460/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 22.04.2020
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Beendigung der Praxis der Mascherlposten im Justizressort

 

Zweifelsohne ist an klassischen "Mascherlposten", d.h. an der Dienstzuteilung von Staatsanwält_innen und Richter_innen in das BMJ bzw. in das politische Kabinett des/der Justizministers/ministerin nichts einzuwenden. Wie die Bundesministerin richtig hervorhob, können solche "temporären Dienstzuteilungen ein wichtiges Element des Austauschs und der Stärkung des Zusammenhalts zwischen der Rechtsprechung und der Justizverwaltung, sondern darüber hinaus auch einen wesentlichen Beitrag zur Absicherung der Selbstverwaltung der Justiz darstellen" (Anfragebeantwortung 881/AB sowie wortgleich 885/AB). Wohlgemerkt spricht die Bundesministerin richtigerweise von "temporären Zuteilungen".

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den Mascherlposten, deren Abschaffung dieser Antrag intentioniert, um zeitlich unbegrenzte Zuteilungen und um (meist) Beförderungen auf Planstellen, welche von der beförderten Person tatsächlich nie bekleidet werden.

Ein Beispiel aus der Praxis: Im Jahr 2012 wurde eine Planstelle für die Stellvertretung der Leitung der OStA Graz ausgeschrieben. Die Umstände dieser Ausschreibung veranlassten zahlreiche Richter_innen, Staatsanwält_innen sowie Mitarbeiter_innen, im Ministerium gegen die Vergabe dieses Mascherlpostens schriftlich zu protestieren. Trotz des heftigen, direkt an die damalige Bundesministerin gerichteten Protests der Mitarbeiter_innen ernannte die damalige Ministerin eine Person zum Stellvertreter des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Graz und damit zum Oberstaatsanwalt, die weder einschlägige Erfahrung als Richter noch als Staatsanwalt hatte. Unter den gegen diese Besetzung protestierenden Personen finden sich zahlreiche prominente Namen aus dem Justizressort, darunter auch der einer Person, die am 1. Jänner 2015 selbst in den Genuss eines Mascherlpostens kam.    

Bei beiden Zuteilungen handelt es sich nicht, wie bei klassischen Mascherlposten, um temporäre. Vielmehr übte die erste Person überhaupt noch nie eine Tätigkeit als Staatsanwalt aus, und auch die zweite Person verrichtete seit ihrer Zuteilung am 1. Jänner 2015, also vor mehr als fünf Jahren, noch keinen Tag ihren Dienst in der WKStA und dies scheint aufgrund ihres Naheverhältnisses zum jetzigen Kanzler und dem Ausüben eines Ministeramtes auch für die Zukunft ausgeschlossen.

Hier handelt es sich eben nicht um einen gegenseitigen Austausch zwischen Ministerium und justizieller Kerntätigkeit, sondern um gezielte Protektion einzelner Günstlinge, welcher Einhalt zu gebieten ist. Denn eine derartige Praxis sorgt zu Recht für Frustration bei den engagierten Mitarbeiter_innen des jeweiligen Ministeriums. So bleiben langjährige Mühen im Dienstbetrieb oft unbelohnt, während daneben politische Kontakte einen rasanten Aufstieg in der Gehalts- und Befehlskette ermöglichen. In der Justiz arbeiten tausende Menschen, welche tagtäglich ihr Bestes geben, um das Vertrauen der Österreicher_innen in eine unabhängige, effiziente und effektive Justiz zu erhalten und zu gewährleisten. Die sowohl personell als auch materiell schlechte Ausstattung der Justiz ist evident und wurde bereits in der letzten Gesetzgebungsperiode breit diskutiert: ein weiterer Grund für die Tatsache, dass unser Justizsystem weitestgehend von der Motivation und dem Eifer seiner Mitarbeiter_innen abhängt. Die Motivation zur Ausübung ihres Berufs hängt aber in vielerlei Hinsicht auch von der Fairness des Dienstgebers den einzelnen Mitarbeiter_innen gegenüber ab. Diese Fairness herzustellen und aufrecht zu erhalten, ist eine Kernaufgabe der Ressortleitung. 

Aus Anfragebeantwortungen (881/AB; 885/AB) wurde ersichtlich, dass seitens der amtierenden Justizministerin eine Rechtsauffassung vertreten wird, die Mascherlposten rechtfertigt. Die Argumentation der Bundesministerin für Justiz lautet sinngemäß, dass § 205 RStDG lediglich für jene Postenbesetzungen Anwendung findet, die formell im Bundesministerium für Justiz erfolgen. Diese Rechtsansicht negiert jedoch die faktische Lage. Will man dementsprechend, wie in den beschriebenen Fällen, eine Person befördern, die ihren Dienst im Ministerium verrichtet und die Voraussetzungen des § 205 RStDG für die Funktionsgruppe 4 (Oberstaatsanwalt) nicht erfüllt, kann dies einfach durch Besetzung einer Planstelle bei einer OStA (oder der WKStA) mit dieser Person umgangen werden.

Eine Möglichkeit, der Praxis von Mascherlposten zumindest in Zukunft einen Riegel vorzuschieben, wäre, die Besetzung von Planstellen an die tatsächliche Ausübung zu binden. So könnten folglich nur Personen zum OStA bei einer Dienststelle ernannt werden, welche zumindest für einen gewissen Zeitraum diese Tätigkeit auch bei eben jener Dienststelle tatsächlich ausüben. Selbstverständlich sind hier allfällige besondere Beendigungsgründe in Betracht zu ziehen. Ziel muss jedenfalls sein, eine nahezu willkürliche Vergabe von Planstellen an Personen zu verhindern, bei denen eine tatsächliche Ausübung dieser Planstelle bereits im Vorhinein gar nicht beabsichtigt ist. Ebenso wäre dafür Sorge zu tragen, dass eine etwaige Zuteilung in das Ministerium oder ins Kabinett mit einem angemessenen Zusatzbezug verbunden wäre, um für einen Ausgleich einer allfälligen beruflichen Mehrbelastung zu sorgen. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, zukünftig die Vergabe von Mascherlposten zu verhindern und allenfalls dafür notwendige Gesetzesänderungen in die Wege zu leiten. Hierbei ist insbesondere zu eruieren, inwiefern die Ernennung auf eine Planstelle an zusätzliche Bedingungen, wie etwa die tatsächliche Ausübung derselben auf eine bestimmte Zeit, geknüpft werden kann. Daneben sind rechtlich saubere Lösungen für allfällige Zulagen bei beruflicher Mehrbelastung im Rahmen von Dienstzuteilungen auszuarbeiten."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.