522/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 28.04.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend 3+1 Maßnahmen zur effizienten, treffsicheren und fairen Unterstüt­zung von Unternehmen

Die Corona-Krise ist jetzt schon für viele Unternehmen existenzbedrohend und ge­fährdet unsere budgetäre Nachhaltigkeit.

Österreich hat aus den bisherigen Fehlern nichts gelernt: Die Hilfen kommen immer noch nicht an und das Förderkonstrukt scheitert am Flaschenhals der Banken oder an der Unübersichtlichkeit. Auf Dauer werden Steuerstundungen nicht ausreichen, um die bis zu hundertprozentigen Umsatzeinbrüche abzufedern. Vor diesem Hinter­grund braucht es weitreichendere Maßnahmen, um die Unternehmen nicht aufgrund der Corona-Krise in die Zahlungsunfähigkeit abrutschen zu lassen.

Die Krise wird uns noch länger beschäftigen, es ist also noch nicht zu spät, nach den besten und effizientesten Lösungen zu suchen. Wir brauchen ein dringendes Update in der Förderpolitik, schnelle und mutige Antworten. Jetzt ist der Zeitpunkt, um mit deutlichen Signalen die österreichische Wirtschaft zu stützen. Ein Abwarten oder zö­gerliches Handeln kann für viele Unternehmer_innen, die unter teilweise hundertpro­zentigen Umsatzausfällen leiden, ein Ende ihrer Existenz bedeuten.

Die bisherige Steuerlast darf nicht zum Sargnagel werden. Geben wir den Unter­nehmen jetzt ihre Steuern zurück, damit ihr Überleben gesichert wird. Sollten durch Kurzarbeit und andere Förderungen ein positives Ergebnis am Ende dastehen, müs­sen die resultierenden Gewinne entsprechend höher besteuert werden.

3+1 der effizienten Wirtschaftsförderung:

1.    Erwartete Verluste sofort berücksichtigen: Zu erwartende Verluste sollen be­reits bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns für das Jahr 2019 gewinnmin­dernd berücksichtigt werden. So ergibt sich für 2019 eine Steuerschuld, die unter den bereits geleisteten Vorauszahlungen liegt. Unternehmen erhalten daher im Zuge der Veranlagung 2019, welche jetzt durchgeführt werden kann, eine Liquidi­tätsspritze in Form einer Steuererstattung. Alle, die bereits einen 2019er-­Jahresabschluss gemacht haben, sollen das nachträglich einholen können. Eine solche Regel zieht den Verlust (und die damit verbundene niedrigere Steuerzah­lung), den die Unternehmen sonst in der Steuerbilanz 2020 ausweisen würden, um ein Jahr nach vorne und sorgt so für mehr Spielraum. In Österreich ist aktuell nur ein Verlustvortrag möglich. D.h. ein Verlust verringert die Steuerzahlung in der Zukunft (beispielsweise 2022 oder 2023). Deutschland gewährt Unternehmen hingegen auch einen Verlustrücktrag in das Vorjahr. Diese Steuerrückzahlung bietet Unternehmen mit Verlusten wiederum eine zeitnahe Entlastung und sorgt so für bessere Liquidität. Die Verrechnung des Verlustes 2020 sollte dabei be­tragsmäßig unbegrenzt und mit den Gewinnen der Jahre 2019 und 2018 ermög­licht werden. Diese Maßnahme führt dazu, dass Verluste zeitnah steuerlich ver­wertet werden und nicht erst mit den Gewinnen späterer Jahre verrechnet werden können.

2.    Unternehmerische Freiheit: Die Welt nach Corona wird wahrscheinlich nicht dieselbe sein. Daher braucht es Öffnungsaspekte für Neues. In den USA sehen wir gerade, wie kleine Unternehmen sich an die Situation anpassen. Ein Beispiel dafür: Die Lebensmittelindustrie existiert in zwei Ausprägungen: Individualverpa­ckung für den Einzelhandel; Großverpackungen für die Gastronomie. Gastro-Unternehmen packen Großportionen um und verkaufen sie an Endverbraucher. Lokale Engpässe werden so überwunden, Hersteller von Großpackungen müs­sen während der Gastro-Sperre nicht zusperren, und Gasthäuser machen Um­satz. Wir müssen daher jetzt jede unternehmerische Initiative ermöglichen. Be­schränkungen durch die heimische Gewerbeordnung bremsen jedoch diese mög­liche positive Veränderung. Wer jetzt beispielsweise sein Geschäftsmodell um­stellt, um auf die Notwendigkeit des „social distancing“ zu reagieren, darf nicht vor die Hürde der Gewerbeordnung gestellt sein. So darf z.B. ein Café, das auch Eis­creme herstellt und verkauft, diese in den aktuellen Tagen nicht verkaufen, die Eisdiele schon. Diese haben nämlich nicht dieselbe Berechtigung. Absurd ist auch, dass eine Gesundheits-App nicht zugelassen ist, weil diese nicht mit den Regeln der Ärztekammer zu vereinbaren ist. Wann, wenn nicht jetzt ist es an der Zeit, die Kammermitgliedschaft freizustellen. Wer die Kammer braucht, hat in die­sen Tagen gesehen, was sie ihm bringt. Unternehmen sollen sich diesen Zwangsbeitrag sparen können, um damit investieren zu können.

3.    Corona-Freibetrag: Es kann nicht sein, dass innovative Unternehmen, die sich in der Krise besonders schnell den neuen Gegebenheiten angepasst haben, jetzt durch die Finger schauen müssen. Es werden jene benachteiligt, die in den letz­ten Monaten investiert und neue Produkte geschaffen haben, um die Umsatzlü­cken zu stopfen, beispielsweise ein Süßigkeiten-Laden, der einen Webshop auf­gesetzt hat, um seine (Oster-)ware trotz Schließung zu verkaufen oder ein Greissler, der ein Lastenfahrrad anschafft und Fahrer einstellt, um Hauszustel­lungen zu ermöglichen. Daher wäre es sinnvoll, einen Corona-Freibetrag für di­verse Investitionen, die Menschen tätigen, einzuführen, um einen Teil des Um­satzes zu retten.

4.    3+1: Effizient gegen Missbrauch und Mitnahme: Um sicherzustellen, dass Mit­tel dort ankommen, wo sie am meisten gebraucht werden, sollte zum Beispiel bei der Kurzarbeit bei einer möglichen Verlängerung der zunächst auf drei Monate befristeten Maßnahme ein Anreiz gesetzt werden, damit die Kosten nicht noch deutlicher steigen. Wir müssen die Unternehmen begünstigen, die weniger Kurz­arbeit in Anspruch nehmen. So könnten Unternehmen, die in einem hohen Maße Förderung über die Kurzarbeit nutzen, einen Aufschlag auf die Körperschaftsteu­er oder Einkommensteuer für spätere Gewinne zahlen. Dieses Bonus/Malus-­System hätte den Vorteil, dass der Kontrollaufwand erst nach der Krise anfällt, Unternehmen aber bereits heute keinen Anreiz haben, die Kurzarbeit „auszunut­zen“.

Die Corona-Krise fordert ein rasches, wohlüberlegtes Handeln, um stark geschwäch­ten Unternehmen sinnvolle Instrumente zur Abfederung laufender Verluste in die Hand zu geben. Die bisher gewährten großzügigen Stundungen reichen dafür eben­so wenig aus wie eine mögliche bloße Herabsetzung von Steuern und Steuervoraus­zahlungen auf null. Abhilfe können nur ergänzende Maßnahmen schaffen. Unsere Vorschläge liegen am Tisch!

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, in Zusammen­arbeit mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, wird aufge­fordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungsvorlage zur Verbesserung der Liquidität von Unternehmen zuzuleiten. Folgende Punkte sollen dabei Berücksichti­gung finden:

       Einführung eines Verlustrücktrages zur Verbesserung der steuerlichen Berücksich­tigung von Verlusten als Liquiditätssoforthilfe. Wobei die Verrechnung des Verlus­tes 2020 betragsmäßig unbegrenzt und mit den Gewinnen der Jahre 2019 und 2018 ermöglicht wird.

       Beitragsfreistellung von sämtlichen Umlagen der Wirtschaftskammer als Unterstüt­zung für Unternehmen zur Förderung von Investitionen.

       Reform der Gewerbeordnung für mehr unternehmerische Freiheit und Agilität wäh­rend der Corona-Krise.

       Einführung eines Investitionsfreibetrages speziell für Investitionen, die Unterneh­men im Kontext der Corona-Krise tätigen.

       Einführung eines Bonus/Malus-Systems als Aufschlag auf die Körperschaftsteuer oder Einkommensteuer für spätere Gewinne für Unternehmen, die in einem hohen Maße Förderung über die Kurzarbeit nutzen. Vorausgesetzt die Kurzarbeitlösung wird über Juni 2020 hinaus verlängert und in Anspruch genommen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.