701/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 18.06.2020
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Entschließungsantrag

Dringlicher Antrag

gem. § 74a Abs 1 iVm § 93 Abs 2 GOG-NR

 

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Sicherstellen von Vertrauen in Institutionen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise

 

Am 9. Juni 2020 schrieben die Regierungschef_innen aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Polen und Spanien einen Brief an Kommissionspräsidentin von der Leyen. Die fünf Seiten waren gespickt mit Vorschlägen, was Europa aus dem Chaos der Corona-Krise lernen und wie die EU sich für künftige Pandemien besser wappnen kann. Zentral dabei sind vor allem die gemeinsame Beschaffung, Vorratshaltung und Verteilung; sowie eine Vereinheitlichung von Daten. Dieses Schreiben ist auch sinnbildlich für alle Analysen der Effizienz der Krisenstäbe der letzten Wochen bzw. Monaten. Was es braucht ist eine Stelle, die Informationen zusammenträgt und dann evidenzbasiert, nachvollziehbar und verantwortungsvoll Vorschläge macht. Diese müssen dann vor einer Beschlussfassung in den Parlamenten (EU oder in Wien) debattiert werden. Wir haben aus der Gesundheitskrise gelernt: Es braucht eine zentrale Informationsstelle. Wir dürfen jetzt keine Zeit verlieren und müssen solche Fehler bei der größten Wirtschaftskrise seit dem zweiten Weltkrieg vermeiden. 

Wenn die Regierung ankündigt, dass man doppelt hilft, wenn man schnell hilft, löst das sicher Zuversicht bei jenen aus, die dringend eine Liquiditätsspritze brauchen. Wenn die Gelder dann aber über Monate nicht ankommen, gehen Vertrauen, Optimismus und Planbarkeit verloren. Wenn diese fehlen, werden wir mit größter Wahrscheinlichkeit in eine Abwärtsspirale kommen, deren Folgen wir aus den 30er Jahren des vorherigen Jahrhunderts kennen. Vertrauen ist das Schmiermittel der Wirtschaft und Gesellschaft, doch genau dieses Vertrauen wird durch falsche Ankündigungen und fehlende Geldmittel missbraucht. Die Regierung sorgt momentan in erster Linie für Verunsicherung.

Die momentane Aufgabe der Regierung ist es für Sicherheit zu sorgen. Das gilt für gesundheitliche Aspekte, aber auch für wirtschaftliche. Denn letztlich geht es um Menschen und damit auch wieder um Gesundheit. Um die nötige Sicherheit zu vermitteln, hat die Regierung mehrere Ebenen: Zum Beispiel die monetäre, aber auch die Kompetenz und Sicherheit, die sie vermitteln. Doch bei dem Chaos und den Unklarheiten, die wir vorfinden, ergibt sich leider ein Bild der Unsicherheit und des Misstrauens. Sie beschwört mit dem unübersichtlichen Teppich an Einzelmaßnahmen und Almosen, samt dem Wettkampf an Branchenförderung mit einer Dosis EU-Bashing Verunsicherung.

Die fehlende Sicherheit führt bei den Unternehmer_innen zu Misstrauen und in weiterer Folge zu Konkursen, Zahlungs- und Kreditausfällen. Diese führen zu weiteren Konkursen und wachsen schließlich zu Finanz-, Immobilien- und Schuldenkrisen aus, die auch Rentenvermögen vernichten. Die hohe Zahl an zusätzlichen Arbeitslosen in Österreich ist das Ergebnis dieser Politik, die auch für die Gesundheit unserer Bürger_innen negativ ist.

Aus aktuellen Zahlen der Förderungen erkennt man, dass Hilfen nicht ankommen. Die fehlende Nachvollziehbarkeit bei der Abwicklung der Förderungen sowie die fehlende Nachvollziehbarkeit bei den Verantwortlichkeiten führen nur zu Schuldzuweisungen, die es zu vermeiden gilt. Eine Politik dagegen, die auf die Stärken der Menschen dieses Landes setzt, schränkt den Spielraum der Kooperation und der Verbundenheit nicht ein, sondern vergrößert deren Wirkungsraum. Dafür brauchen wir einen Staat, der die Menschen schützt und fördert, der sich ihnen gegenüber in jeder Situation verantwortlich zeigt, der mit seinen Ressourcen sparsam haushält und dem wir daher auch wieder vertrauen können. Dieses Vertrauen wurde durch die fehlende Professionalität getrübt. Aber auch das Verharren in Schuldzuweisungen und dem fehlenden Eingeständnis, Fehler gemacht zu haben, ist diesem Vertrauen nicht zuträglich. Wir sollten aus diesen Fehlern endlich lernen. Die undurchsichtige Politik der letzten Wochen, in denen man nie genau wusste, was gilt, muss ein Ende haben. 

Das Vertrauen auf koordiniertes, nachvollziehbares Vorgehen, statt Klientelwettbewerb zwischen Türkis und Grün ist angebracht. Eine zentrale Stelle ist deswegen von Nöten, weil nur dann sichergestellt werden kann, dass der Wettbewerb der Regierungspartner, wer welchem Klientel wann was zugesteht, endlich aufhört. Für ein sinnvolles Gesamtpaket braucht es eine neue Zuversicht, denn mit Einzelmaßnahmen und den Almosen, wie ein Hunderter hier, ein Hunderter da, werden wir nicht aus der Krise kommen. 

Transparenz: Politische Entscheidungen dürfen keine Black Box sein. In Österreich ist das jedoch nach wie vor die Regel. Egal ob AUA oder KMU. Die Geldflüsse müssen nachvollziehbar sein, Bürger_innen müssen sich ein Bild machen können, wohin wieviel Förderungen gehen und Expert_innen müssen überprüfen können, ob es Verzerrungen gibt. Nur dann vertrauen Bürger_innen in Institutionen des Staates. Dies gilt im vorliegenden Fall der AUA insbesondere auch für die strategische Perspektive. Die Abhängigkeit des Flughafens Wien von einzelnen Fluglinien muss reduziert werden, um das Risiko zu reduzieren, dass in der nächsten Krise der Luftfahrt wiederum die öffentliche Hand zur Kasse gebeten wird. Hier hat die Politik vom Flughafen Wien und seinen öffentlichen Eigentümern Wien und Niederösterreich klare Konzepte und deren Umsetzung einzufordern. Die österreichischen Steuerzahler_innen haben ein Recht darauf, nicht erpressbar zu sein.

Wir alle hoffen auf eine schnelle Erholung der Weltwirtschaft. Doch falls sie kommt, wird diese nicht aufgrund einer ökonomischen Vitalität erfolgen, sondern aufgrund monetärer bzw. fiskalischer (d.h. staatlicher) Geldinjektionen. Wir stehen vor einem Aufschwung, das steht fest. Nur ist es unwahrscheinlich, dass es ein Aufschwung aufgrund von qualitativem Wachstum ist. Ökonom Nouril Roubini dazu: „Natürlich werden wir in der zweiten Jahreshälfte einen Aufschwung sehen. Nur wird es kein echter sein, sondern eine Sinnestäuschung“. Woran es zurzeit mangelt ist Zuversicht. Schon deshalb besteht die Gefahr, dass die Mehrwertsteuersenkung vor allem die Sparquote erhöht. Mit Kurzfristdenken erreichen wir keinen Stimmungsumschwung. Die vorgeschlagenen Maßnahmen dieser zentralen Stelle sind so zu treffen, dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichen Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, wird aufgefordert, eine zentrale Stelle (z.B. Expert_innenkabinett oder Wirtschaftskoordinator_in) einzurichten, die die Koordinierung von Wirtschaftshilfen und konjunkturbelebenden Maßnahmen übernimmt. Diese Stelle soll vor allem die Koordinierung in zeitlicher, inhaltlicher und abwicklungstechnischer Hinsicht mitgestalten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen dieser zentralen Stelle sind so zu treffen, dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichen Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem ökologisch nachhaltigen Wirtschaftswachstum beitragen.“

 

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und einem der Antragssteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.