784/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 09.07.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend Facharztausbildung für Kieferorthopädie in Österreich

Eine entsprechende Einführung einer staatlich registrierten Ausbildung zum Facharzt für Kieferorthopädie ist seit vielen Jahren eine Forderung aus der Fachwelt des österreichischen Gesundheitswesens. Im Juni 2018, d.h. parallel zur Reform des österreichischen Sozialversicherungswesens und damit einem ersten Schritt einer Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems wurde zwischen den österreichischen Medizinischen Universitäten, der Zahnärztekammer und dem Verband Österreichischer Kieferorthopäden (VÖK) unter Einbindung des zuständigen Gesundheitsministeriums eine Einigung über die Einführung einer staatlich registrierten Ausbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie erzielt.

 

Der Verband der Kieferorthopäden als Standesvertretung führt zur Notwendigkeit dieser Facharztausbildung aus:

Warum fordert der VÖK seit 1998 eine staatlich anerkannte und offiziell registrierte Ausbildung zum Fachzahnarzt/zur Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in Österreich?

Historie und Begründung:

Kieferorthopädie in Österreich „anno dazumal“
Abnehmbare Zahnspangen, lange Behandlungszeiten (3-5 Jahre), eingeschränkte therapeutische Möglichkeiten. Grundwissen wurde im Rahmen des damals 2- bzw. 3-jährigen Zahnmedizin-Studiums (nach dem Medizin-Studium) vermittelt. 1957 Aufnahme kieferorthopädischer Leistungen in den zahnärztlichen Kassenvertrag als Geldleistung: Zuschuss von Behandlungen mit abnehmbaren Apparaturen.

70er Jahre: Einzug der festsitzenden Techniken (Brackets) auch in Österreich
Komplexe Therapiemethode im Sinne des medizinischen Fortschrittes, rasante Weiterentwicklung des Fachgebietes (Diagnostik, Therapie, Nutzen und Risiken). Erforderliches Wissen (Theorie und Praxis) konnte nicht mehr im Rahmen des Zahnmedizin-Studiums vermittelt werden. Daher kam es zum

Ausbau der klinischen Abteilungen für Kieferorthopädie an den drei Universitätskliniken Graz, Innsbruck und Wien
entsprechend dem internationalen Standard dieses Spezialfaches (international üblich: 3-jährige universitäre Vollzeitausbildung nach dem Studium der Zahnheilkunde). Gleichzeitig erfolgten durch die Universitäten intensive

Bestrebungen zur Einführung des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie,
da diese Ausbildung bereits damals seit vielen Jahrzehnten nach dem international üblichen 5-jährigen Studium der Zahnheilkunde europa- und weltweit üblich war. Die Bestrebungen der Universitäten wurden jedoch von Anfang an von der zuständigen Kammer (damals noch Ärztekammer) behindert. Die Universitäten ermutigten daraufhin die kieferorthopädisch tätigen Zahnärzten, sich für ihr Spezialfach zu engagieren. Dies führte

1997 zur Gründung des Verbandes Österreichischer Kieferorthopäden (VÖK)
als Interessenvertretung von mittlerweile ca. 360 vorwiegend oder ausschließlich kieferorthopädisch tätigen Zahnärzten (Öffentlichkeitsarbeit, Information der Patienten, Qualitätssicherung)

Im Sinne des Patientenschutzes kämpft der Verein von der ersten Stunde an intensiv für die Einführung des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie in Österreich. Um zu belegen, dass es auch in Österreich gut ausgebildete Spezialisten auf internationalem Niveau gibt, beschließt der VÖK im Jahre 1998 gemeinsam mit den Kieferorthopädie-Professoren der drei österreichischen Universitäten die

Einrichtung einer freiwilligen kommissionellen Fachprüfung (Austrian Board of Orthodontists)
Bis März 2018 haben 93 Kolleginnen und Kollegen diese freiwillige Fachprüfung vor einer international hochrangig besetzten Prüfungskommission erfolgreich abgelegt.

Juli 2015: Inkrafttreten des „Gesamtvertrages Kieferorthopädie“
Therapie von Fehlstellungen IOTN-Grad 4 und 5 bei Kindern und Jugendlichen wird Sachleistung der Krankenkassen.

Damit einher ging die Schaffung einer kassenvertraglich definierten Berufsgruppe von Kieferorthopäden, die es de facto jedoch bis zum heutigen Tag offiziell in Österreich nicht gibt!
Österreichische Lösung: Vertragspartner legten im Vertrag bestimmte, allerdings höchst inhomogene Qualifikationskriterien fest. Es wurde der zweite Schritt vor dem ersten gesetzt.

Im Sinne des Patientenschutzes ist daher nach Auffassung des Verbandes Österreichischer Kieferorthopäden insbesondere nach Einführung der "Kassenzahnspange" die Etablierung des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie in Österreich dringender denn je erforderlich!

(Quelle: https://voek.info/)

 

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass dem Nationalrat auf der Grundlage der seit 2018 festgelegten Eckpunkte ein entsprechender Gesetzesentwurf zur Einführung einer staatlich geregelten und offiziell registrierten Ausbildung zur Fachärztin/zum Facharzt für Kieferorthopädie zugeleitet wird.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen.