss, ist in Österreich grundsätzlich geheim. Dabei ist Transparenz und freier Zugang zu allen Informationen staatlicher Stellen das beste Mittel gegen Korruption und Steuergeldverschwendung. In Schweden wurde das Prinzip der Informationsfreiheit bereits 1766 in der Verfassung festgeschrieben und zahlreiche andere europäische Staaten sind diesem Beispiel gefolgt. Österreich hingegen liegt im "Global Right to Information Ranking" ex aequo mit dem pazifischen Inselstaat Palau auf dem weltweit letzten Platz von insgesamt 128 überprüften Staaten. Durch den vorliegenden Gesetzesentwurf soll daher eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse und ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu Informationen staatlicher Stellen verankert werden.

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.