675/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitsmarktreform- Einführung eines Weiterbildungskontos

Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Daher braucht
der österreichische Arbeitsmarkt Maßnahmen und Lösungen, die sowohl den Be- dürfnissen der Arbeitnehmer_innen als auch jenen der Betriebe entsprechen. Außer-
dem besteht Bedarf an sinnvollen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen für Menschen, deren Branchen aufgrund der Covid-19-Pandemie einen dauerhaften o-
der jedenfalls nachhaltigen Einbruch erlitten haben. Zudem hat die Wirtschaftskrise
2008 bereits gezeigt, dass solche Krisen die Digitalisierung nicht nur vorantreiben,
sondern sogar beschleunigen. Dadurch wird Berufsqualifizierung immer wichtiger.

Aktive Arbeitsmarktpolitik ist unumstritten von besonderer Bedeutung, um langfristige Erwerbschancen zu steigern und nachhaltig zu sichern. Gerade vor dem Hintergrund einer alternden Erwerbsbevölkerung ist auf das Arbeitskräftepotenzial älterer Arbeit- nehmer_innen und auf die Weiterbildungschancen dieser Gruppe ein Hauptaugen- merk zu legen. Der Länderbericht der Europäischen Union hält fest, dass beson-
ders ältere Arbeitnehmer_innen in Österreich unverhältnismäßig oft von Arbeitslosig-keit und Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind. Um einer durch die Krise verursach-
te Erhöhung der Langzeitarbeitslosigkeit entgegenzuwirken, schlecht qualifizierte Personengruppen schnellstmöglich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, aber auch den Anforderungen der Wirtschaft gerecht zu werden, fordern wir eine in die Zukunft gerichtete Umgestaltung der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Österreich. Dazu benötigt es ein treffsicheres und gruppenspezifisches Qualifizierungs- und Umschu­lungsangebot.

Eine zukunftsgerichtete Arbeitsmarktpolitik wirkt schon zu einem Zeitpunkt, in dem Personen noch voll in den Arbeitsmarkt integriert sind. Problematisch an vielen der bestehenden Arbeitsmarkt- und Weiterbildungsförderungen ist, dass diese erst in Anspruch genommen werden können, wenn man bereits arbeitslos ist. Eine stark verbesserte Wirkung lässt sich vor allem dann erzielen, wenn bereits präventiv Wei­terbildungsmöglichkeiten während der Erwerbstätigkeit angeboten und Anreize zur Weiterbildung gesetzt werden, damit es erst gar nicht zur Arbeitslosigkeit
kommt. Außerdem erschweren erhebliche bürokratische Barrieren und eine Vielzahl
an Förderstellen den Überblick über die Möglichkeiten zur Weiterbildung und Förde­rung, speziell auch durch den Aufbau bundeslandspezifischer Fördermodelle. Arbeit- nehmer_innen sind mit der Unübersichtlichkeit der Förderstrukturen überfordert - das schränkt dahingehend das Potenzial zur Teilnahme an Weiterbildungen ein. Nur be­sonders gut Informierte können die verschiedenen Förderkanäle optimal nützen, was die Treffsicherheit einschränkt.

Es ist daher Zeit, Maßnahmen zu etablieren, die nachhaltig sind und langfristig wir-
ken. Viele bereits entworfenen Modelle von Bildungskonten sind nie zur Umsetzung gekommen. Jene "Bildungskonten", die in verschiedenen Bundesländern bereits an­geboten werden, stellen wiederum keine wirklichen Konten dar, sondern einfache Weiterbildungszuschüsse, die den Titel des "Bildungskontos" als Marketing-Gag ein­setzen. Österreich braucht ein echtes Weiterbildungskonto, das sich an den Beitrags­leistungen zur Arbeitslosenversicherung orientiert, eine (bausparartige) Prämien­komponente in sich trägt, aber auch ökonomisch schlechter gestellte Arbeitneh- mer_innen überproportional fördert. So soll ein Teil des Arbeitslosenversicherungs­beitrages als fiktiver Beitrag auf dieses Weiterbildungskonto angerechnet ("einbe- zahlt") werden und eine staatliche Prämie diesen Beitrag zum Konto aufbessern.

Schlussendlich sollen Arbeitnehmer_innen die Möglichkeit haben, auf dieses Weiter­bildungskonto zuzugreifen und diesen Betrag für Aus- und Weiterbildungsmaßnah-
men eigenverantwortlich für arbeitsmarktrelevante Qualifikationsmaßnahmen zu nut-zen. Ein solches Konto steht nicht erst im Falle einer Arbeitslosigkeit zur Verfügung, sondern ist bereits frühzeitig zur Sicherung der Erwerbschancen nutzbar. Anwart­schaften auf Weiterbildungskonten, die bis zum Pensionsantritt nicht in Anspruch genommen werden, verfallen zugunsten der Versichertengemeinschaft. Finanzierbar
ist die Maßnahme durch die Zusammenführung verschiedenster Weiterbildungsför­derungen, die nicht nur auf Bundesebene vergeben werden, sondern auch durch
einen Kostenanteil der Bundesländer, die derzeit eigene Weiterbildungsförderungen ausbezahlen sowie die Abschaffung der geblockten Altersteilzeit, die keine arbeits- marktfördemde Wirkung hat. Bereits existierende Weiterbildungsförderungen von
Bund, Ländern und Kammern sollen auf diese Weise gebündelt und individuell nutz-
bar gemacht werden.

Eine umfassende Reform der Arbeitsmarktpolitik muss immer Maßnahmen der akti-
ven und der passiven Arbeitsmarktpolitik umfassen. Ergänzend zum gegenständli-
chen Antrag werden daher parallel weitere Anträge eingereicht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die
die Einrichtung eines Weiterbildungskontos
mit einer Prämienkomponente vorsieht."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Sozia­les vorgeschlagen.