736/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 30.06.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

 

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Angleichung der Rechtzeitigkeitserfordernisse von mittels elektronischem Rechtsverkehr und E-Mail erfolgenden Eingaben mit auf postalischem Weg erfolgenden Eingaben im Verwaltungsverfahren

 

Nicht-postalische Einbringungen von Fristsachen im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten sind nach wie vor benachteiligt. Beschwerden gegen erstinstanzliche Bescheide sind nicht beim zuständigen Verwaltungsgericht, sondern bei der belangten Behörde einzubringen. Sofern die Einbringung per Fax oder elektronisch erfolgt, ist sie nur rechtzeitig, wenn sie während den von Behörde zu Behörde durchaus unterschiedlichen Amtsstunden erfolgt.

Das ergibt sich aus dem § 33 Abs. 3 AVG (dem sogenannten Postlauf-Privileg), wonach es für die Einhaltung der Frist genügt, wenn eine Eingabe an eine Behörde am letzten Tag der Frist bei der Post aufgegeben wird - wodurch diese im Normalfall nicht an diesem Tag während der Amtsstunden bei der Behörde einlangt und somit ohne die Regelung des § 33 Abs. 3 AVG verspätet wäre.

Gemäß § 13 Abs. 5 AVG ist die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 3. März 2014, G106/2013, ausgesprochen, dass es verfassungskonform ist, wenn es bei schriftlichen Anbringen, die einem Zustelldienst zur Übermittlung an die Behörde übergeben werden, auf den Zeitpunkt des Einlangens bei der Behörde nicht ankommt, weil die Tage des Postlaufes nicht eingerechnet werden, bei der Einbringung eines Anbringens im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs aber schon. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist eine gesetzliche Unterscheidung zwischen postalischen Sendungen und elektronischen Sendungen gerechtfertigt. Er verweist in dieser Entscheidung auch auf § 13 Abs. 5 AVG, demnach die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet ist, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten.

Bis 1. Juli 2019 galten elektronische Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht als nicht rechtzeitig eingebracht, wenn sie am letzten Tag der Frist außerhalb der Amtsstunden eingebracht wurden. Mit der jüngsten Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I Nr. 44/2019, wurde dieser Missstand beseitigt.

Der damalige Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Dr. Josef Moser. kündigte jedoch im Zuge der 70. Sitzung des Nationalrates am 24. April 2019 an, noch im selben Jahr einen Gesetzesentwurf für die Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten (Stichwort: "AVG-Reform") vorzulegen.

Dieses Vorhaben wurde durch die Regierungskrise im Mai 2019 und das vorzeitige Ende der Legislaturperiode vereitelt. Im Bereich des allgemeinen Verwaltungsverfahrens sowie des verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht der Missstand somit weiterhin.

Vor dem Hintergrund der zitierten Normen und Entscheidungen zeigt sich erheblicher Reformbedarf des Rechtzeitigkeitsregimes im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Rechtsverkehr.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der sicherstellt, dass elektronisch vorgenommene Eingaben an Behörden und Verwaltungsgerichte in Hinblick auf die Rechtzeitigkeit ihres Einlangens gleich behandelt werden wie postalisch vorgenommene Eingaben, so wie dies seit dem BGBl I Nr. 44/2019 für Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen ist."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.