616/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 29.05.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

betreffend Meinungsäußerungsfreiheit auf Plattformen mit Monopolstellung

 

 

Mit der Entstehung der sozialen Medien und dem Web 2.0 begann im Jahre 2004 die Demokratisierung des Internets. Die Österreicherinnen und Österreicher konnten mit modernen Technologien und auf verschiedenen Plattformen (Blogs, YouTube, Twitter, Facebook etc.), eigene Inhalte erstellen und verbreiten. Plötzlich wurden Nachrichten nicht mehr nur vom öffentlichen Rundfunk oder von einigen wenigen kommerziell orientierten Verlegern produziert, sondern es war jedem möglich, seine Meinung zu veröffentlichen und sich einer öffentlichen Diskussion zu stellen, ohne durch einen „Gatekeeper“ mit politischen Interessen gefiltert zu werden.

 

Zu Wahrung der eigenen wirtschaftlichen Interessen und um einer staatlichen Kontrolle vorzubeugen hat Facebook, ein Konzern zu dem auch WhatsApp und Instagram gehören, ein neues Aufsichtsgremium namens „Oversight Board1 vorgestellt, das künftig über strittige Inhalte auf seinen Plattformen abstimmen soll. Alleine in Österreich wird Facebook von 44 Prozent der Bevölkerung genutzt, was 3,9 Millionen aktiven Nutzern entspricht.2 Über alle Plattformen hinweg nutzten im April 2020 2,99 Milliarden Menschen ein Angebot des Konzerns. In Europa sind täglich 305 Millionen Menschen alleine auf Facebook aktiv.3

 

Nunmehr sollen 40 Menschenrechtler, Aktivisten, Wissenschaftler, Politiker und Journalisten aus allen Weltregionen, viele davon in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen mit anderen Staaten, entscheiden, was auf Facebook, WhatsApp und Instagram gesagt werden darf.4 Bei diesen Personen können sich Nutzer binnen 15 Tagen über gelöschte Beiträge beschweren und dürfen sodann auf eine sachliche Prüfung hoffen. Bisher haben Facebook und letztlich dessen CEO Mark Zuckerberg die Entscheidungen über solche Beschwerden selbst getroffen. Zuckerberg, froh seine Verantwortlichkeit reduzieren zu können, betont daher: „Ich denke, es ist ein riesiger Schritt für die globale Gemeinschaft, dass Facebook entschieden hat, das zu ändern.

1.     https://www.oversightboard.com/appeals-process/

2.     https://de.statista.com/daten/studie/296115/umfrage/facebook-nutzer-in-oesterreich/

3.     https://allfacebook.de/toll/state-of-facebook

4.     https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/soziales-netzwerk-aufsichtsgremium-entscheidet-nun-bei-facebook-ueber-strittige-inhalte/25805056.html

 

 

Im Ergebnis schafft sich Facebook selbst ein Gremium, das über die Abwägung von Grundrechten über Staatsgrenzen und Kulturkreise hinweg entscheiden soll: eine Art eigenes Verfassungsgericht für das größte soziale Netzwerk der Welt. Es soll Facebook bei Streitigkeiten mit und unter seinen Nutzern helfen sowie die Kritiker beschwichtigen.

 

Zunächst soll sich das mit 130 Millionen Dollar finanzierte5 Gremium mit Beschwerden über gelöschte Beiträge befassen, die es selbst aussucht. Dabei möchte man drei Schwerpunkte setzen: „Erstens Fälle, die viele Nutzer betreffen, zweitens Fälle, die große Bedeutung für den öffentlichen Diskurs haben und schließlich Fälle, die wichtige Fragen zum Regelwerk der Plattform aufwerfen“, sagte der US-Verfassungsrechtler Michael McConnell, der neben der früheren dänischen Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt dem Gremium vorstehen wird.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

E N T S C H L I E S S U N G S A N T R A G

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

"Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche die Meinungsäußerungsfreiheit auf Plattformen mit Monopolstellung im Internet absichert und verhindert, dass österreichische Nutzer Quasi-Gerichten unterworfen werden, die selbstständig und willkürlich Menschen- und Grundrechte über Staatsgrenzen und Kulturkreise hinweg interpretieren.

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Menschenrechtsausschuss vorgeschlagen.