469/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 22.04.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

 

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einbindung der Industrie bei Stromnetzstabilität und Versorgungssicherheit

 

Die Kosten für die Energie sind innerhalb der EU weitgehend angeglichen. Unterschiede im Preis ergeben sich vor allem durch Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzkosten als „fixe Stromkostenanteile“, welche europaweit sehr unterschiedlich geregelt sind.

Während die Energie- und Netzkosten von 2007 bis 2016 inflationsbereinigt weitgehend gleich blieben, sind Steuern und Abgaben auf Strom um 65% gestiegen. Was jedoch in dieser oft zitierten Statistik nicht auffällt, ist die Tatsache, dass Netze an ihre Grenzen stoßen und dadurch immer mehr Zusatzkosten entstehen. Die Systemnutzungsentgelte bezeichnen und beinhalten die Preise, die die einzelnen Netzbetreiber für ihre Dienstleistungen in Rechnung stellen dürfen. Die Systemnutzungsentgelte bestehen aus folgenden Teilen:

·        Netznutzungsentgelt

·        Netzverlustentgelt

·        Entgelt für Messleistungen

·        Netzbereitstellungsentgelt

·        Systemdienstleistungsentgelt

·        Netzzutrittsentgelt  

·        Entgelt für sonstige Leistungen

Die Systemnutzungsentgelte, die in einer Verordnung geregelt werden (zuletzt SNE-V 2018), wurden in den letzten Jahren deutlich erhöht. Der Grund dafür: Die Kosten, um das Netz weiter in Balance zu halten und Blackouts zu vermeiden, steigen enorm. Das liegt vor allem an dem - auch gewollten - raschen Ausbau von Wind- und Solaranlagen, welcher die Stromproduktion im In- und Ausland extrem schwanken lässt. 

Auch aus den Daten des Jahres 2017 lässt sich ablesen, was zukünftig auf uns zukommt. Während der Jänner trocken und kalt war, war der Juni trocken, heiß und windstill. Mit der Folge, dass weder die Wasser-, Wind- noch Solarkraftwerke genug Strom erzeugt haben, um den heimischen Bedarf zu decken. Aber die Unterversorgung ist nicht das einzige Problem, im Grunde verursacht ein Überschuss an Strom das gleiche Problem. Aktuell ist trotz hoher Stromproduktion in Europa die Gefahr eines Blackouts so groß wie nie.

Verschärft hat sich die Situation in Österreich durch die Trennung der ursprünglich gemeinsamen deutsch-österreichischen Strompreiszone. Früher könnten auch österreichische Stromkunden vom Phänomen des negativen Strompreises profitieren – denn scheint in Deutschland die Sonne und bläst dazu auch noch starker Wind, wird damit so viel Ökostrom erzeugt, dass die Kilowattstunde oft schon verschenkt wird, nur damit sie aus dem Netz genommen wird.

Umgekehrt muss Engpassbewirtschaftung weiterhin betrieben werden, nun aber in einem kleineren und damit auch weniger liquiden Markt. Beispielsweise wurden durch die APG allein 2019 über 900 kraftwerksseitige Engpassmanagement-Maßnahmen durchgeführt. Dies führt zur Erhöhungen der Kosten, die wiederrum von den Kunden zu tragen sind. So stiegen die Engpassmanagementkosten in Österreich über die letzten zwei Jahre merkbar von insgesamt rund 90 Mio. Euro in 2017 auf etwa 150 Mio. Euro 2019.

Die Engpassmanagementkosten enthalten die Kosten aller zur Erhaltung der Netzstabilität durchgeführten Engpassmanagement-Maßnahmen. Sie werden monatlich für den vorherigen Monat veröffentlicht. Im Jahr 2017 schwankten die Engpassmanagementkosten zwischen 1,9 Mio. Euro im März und fast 20 Mio. Euro im Juni. Während der Gesamtbetrag (bzw. Österreichs Anteil) im Jahr 2016 "nur" knapp 29 Mio. Euro ausmachte. Es ist also naheliegend, dass die Systemnutzungsentgelte grundsätzlich erhöht werden, da die Mehrkosten des Regelzonenführers APG für das Engpassmanagement enorm gestiegen sind. Die genaue Höhe der Kosten ist immer erst im Folgejahr evaluierbar.

Während also die Stärken der erneuerbaren Energien vor allem in der Vermeidung von CO2-Emissionen liegen und diese daher auch im Hinblick auf die COP21-Ziele notwendig sind, entstehen gerade für die Netzbetreiber immer größere Kosten. Diese externen Kosten, welche erst durch das Ausbleiben eines Ausbaus der Netzinfrastruktur entstanden sind, können nicht nur auf die Industrie überwälzt werden.

Gleichzeitig ist um das Engpassmanagement ein riesiger Markt entstanden, genauer ein etwa 350 Millionen großer Markt. Denn für die Leistungen, die mit dem Engpassmanagement im Zusammenhang stehen und damit Netzstabilität bringen, werden Energieunternehmen bezahlt. Anders wären viele große Kraftwerke wohl auch nicht mehr rentabel. Einen wesentlichen Stabilitätsbeitrag könnte aber auch die österreichische Industrie liefern, welche durch die höheren Systemnutzungsentgelte besonders belastet wird. Besonders augenscheinlich wird dies bei Branchen, die auf kaskadische Nutzung von Rohstoffen setzen und als Letztprodukt auch Ökostrom erzeugen. Die Industrie wäre also Teil der Lösung, ganz im Sinne der Effizienz des Ressourceneinsatzes.

Zusätzlich räumen andere europäische Länder Möglichkeiten der Refundierung der Systemnutzungsentgelte ein, wenn die entsprechenden Betriebe ein besonders "netzdienliches Verhalten" an den Tag legen - so zum Beispiel in Deutschland. Eine entsprechende Teilrefundierung würde auch netzdienlicheres Verhalten hervorrufen.

Insgesamt können hier wenige gezielte gesetzliche Maßnahmen sowohl positiv auf Österreichs Netzstabilität wirken, als auch momentan bestehende Wettbewerbsnachteile der österreichischen Industrie gegenüber Nachbarländern beseitigen. Eine win-win-Situation.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz/Umwelt/Energie/Mobilität/Innovation und Technologie, wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Gesetz zuzuleiten, welches die Struktur des Engpassmanagementmarktes, sowie Systemnutzungsentgelte wie folgt anpasst:

·        Industrieunternehmen, die durch ihre Kraftwerksleistungen einen Beitrag zur Netzstabilität im Sinne des Engpassmanagements bzw. des Redispatch-Marktes leisten können, sollen einen durch marktkonforme Ausschreibung ermöglichten Zugang zu diesem Markt erhalten;

·        Unternehmen, welche besonders netzdienliches Verhalten aufweisen, sollen, analog zur Gesetzgebung in Deutschland, eine Netzkostensenkung erhalten." 



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.