647/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.06.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Sabine Schatz, Rudolf Silvan,

Genossinnen und Genossen

betreffend Pflegegeld-Einstufung von Demenzerkrankten

 

 

Schätzungen zufolge leben 130.000 Österreicherinnen aktuell mit einer dementiellen Erkrankung. 2050 wird diese Zahl auf etwa 260.000 angestiegen sein, denn je älter man wird desto höher werden die Zahl der Neuerkrankungen und die Prävalenz. Demenz umfasst Krankheitsbilder, bei denen die betroffene Person Beeinträchtigungen der kognitiven Funktionen wie Gedächtnis, Orientierung, Sprache, Auffassungsgabe, Urteilsvermögen und Lernfähigkeit erfahren kann. Die häufigste Demenzerkrankung stellt die Alzheimer-Krankheit dar.

 

Die Entwicklung ist eindeutig: wir müssen uns in den kommenden Jahren auf immer mehr Menschen mit Demenz einstellen, die auf Betreuung, Pflege und Unterstützung angewiesen sind. Ebenso bedarf es neuer Wohnformen, um mit Menschen mit Demenz zusammen zu leben und sie in ihrer Orientierung zu unterstützen. Der größte Teil der Betroffenen ist älter als 80 Jahre und weiblich, wie auch die Ergebnisse aus einer Studie von Badelt/Leichsenring (2000) oder der World Alzheimer Report (2014) belegen.

 

Aktuell kritisiert die Volksanwaltschaft in ihrem Jahresbericht an das Parlament jedoch massive Mängel im Umgang mit Demenz – konkret etwa, dass die Intensität des Einsatzes in der Betreuung von Menschen mit Demenz bei den Einstufungskriterien zur Bemessung des Pflegegeldes trotz des „Demenzzuschlages“ in den Pflegegeldgutachten nicht entsprechend abgebildet wird, weshalb das Erreichen höherer Pflegegeldstufen erschwert ist (2020, S. 69). Die sozialgerichtliche Praxis zeige, dass es gerade bei Personen mit dementieller Erkrankung überdurchschnittlich häufig zu – oft massiven – Fehleinschätzungen durch die Sozialversicherungsträger komme, weshalb die Volksanwaltschaft „eine angemessenere und korrekte Einstufung von geistigen und/oder psychischen Beeinträchtigungen“ umzusetzen (a.a.O., S. 56).

 

Im Regierungsprogramm 2020 wird gefordert, dass die Demenzstrategie österreichweit ausgerollt wird, mit Ressourcen versehen sowie in die Regelfinanzierung übernommen werden soll. Bisher ist das nur eine Ankündigung geblieben, dabei brauchen pflegende Angehörige und Menschen mit Demenz gerade jetzt unsere Unterstützung. Während schon die Angehörigenstudie des Sozialministeriums zeigte, dass die Betreuung von Demenzerkrankten für pflegenden Angehörigen besonders fordernd ist, sind nun in der Corona-Krise aufgrund der Ansteckungsgefahr mit SARS-COV2-Unterstützungen im Freundes- und Bekanntenkreis, Betreuungs- und Therapieangebote zusätzlich ausgefallen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

"Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zu übermitteln um folgende Maßnahmen zur raschen Erleichterung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen umzusetzen:

 

·               Der Erschwerniszuschlag, also der Pauschalwert gemäß § 4 Abs. 5 BPGG, mit dem der Mehraufwand der Pflegesituation bei der Pflege und Betreuung von Menschen mit schwerer psychischer Beeinträchtigung und Menschen mit Demenz abgegolten wird, soll von derzeit 25 Stunden um zumindest das Doppelte angehoben werden. Damit soll die systematisch schlechtere Einstufung von Menschen mit Demenz oder einer psychischen Erkrankung gemildert werden.

·               Eine Pflegegeldreform, die vor allem auch die besonderen Bedarfe von Menschen mit Demenz entsprechend berücksichtigt, ein Vier-Augen-Prinzip bei der Einstufung beinhaltet und auf die pflegerische Expertise zurückgreift.

·               Beim dringend notwendigen Ausbau von Pflegedienstleistungen sind speziell auf die Bedürfnisse der Gruppe der Menschen mit Demenz und deren Angehörige Rücksicht zu nehmen. Es müssen rasch Angebote ausgebaut werden wie z.B. spezielle Tages-, Stunden- und Nachtbetreuungsmöglichkeiten und alternative Wohnformen wie "Demenz-WGs".

·               Flächendeckende, kostenlose Ausrollung psychosozialer Beratung, Schulung und Begleitung, um psychische Belastungen aufgrund demenzieller Veränderungen der begleiteten Angehörigen zu unterstützen."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales