599/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 29.05.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend unbürokratische Soforthilfe für die Unternehmen durch vollständige Entschädigung für den durch erzwungene Schließungen entstandenen finanziellen Schaden

 

„Koste es, was es wolle“, so die vollmundige Ankündigung von Bundeskanzler Kurz in Zusammenhang mit der Rettung der heimischen Unternehmen, die seit Wochen durch die verordneten Betretungsverbote und Schließungen aufgrund von Covid19 massive Probleme haben und insbesondere Kleinstunternehmen und EPUs um ihre Existenz bangen müssen.

In der Realität hat sich an diesem Umstand nichts geändert.

Die Unternehmen sind mit einer Vielzahl an Fonds und unterschiedlichsten Förderstellen konfrontiert.

Die Antragstellung für Mittel aus dem sogenannten Härtefallfonds erfolgt über die WKO. Für Privatvermieter wiederum ist die Antragstellung nur über die AMA möglich.

Die Abwicklung des Corona-Hilfsfonds erfolgt über die COVID-19 Finanzierungs-agentur (COFAG). Für Garantien muss man aber immer zuerst zur Hausbank.

Je nach Unternehmen gibt es dann wiederum unterschiedliche Zuständigkeiten für die weitere Bearbeitung eines entsprechenden Antrages.

Dieser Antrag geht dann

·        an die Oesterreichische Kontrollbank (Großunternehmen ab 250 Mitarbeiter),

·        an die Austria Wirtschaftsservice GmbH (Klein- und Mittelbetriebe) oder

·        an die Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH (Tourismusunternehmen)

Die ÖHT wickelt grundsätzlich Anträge von Betrieben der Tourismus- und Freizeitwirtschaft ab. Dazu zählen insbesondere Gastronomie, Hotellerie, Gesundheitsbetriebe, Reisebüros, Kino-, Kultur- und Vergnügungsbetriebe sowie die Freizeit- und Sportbetriebe. Wer meint, hier würden grundsätzlich alle Tourismusbetriebe abgewickelt, der irrt.

Denn die Zuständigkeit der ÖHT endet bei einem Finanzierungsbedarf bis zu maximal 1,5 Mio Euro. Für höhere Kredit ist wieder je nach Größe die aws bzw. Kontrollbank (OeKB) zuständig. Anders ist es wieder bei Unternehmen mit unterschiedlichen Geschäftsbereichen:

„Die Zuständigkeit liegt dort wo die größeren Umsätze erzielt werden. Je nach Hauptumsatz liegt dann die Zuständigkeit bei der ÖHT oder bei der aws.“

Bei gänzlich unabhängigen Betrieben (z. B. andere Standorte, getrennte Buchhaltung) kann es auch sinnvoll sein, dass jeder Geschäftsbereich separat einen Antrag stellt.“

Quelle: https://www.aws.at/aws-ueberbrueckungsgarantien-faq/

 

Gerade für kleine und mittlere Unternehmen und dabei insbesondere für EPUs ist dieses Tohuwabohu an Förderstellen und überbordender Bürokratie eine enorme Hürde.

Der Härtefallfonds, der eigentlich dazu da ist, den unmittelbar entstandenen Nettoeinkommensentgang für EPUs und Kleinstunternehmen bis zu 9 Mitarbeiter auszugleichen, zeichnet sich dadurch aus, dass in der ersten Phase überhaupt viele von der Antragstellung ausgeschlossen waren.

Jeder Unternehmer muss bis zu vier Anträge – nämlich Monat für Monat neuerlich - stellen, um theoretisch in den Genuss eines Zuschusses zu kommen, der in Summe mit 6.000 Euro gedeckelt ist und jedenfalls maximal 80 % des erlittenen Einkommensverlustes abdecken soll.  

Als große Ausweitung der Kriterien für den Härtefallfonds hatte man unter anderem die nunmehr bestehende Möglichkeit von Nebeneinkünften gefeiert.

Diese Nebeneinkünfte werden jedoch bei der Ermittlung des Förderzuschusses angerechnet und reduzieren somit die ohnehin nicht den vollen Verlust abdeckende Förderhöhe entsprechend. 

Vor diesem Hintergrund klingt es geradezu zynisch, wenn die WKO darauf hinweist, dass Nebeneinkünfte nunmehr möglich sind:

„Neben Einkünften aus selbstständiger Arbeit und/oder Gewerbebetrieb dürfen weitere Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG zB. aus unselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und sonstige Einkünfte vorliegen.“

Daher ist damit zu rechnen, dass gerade sehr viele EPUs, die neben der selbständigen Tätigkeit bspw. eine unselbständige Teilzeitbeschäftigung haben, auf ihren entstandenen Verlusten sitzen bleiben und bestenfalls mit Almosen abgespeist werden.

Dazu kommt, dass die den Auszahlungen zugrundeliegenden Berechnungen äußerst kompliziert sind. Um sich durch den Antragsdschungel zu kämpfen, brauchen viele deshalb die Hilfe eines Steuerberaters. "Viel komplizierter hätte man das nicht machen können", sagt der Wiener Steuerberater Josef Horvath, der viele EPU betreut. (Wiener Zeitung vom 16. April 2020)

 

Der Unmut ist mittlerweile größer geworden. Von den aus dem Härtefallfonds zur Verfügung stehenden 2 Mrd Euro wurden bis dato erst circa 160 Mio Euro ausbezahlt.

So berichtet der Standard vom 20. Mai 2020 unter dem Titel „Härte bei Härtefällen“ wie folgt:

„Viele kleine Unternehmen und Selbstständige fühlen sich im Stich gelassen. Der Härtefallfonds hat nicht jene Unterstützung gebracht, den sich diese Betriebe und Personen erwartet haben. Bei der ersten pauschalen Hilfe von 1000 Euro kamen viele wegen Unter- und Obergrenzen beim Verdienst nicht zum Zug, zudem Mehrfachversicherte. In der zweiten Phase, in der es bis zu 2000 Euro pro Monat gibt, waren zahlreiche Unternehmer wegen der Orientierung der Ansprüche am durchschnittlichen Verdienst pro Monat im Vorjahr empört. Viele machen nämlich das Geschäft vorrangig im April, Mai oder Juni, weshalb Durchschnittswerte kritisiert wurden.
Generell ist der Unmut bei Einpersonenunternehmen groß, weil die Zuschüsse als gering empfunden werden. Sie machten bisher im Schnitt 1046 Euro aus. 160 Millionen Euro sind von der die Auszahlung abwickelnden Wirtschaftskammer an 153.000 Selbstständige geflossen.“

„Zugesagte Hilfe kommt kaum an

Bürokratische Hürden bei Zuschüssen für Betriebe

Die Regierung hat zwar einen Corona-Schutzschirm in der Höhe von 38 Milliarden Euro gespannt, doch viele Hilfen kommen kaum an, monieren Kritiker. Vor allem bei den Zuschüssen für Betriebe wurde viel Zeit vergeudet, meint Dimitar Hristov, Partner der Kanzlei DLA Piper. (…) Zudem hält die Kritik am Härtefallfonds für Kleinstunternehmer an. Viele leben seit zwei Monaten von 1000 Euro.“

 

Die von uns nunmehr seit Monaten erhobene Kritik an der Tatsache, dass die Wirtschaftskammer mit der Abwicklung des Härtefallfonds betraut wurde und damit sinnlose zusätzliche Bürokratie und enormer Datenaustausch zwischen den Behörden erforderlich wurde bestätigt unter anderem ein Artikel in der Kleinen Zeitung vom 19. Mai 2020, wenn es dort unter dem Titel: Warum nicht das Finanzamt?“ heißt:

„(…) Die Schweiz und Deutschland gehen einen anderen Weg. Dort brauchen Unterstützungssuchende lediglich eine Steuer- und eine Kontonummer. Die Hilfen werden vom Finanzamt abgewickelt, weil dieses auf Knopfdruck über alle relevanten Daten verfügt. Die Politik muss den Prozentsatz für die jeweilige Entschädigungsleistung vorgeben. Bei uns wickelt die Wirtschaftskammer den Härtefallfonds ab. Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht?“

 

Ob die Abwicklung des Corona Hilfsfonds betreffend Fixkostenzuschüsse erfolgsversprechender ist als jene des Härtefallfonds bleibt abzuwarten.

Nach ursprünglicher Ankündigung einer möglichen Beantragung ab Anfang Mai ist diese nun mit drei wöchiger Verspätung seit 20. Mai 2020 möglich.

Diese Anträge haben eine Darstellung der tatsächlich entstandenen Fixkosten und der tatsächlich entstandenen Umsatzausfälle zu enthalten.

Unternehmen müssen den Antrag von einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter bestätigen lassen.

Zuerst prüft das Finanzamt, ob das, was angegeben wurde, plausibel ist. Danach werden die Anträge an die extra dafür geschaffene „Schwarz-Grün“ besetzte Finanzierungsagentur Cofag übermittelt, die dann die Anträge wieder prüft, im günstigsten Fall auch genehmigt und eine Auszahlung veranlasst.

 

Während die Fixkosten, wie Mieten, Leasingraten, Stromrechnungen etc. längst trotz Umsatzausfällen zu begleichen waren, und dies die Unternehmen unter massiven finanziellen Druck brachte, lässt sich die Bundesregierung Zeit mit der Auszahlung der dringend notwendigen Hilfen und verkompliziert noch die Abwicklung, wie oben dargestellt.

Einen Rechtsanspruch auf die Hilfen gibt es selbstredend auch hier nicht.

 

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der dargelegten Fakten und damit im Sinne der dringend notwendigen Unterstützung der massiv belasteten heimischen Unternehmen und dabei gerade der EPUs stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden 
 
Entschließungsantrag
 
Der Nationalrat wolle beschließen:
 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die erforderlichen Schritte zu setzen, die geeignet sind, insbesondere den Klein- und Kleinstunternehmen und EPUs, die von der COVID-19-Krise massiv bzw. existentiell betroffen sind, unmittelbar, sofort und in ausreichendem Ausmaß zu helfen.

 

Dabei ist die Umsetzung nachstehender Maßnahmen - unter der Zielsetzung der Übernahme einer ökonomischen Generalhaftung des Staates - sicherzustellen:

 

·        Voller Entschädigungsanspruch für alle Betriebe, die durch das Betretungsverbot betroffen sind oder waren, in jener Höhe, den diese erhalten hätten, wenn ihr Betrieb auf Grundlage des EpidemieG geschlossen worden wäre

 

·        Abwicklung sämtlicher Fonds über die Finanzämter

 

·        Sofortige antragslose Akontozahlung durch die Finanzämter an alle Unternehmer, die sämtliche in Folge der COVID-19 Maßnahmen entstandene Kosten, die laufenden Fixkosten zu 100 % sowie die Einnahmenausfälle und einen entsprechenden Unternehmerlohn abdeckt, mit anschließender ex-post Prüfung und Kontrolle durch die Finanzämter.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht ersuchen die unterfertigten Abgeordneten um Zuweisung dieses Antrages an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie.