596/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 29.05.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Drittes Geschlecht - VfGH-Urteil endlich umsetzen!

 

Seit dem Erkenntnis des Bundes-Verfassungsgerichtshofes im Juli 2018 (G77/2017 zu § 2 Abs. 2 Z 3 PStG 2013) ist es Personen in Österreich so wie auch schon in 19 anderen Ländern der Welt theoretisch möglich, im zentralen Personenstandsregister ZPR neben den Geschlechtskategorien "männlich" und "weiblich" eine dritte Geschlechtskategorie zu wählen. Obwohl verfassungsgerichtlich anerkannt, bleibt die dritte Geschlechtskategorie faktisch jedoch eine Utopie. Schuld daran ist eine Weisung des ehem. Innenministers Herbert Kickl an die Standesämter im Dezember 2018. Daraus geht einerseits hervor, dass aufgrund der beschränkten Möglichkeiten der Ministeriumssoftware als dritte Geschlechtskategorie lediglich der Begriff "divers" anzuerkennen sei - eine unnötig enge Fassung des Ausdrucks des dritten Geschlechts, dem das Erkenntnis des VfGH deutlich mehr Spielraum einräumt. Andererseits soll die Zuerkennung der dritten Geschlechtskategorie ausschließlich "auf Basis eines einschlägigen medizinischen Gutachtens" erfolgen und zwar durch eigens zusammengestellte "interdisziplinäre und multiprofessionelle medizinische Expertengruppen" bzw. "Boards". Laut eines Artikels in der Tageszeitung Der Standard vom 23.12.20191 sind ebendiese Boards ein Jahr später immer noch nicht eingerichtet, womit für betroffene Personen eineinhalb Jahre nach dem verfassungsgerichtlichen Erkenntnis faktisch immer noch nicht die Möglichkeit besteht, die dritte Geschlechtskategorie auch tatsächlich eintragen zu lassen. Nicht nur werden solche verpflichtenden medizinischen Gutachten von LGBTIQ-Organisationen, wie der HOSI Salzburg, als "pathologisierend" und "potentiell traumatisierend" eingestuft und daher strengstens abgelehnt, sondern sie dienen offensichtlich durch ihren obligatorischen Charakter bei gleichzeitiger Nichtkonstituierung der dafür notwendigen Boards auch dazu, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes schlicht zu umgehen. Dieser Schwebezustand ist für die Betroffenen untragbar, zumal die Sachlage schon längst verfassungsrechtlich geregelt wurde und kann daher nur als Schikane aufgefasst werden. Außerdem kommen zahlreiche Länder wie Norwegen, Portugal, Malta, Belgien, Dänemark und Irland hinsichtlich der dritten Geschlechtskategorie ganz ohne abschreckende verpflichtende medizinische Untersuchungen aus, sondern vertrauen auf die Selbsteinschätzung der betroffenen Personen.2 Außerdem entschied das oberösterreichische Landesverwaltungsgericht (LVwG-750727/5/MZ) in Bezug auf diesen Erlass, dass ein solcher "nicht dazu geeignet ist, Rechte und Pflichten für die Rechtsunterworfenen zu begründen, und dass das Verwaltungsgericht keiner Erlassbindung unterliegt".

1 https://www.derstandard.at/story/2000112574005/weisung-kickls-als-minister-blockiert-eintrag-des-dritten-geschlechts;

2 https://www.salzburg24.at/news/salzburg/drittes-geschlecht-hosi-kritik-am-verpflichtenden-arztattest-62674825;

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, alle notwendigen Schritte zu setzen, um das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes von Juli 2018 (G77/2017 zu § 2 Abs. 2 Z 3 PStG 2013) vollumfänglich und umgehend umzusetzen. Davon umfasst ist die Aufhebung des Erlasses des ehemaligen Innenministers Herbert Kickl, der die Umsetzung des höchstgerichtlichen Urteils verhindert und die Diskriminierung intersexueller Personen fortführt." 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.