504/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 28.04.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Verbot des gewerblichen Ghostwriting im akademischen Bereich
Plagiate, also die Anmaßung fremder geistiger Leistungen (in Form von "Vollplagiaten", "Zitaten ohne Beleg" oder Übersetzungsplagiaten) sind ein Problem, mit dem die Wissenschaft und die akademischen Einrichtungen seit jeher kämpfen. Plagiate in welcher Form auch immer schaden sowohl der Wissenschaft als solcher als auch dem Ruf und dem Ansehen des Wissenschaftsstandorts Österreich.
Dabei wiegen die rechtlichen Konsequenzen des Plagiierens durchaus schwer, wie etwa die Universität Wien auf ihrer Homepage ausführt:
"Plagiieren ist kein Kavaliersdelikt, sondern kann erhebliche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Neben möglichen Schadenersatzforderungen des Urhebers bzw. der Urheberin gem. § 87 UrhG und strafrechtlichen Konsequenzen - bestimmte vorsätzliche Urheberrechtsverletzungen können gem. § 91 UrhG mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bestraft werden - kommen vor allem universitätsrechtliche Sanktionen in Betracht:
1. Wird das Plagiat entdeckt, bevor die Arbeit beurteilt wurde:
Wird in schwerwiegender Weise gegen die Regeln der guten wissenschaftlichen
Praxis verstoßen, trifft die oder der Studienpräses nach Rücksprache
mit der Studienprogrammleiterin oder dem Studienprogrammleiter und der
Betreuerin oder dem Betreuer die notwendigen Verfügungen, um
sicherzustellen, dass die oder der Studierende in Hinkunft die Regeln
einhält. Die oder der Studienpräses kann insbesondere eine
Änderung des Themas anordnen oder mehrere Themenvorschläge festlegen,
aus denen die oder der Studierende zur Fortsetzung ihrer oder seiner Arbeit
einen Vorschlag auszuwählen hat. Erforderlichenfalls ist anzuordnen, dass
die oder der Studierende eine neue Arbeit zu einem anderen Thema aus einem
anderen Fach des jeweiligen Studiums zu verfassen hat.
2. Wird das Plagiat entdeckt, nachdem die Arbeit beurteilt wurde:
Wird das Plagiat erst nach der Beurteilung entdeckt, ist ein Verfahren zur
Nichtigerklärung der Beurteilung nach § 74 Abs. 2 UG und
gegebenenfalls auch zum Widerruf des akademischen Grades nach § 89 UG
einzuleiten.
§ 74 UG normiert die Nichtigerklärung von Beurteilungen, die
erschlichen wurden. Unter "Erschleichen" versteht man das vorsätzliche
Vorbringen objektiv falscher Angaben, womit auch das Ausgeben fremder
Leistungen als eigene erfasst ist. Die betreffende wissenschaftliche Arbeit
wird mit Bescheid für nichtig erklärt und kann somit nicht mehr
für das Studium verwendet werden.
§ 89 UG sieht den Widerruf erschlichener akademischer Grade vor. Wurde
mittels Plagiat die Beurteilung einer wissenschaftlichen Arbeit, die
Voraussetzung für die Erlangung des betreffenden akademischen Grades ist,
erschlichen, wird damit mittelbar auch der akademische Grad erschlichen. Der
Widerruf des akademischen Grades erfolgt mittels Bescheid, gleichzeitig ist die
betreffende Person zu verpflichten, den Verleihungsbescheid der
Studienpräses zu übergeben, um zu verhindern, dass die Berechtigung
zur Führung eines akademischen Grades vorgetäuscht werden kann. Im
Übrigen ist das vorsätzliche unberechtigte Führen von
akademischen Graden mit Geldstrafe bis zu €15.000,- zu ahnden.
Besonders problematisch sind jene Fälle, in denen ein akademischer Grad
erschlichen wurde, dessen Erwerb Voraussetzung für die Zulassung zu einem
weiterem Studium war, dessen Abschluss aber nicht erschlichen wurde (z.B.
Erschleichung des Bachelors und darauf aufbauendes Masterstudium, Erschleichung
des Magisters und darauf aufbauendes Doktoratsstudium). Ist der Abschluss des
Grundstudiums Zulassungsvoraussetzung für das Aufbaustudium und wurde
dieser Abschluss erschlichen, wurde damit mittelbar auch die Zulassung zu den
Prüfungen des Aufbaustudiums erschlichen. Daher ist auch die erfolgte
Verleihung des akademischen Grades des Aufbaustudiums zu widerrufen, weil auch
sie erschlichen wurde; sämtliche Leistungen des Aufbaustudiums sind
für nichtig zu erklären. Wurde ein Bescheid erschlichen, kann das
Verfahren gem. § 69 Abs. 3 AVG stets von Amts wegen wieder aufgenommen
werden, ohne an bestimmte Fristen gebunden zu sein."
(https://studienpraeses.univie.ac.at/infos-zum-studienrecht/wissenschaftliche-arbeiten/plagiat/)
Seit geraumer Zeit sind österreichische Hochschulen verstärkt mit dem Phänomen "Ghostwriting" konfrontiert.
Dabei wird eine fremde Arbeit (Auftragsplagiat) mit Einverständnis des tatsächlichen Urhebers bzw. der tatsächlichen Urheberin als seine eigene ausgegeben - oft mit dem Ziel das Auftragsplagiat als wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung eines akademischen Grades zu verwenden. Diese mitunter kostspieligen "Plagiatsaufträge" werden vor allem von finanzkräftigen Personen in Auftrag gegeben, die entweder keine Zeit für eine eigene wissenschaftliche Arbeit haben, zu faul sind oder schlicht mit eigenem Unvermögen kämpfen und sich außer Stande sehen, die Arbeit selbst zu verfassen. Keiner der drei Gründe rechtfertigt Plagiate und sie stehen somit der guten wissenschaftlichen Praxis und der akademischen Integrität diametral entgegen.
Zum Zweck der Ahndung von Plagiaten führen Universitäten verstärkt Plagiatsprüfungen durch. Dabei werden Texte unter Zuhilfenahme digitaler Hilfsmittel hinsichtlich ungekennzeichneter Übereinstimmungen mit bereits veröffentlichten Schriften überprüft.
Diese Überprüfungen können allerdings ins Leere laufen, wenn die zu prüfende Arbeit Plagiate enthält, die zuvor noch nicht veröffentlicht wurden, wie dies bei "Ghostwritern" bzw. "Aufragsplagiaten" üblicherweise der Fall ist. Diese "Auftragsplagiate" können somit nicht effektiv erkannt und geahndet werden.
Rund um wissenschaftliches Ghostwriting sind mittlerweile aggressive und hoch lukrative Geschäftsmodelle entstanden, die offen im Internet beworben werden wie dieses Beispiel zeigt:
So werden laut dem hier angeführten Anbieter "Plagiate" für diverseste Studienrichtungen angeboten.
Für rechtswissenschaftliche Studien wird dabei etwa vom Anbieter: Acad Write (https://www.acad-write.at/) mit dem Slogan geworben: "Kaum ein Studium erfordert mehr akribische Recherchearbeit als das Jurastudium. Gönnen Sie sich die Entlastung, die Sie suchen: Unsere Ghostwriter und Coaches unterstützen Sie zuverlässig und kompetent in allen Belangen der Rechtswissenschaften – von der Hausarbeit bis zur Vorbereitung auf das Staatsexamen. Mit ACAD WRITE profitieren Sie von einem erprobten System für akademisches Ghostwriting, das seit 16 Jahren durch höchste Qualität und Diskretion überzeugt. Hier finden Sie Ihren Jura-Ghostwriter".
Dabei werden sogar transparente Preisangaben für die Plagiate gemacht: Eine 60-seitige Masterarbeit kostet so schnell einmal über € 5000,-. Ein Schnäppchen für den, der es sich leisten kann.
Vertreter desselben Unternehmens geben dabei in Medien provokante Interviews, in denen sie den Unis vorwerfen selbst für die Unehrlichkeit der Studenten verantwortlich zu sein und andere Dreistigkeiten verlautbaren. (https://www.derstandard.at/story/2000018176872/ghostwriting-es-gibt-auch-viele-ehrliche-studenten; https://kurier.at/wirtschaft/karriere/ghostwriting-ueber-gefaelschte-forschung-am-fliessband/400682681)
Dieser unehrlichen, unwissenschaftlichen und unakademischen Praxis soll nun endlich ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle
beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wolle dem Nationalrat ehestbald einen Gesetzesvorschlag zuleiten, der es erlaubt, gegen Personen verwaltungsstrafrechtlich, gewerberechtlich sowie universitätsrechtlich vorzugehen, die
1. gewerbsmäßig für den Gebrauch an inländischen oder ausländischen Universitäten oder Hochschulen wissenschaftliche Werke verfassen oder anbieten, um den Abnehmern, entgegen der guten wissenschaftlichen Praxis, die Vortäuschung von wissenschaftlichen oder künstlerischen Leistungen zu Erschleichung eines akademische Grades oder einer akademischen Bezeichnung ermöglichen (Ghostwriter) oder
2. solche Werke, entgegen der guten wissenschaftlichen Praxis, zur Vortäuschung von wissenschaftlichen oder künstlerischen Leistungen zu Erschleichung eines akademische Grades oder einer akademischen Bezeichnung beschaffen, beauftragen oder in Anspruch nehmen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Wissenschaftsausschuss vorgeschlagen.