698/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.06.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Philip Kucher,

Genossinnen und Genossen

 

 

betreffend gratis Grippe Impfung: besser Vorsorge als Nachsorge

 

Einer aktuellen Schätzung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zu Folge sind in der Grippesaison 2019/20 mit 834 Menschen deutlich mehr Menschen in Österreich an der „klassischen“ Grippe gestorben als bisher an dem Coronavirus (674, Stand 11. Juni 2020). Das sind zwar weniger als in der Saison 2018/19 – 1.373 Personen sind damals in Österreich in Folge einer Influenza verstorben – dennoch ist die Grippe nicht zu unterschätzen. Noch zu Beginn der Saison 2019/20 schaute es ganz danach aus, dass diese Saison schwerer verlaufen wird, also jene zuvor. Der Ausbruch des Coronavirus und die dadurch getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung wirkten sich allerdings auch positiv auf die Verbreitung der Influenza aus. Die Grippesaison endete damit früher als normalerweise.

 

Ein Bild, das Text, Karte enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Quelle: AGES

 

Die Zahlen verdeutlichen: die Influenza ist keinesfalls zu unterschätzen. Insbesondere bei älteren Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen kann auch eine „echte“ Grippe zu einem schweren Verlauf führen. In 0,1% bis 0,2% der Fälle endet sie auch tödlich.

Ein zeitgleiches auftretendes epidemisches Geschehen wie die Influenza kann nicht nur zu schwereren Verlaufsformen bei Infektionen mit Covid-19 und Influenza führen, sondern bewirken, dass das Gesundheitssystem durch eine hohe Anzahl von hospitalisierten Erkrankten rasch an die Grenze seiner Belastbarkeit gelangt. ExpertInnen warnen daher vor allem vor dem nächsten Herbst, wenn neben dem Coronavirus auch die Grippewelle einsetzen wird. Das bedeutet, dass es mit Beginn der kommenden Grippe-Epidemie im Spätherbst 2020 neuerlich zum Zusammentreffen von zwei Epidemien kommen kann.

Das Gesundheitsministerium sollte daher bereits jetzt alle möglichen Vorbereitungen treffen, um sowohl eine zweite Welle des Coronavirus, als auch eine gleichzeitig auftretende Grippewelle im nächsten Herbst/Winter zu verhindern. In starken Grippesaisonen müssen bis zu 5.000 Menschen an der Folge einer Grippeerkrankung im Spital behandelt werden.

Aktuell gibt es 105 Projekte, in denen an einem Impfstoff gegen das Coronavirus geforscht wird. Ob und vor allem wann es einen Impfstoff gegen Covid-19 geben wird ist allerdings unsicher. Im Herbst bzw. Winter wird diese aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zur Verfügung stehen.

Anders ist dies bei der Grippe. Hier steht bereits seit den 1940er Jahren ein Impfstoff zur Verfügung. Dennoch ist der Anteil jener Personen, die sich gegen die Grippe in Österreich impfen lassen, relativ gering. Mit einer Durchimpfungsrate von nicht einmal 10% der Bevölkerung, befindet sich Österreich im europäischen Vergleich auf den hintersten Rängen. Obwohl die Influenza überdurchschnittlich hohe Kosten/Belastungen für den muralen Sektor (Hospitalisierungen, Intensivtherapien) verursacht, gibt es – neben den klassischen Informationskampagnen seitens des Gesundheitsministeriums – nur wenig finanzielle Anreize sich impfen zu lassen. Die Influenza Impfung ist in Österreich derzeit weder im gratis Kinderimpfprogramm verankert, noch gibt es – bis auf wenige Ausnahmen – finanzielle Unterstützung durch die Krankenkassen. Es gibt zwar vereinzelt Zuschüsse – Wien stellt hier etwa ein positives Beispiel dar - die Kosten müssen von PatientInnen größtenteils aber selbst getragen werden. Ein entsprechender Plan des Gesundheitsministers für ein flächendeckendes Impfprogramm gibt es de facto nicht. Dabei würde sich ein flächendeckendes und österreichweites gratis Impfprogramm nicht nur gesundheitspolitisch, sondern auch finanzielle rechnen: immense Folgekosten im Gesundheitssektor – etwa Behandlungen auf Intensivstationen könnten verhindert werden. Es gilt also: besser Vorsorge als Nachsorge.

Quelle: ÖVIH

Da sich bisher also nur wenige Menschen gegen die Grippe impfen haben lassen, braucht es dringend Maßnahmen, um die Durchimpfungsrate zu erhöhen.

Die Inanspruchnahme einer forcierten Influenzaimpfung hängt vor allem von einer leichten und niederschwelligen Zugänglichkeit der Impfung ab. Daher sollte die Influenzaimpfung als Gratisimpfung angeboten werden. Warum die Kostenübernahme – wie vom Gesundheitsministerium bereits angekündigt – nur im Rahmen des gratis Impfprogrammes für Kinder und nicht flächendeckend gratis sein soll, ist nur wenig verständlich. Es geht nämlich vor allem um ältere Bevölkerungsschichten, die sich dringend vor einer Ansteckung mit der Grippe schützen sollten.

Der elektronische Impfpass soll den gesamten Workflow unterstützen. Die gesetzliche Grundlage und die Rahmenbedingungen (z.B. Erleichterung bei der Identifikation des Impflings, GDA-Index) für den e-Impfpass ist rechtzeitig zu schaffen (Frühsommer 2020).

Für den Fall, dass nicht genügend ärztliche Kapazität für die Impfung großer Bevölkerungsgruppen zur Verfügung steht, wird die Bundesregierung ersucht durch Änderungen der jeweiligen Berufsrechte zu ermöglich, dass Impfungen auch durch andere Gesundheitsberufe (z.B. SanitäterInnen, Pflegefachassistenz oder ApothekerInnen) durchgeführt werden können.

Die Organisation und Durchführung eines flächendeckenden österreichischen Impfprogrammes sowie die Beschaffung von ausreichend Impfstoff ist klar die Aufgabe des Gesundheitsministers. Das Gesundheitsministerium muss daher dringend dafür sorgen, dass in Österreich genügend Impfstoff zur Verfügung steht. Ansonsten drohen im Herbst Kapazitätsengpässe.

 

 

 

Aus diesem Grund stellen die unterzeichnenden Abgeordneten nachstehenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass der Bevölkerung flächendeckend und unabhängig vom Alter ab der kommenden Influenzasaison 2020/2021 kostenlos Schutzimpfungen gegen Influenza angeboten werden können. Dabei ist auch sicherzustellen, dass die zu Impfenden nicht die Impfhonorare zu tragen haben. Organisation, Durchführung und Kosten sind vom Bund zu tragen. Die Durchführung dieser Schutzimpfung ist zusätzlich im e-Impfpass zu erfassen, wofür zeitgerecht die entsprechende Rechtsgrundlage (Gesundheitstelematikgesetz) zu schaffen ist. Eine Anpassung der jeweiligen Berufsrechte sollen ermöglichen, dass Impfungen auch durch andere Gesundheitsberufe wie z.B. ApothekerInnen durchgeführt werden können.“

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss