695/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.06.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid, Martina Künsberg Sarre,

Kolleginnen und Kollegen

 

 

betreffend Nein zum Notenzwang – Ja zur Wahlfreiheit

 

Das unter Schwarz-Blau beschlossene Pädagogik-Paket war nicht nur für sämtliche BildungsexpertInnen ein bildungspolitischer Rückschritt. Für diese ist klar: mit dem Schulmodell des letzten Jahrhunderts werden wir nicht die Genies des 21. Jahrhunderts finden. Auch für viele PädagogInnen in den Klassenzimmern war die Wiedereinführung des Notenzwangs für 8-Jährige an den Volksschulen und des Sitzenbleibens in Volksschulen eine herbe Enttäuschung. Diese haben bereits sehr gut mit der verbalen Benotung in den Klassenzimmern gearbeitet und wissen über die Stärken dieses Systems Bescheid: den Lern-Ehrgeiz der Kinder zu wecken. Noten zeigen Kindern vor allem, was sie nicht können und sagen nichts darüber, wo konkret ihre Schwächen und Stärken liegen und wie sie damit umgehen können. Noten lösen oft unnötigen familiären Stress, Frustration und Druck für die Kinder aus.

Das Bildungssystem wird damit nicht besser. Die Pisa-Ergebnisse haben Ziffernnoten und das Sitzenbleiben in den Volksschulen ebenfalls nicht beflügelt. Eine OECD-Studie (Sonderauswertung der PISA Ergebnisse) weist nach, dass durch das Sitzenbleiben in Volksschulen das Leistungsniveau von Schulsystemen insgesamt sinkt, der Einfluss der sozialen Herkunft auf den Schulerfolg zunimmt und den Ländern zusätzliche Kosten entstehen[1]. Der OECD Bildungsdirektor Andreas Schleicher stellte auch im Kontext mit dem Corona-Schuljahr die Nutzlosigkeit von Sitzenbleiben fest: "Es bringt keinen Leistungsgewinn, es stigmatisiert, und es kostet die Gesellschaft 25.000 Euro pro Sitzenbleiber.“

Besonders in der Bildungspolitik gilt es auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu hören. Dass die Notenpflicht im Widerspruch zur zeitgemäßen Bildungsforschung und ihren positiven Erfahrungen mit alternativer Bewertung steht, finden auch die Initiatoren der Petition „Nein zum Notenzwang, Ja zur Wahlfreiheit der Beurteilungsform“ sowie weitere Petitionen, die hierfür in verschiedenen Bundesländern über 23.000 Unterschriften sammelten und diese am 05. Juni 2020 dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung übergaben[2].

Allen ExpertInnen ist klar, dass man mit Noten keine Verbesserung des gesamten Schulsystems erreicht, sondern es vielmehr um rückwärtsgewandte Pädagogik und die Fortschreibung der schwarz-blauen Parteipolitik an Schulen geht. Für Eltern ist es eine Zwangsbeglückung auf dem Rücken ihrer Kinder. Es wäre an der Zeit, endlich auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu setzen und Bildungspolitik im Sinne unserer Kinder zu machen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterzeichnenden Abgeordneten nachstehenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung möge dem Nationalrat eine Novelle des Schulunterrichtsgesetzes vorlegen, in der die Schulautonomie gestärkt wird und die Leistungsbeurteilung wieder bis zum Ende der dritten Klasse Volksschule klassenautonom festgelegt werden kann. Das Wiederholen einer Klasse soll erst wieder ab der 4. Schulstufe möglich sein.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Unterrichtsausschuss



[1] https://science.apa.at/rubrik/bildung/OECD-Bildungsdirektor_Kein_Sitzenbleiben_wegen_Coronakrise/SCI_20200422_SCI854271410

[2] https://kurier.at/kiku/initiative-kommt-ins-parlament-nein-zum-ziffernnoten-zwang/400931813?fbclid=IwAR2Dc9r_ZW_GkF587fCQSvyC3aFDRMifP0IYjKpqC2FMsPwsaKR3PWzHJuc