724/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 18.06.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Dr. Kugler, Ewa Ernst-Dziedzic,

Kolleginnen und Kollegen,

 

betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels

 

Menschenhandel ist eine der größten Verletzungen von Menschenrechten in der globalisierten Welt. Österreich ist als Transit- und Zielland von diesem Verbrechen betroffen. Laut dem letzten Sicherheitsberichts des Bundesministeriums für Inneres ist Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung die häufigste Form. Allerdings sind auch Fälle der Arbeitsausbeutung, der Ausbeutung in der Bettelei und des Kinderhandels immer häufiger zu verzeichnen. Die meisten Opfer kommen aus östlichen EU-Mitgliedstaaten und europäischen Drittländern, sowie aus Afrika und Asien.

Die tatsächliche Zahl der Opfer, die nach oder durch Österreich gehandelt werden, kann aufgrund der hohen Dunkelziffer und der durch diese verursachte schlechte Datenlage nur vage geschätzt werden. Gesichert ist aber, dass es sich bei Menschenhandel um eines der lukrativsten Geschäfte der organisierten Kriminalität handelt. Nach Schätzungen von UNODC wird weltweit jährlich ein Profit in der Größenordnung von mindestens 32 Milliarden US-Dollar erzielt.

 

Österreich ist Vertragspartei sämtlicher relevanter internationaler Rechtsinstrumente zur Bekämpfung des Menschenhandels. Dazu zählen insbesondere das „Palermo-Protokoll“, das dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (UNTOC) angeschlossen ist und das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels. Zudem hat Österreich die EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer umgesetzt.

 

Um Menschenhandel umfassend bekämpfen zu können, wurde im November 2004 die österreichische Task Force zur Bekämpfung des Menschenhandels (TF-MH) unter Leitung des BMEIA eingerichtet. In der TF-MH arbeiten Vertreter aller zuständigen Ministerien, der Bundesländer, die Sozialpartner und Nichtregierungsorganisationen eng zusammen. Innerhalb der TF-MH bestehen Arbeitsgruppen, die sich mit den Spezialbereichen Kinderhandel, Prostitution und Arbeitsausbeutung auseinandersetzen. Neben Berichterstattungen zählen zu den Hauptaufgaben der TF-MH die Ausarbeitung und die Umsetzung der Nationalen Aktionspläne, in denen auch regelmäßig neue Elemente, die sich aus praktischen Erfahrungen, Empfehlungen der Arbeitsgruppen und aus Evaluierungen durch internationale Organisationen (insbesondere des GRETA-Monitoring Mechanismus des Europarates) ergeben, aufgegriffen werden. 

 

Das Regierungsprogramm 2020-2024 unterstreicht die Wichtigkeit, Maßnahmen gegen den Menschenhandel auszubauen und geht in 13 Passagen auf dieses Thema ein. Unter anderem ist vorgesehen, den Kampf gegen den Menschenhandel als „Schwerpunktthema“ weiterzuführen (S. 182), Exekutivbeamtinnen und –beamten für das „Erkennen der Zugehörigkeit von Personen zu vulnerablen Gruppen“, u.a. Opfer von Menschenhandel durch „Spezialmodule“ zu sensibilisieren (S. 198), den „Kampf gegen die organisierte Kriminalität; insbesondere Menschenhandel [und] Zwangsprostitution“ zu verstärken (S. 217), sich für die „Erweiterung des Frontex-Mandates mit dem Ziel in Seenot geratene Personen zu retten und Schlepperei und Menschenhandel effektiv zu bekämpfen“ einzustehen (S. 194).

 

Außerdem umfassen die im Regierungsprogram vorgesehenen Maßnahmen folgende Punkte:

 

·        Gezieltes nationales Vorgehen und internationale Zusammenarbeit gegen Menschenhandel als Form transnationaler organisierter Kriminalität, das unter anderem Maßnahmen zur Verhütung dieses Handels, zur Bestrafung der Händlerinnen und Händler und zum Schutz der Opfer dieses Handels umfasst, namentlich durch den Schutz ihrer international anerkannten Menschenrechte

·        Wirksame Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Schlepperei und des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels sowie von Ausbeutung (sexuelle Ausbeutung, Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme, Arbeitsausbeutung, Ausbeutung in der Bettelei, Zwang zur Begehung strafbarer Handlungen)

(...)

·        Umfassendes Bekenntnis zum Schutz und zur Unterstützung Betroffener bzw. Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung, insbesondere Frauen, Mädchen sowie Kinder generell, in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern

·        Unterstützung von Betroffenen bzw. Opfern von Menschenhandel und Ausbeutung, insbesondere Frauen, Mädchen sowie Kinder generell unter anderem durch Schaffung von Lebensperspektiven und entsprechender Resilienz

·        Weiterentwicklung des Nationalen Aktionsplans auf Basis eines umfassenden Ansatzes in der Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und unter Berücksichtigung koordinierter nationaler Maßnahmen zu Prävention, Opferschutz, Strafverfolgung und internationaler Zusammenarbeit

·         Bekenntnis zur weiteren Umsetzung der Empfehlungen der Expertengruppe gegen Menschenhandel des Europarates (GRETA)“

(Regierungsprogramm, S. 195)

 

Laut dem letzten Lagebericht: „Menschenhandel und grenzüberschreitender Prostitutionshandel“ des Bundeskriminalamts (2017) ist das Erkennen von Opfern von Menschenhandel, für welches die Zusammenarbeit mit den vom BKA und BFI beauftragten Organisationen LEFÖ sowie MEN VIA eine wichtige Rolle spielt, eine der größten Herausforderungen und erfordert die geschulte Sensibilität der ermittelnden Beamten.

 

Oftmals haben die Opfer Angst, Anzeige zu erstatten, da sie fürchten, aufgrund ihres illegalen Aufenthalts im Land selbst in Schwierigkeiten zu geraten. Besonders stark ist der Druck auf Opfer von Menschenhandel sowie sexueller Ausbeutung, die in die Prostitution gedrängt wurden. Diese Mädchen und Frauen zu finden und in Sicherheit zu bringen, ist ein entscheidender Teil für die Verfolgung von Menschenhändlern. Um dem Verbrechen des Menschenhandels wirksam entgegenzuwirken sowie die Erkennung und sensible Begleitung von Opfern von Menschenhandel sicherzustellen, ist es daher entscheidend, bestehende Maßnahmen, insbesondere im Bereich sexueller Ausbeutung, weiter auszubauen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

„Der Nationalrat möge beschließen:

 

Die Bundesregierung wird ersucht,

 

die im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen zum Kampf gegen den Menschen-, Frauen- und Kinderhandel umzusetzen insbesondere durch:

 

·        die Sensibilisierung- und Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit und bei jenen Berufsgruppen, die potentiell mit Opfern in Berührung kommen,

·        die verbesserte Zusammenarbeit im Bereich des Erkennens der mutmaßlichen Opfer,

·        einen niederschwelligen Zugang zu Beratung und Betreuung für Opfer von Menschenhandel, insbesondere im Bereich sexueller Ausbeutung,

·        die verbesserte soziale Eingliederung von Opfern des Menschenhandels.



In formeller Hinsicht wird um eine Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte ersucht.