787/A XXVII. GP

Eingebracht am 09.07.2020
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Antrag


der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das  Geschäftsordnungsgesetz 1975, BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2014, wird wie folgt geändert:

 

In der Anlage 1 (Verfahrensordnung für Parlamentarische Untersuchungsausschüsse) werden nach § 17 Abs 1 folgende Abs 1a und 1b eingefügt:"(1a) Ton- und Bildaufnahmen, die im Zuge der medienöffentlichen Befragung aktueller oder ehemaliger oberster Organe des Bundes und der Länder angefertigt werden, sind den Medienvertretern sowie den im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen unverzüglich zur Verfügung zu stellen, sofern sich aus der Begründung der Ladung ein zumindest abstrakter Zusammenhang zwischen dem Untersuchungsgegenstand und der Funktionsausübung ableiten lässt. Über diesbezügliche Streitigkeiten entscheidet der Vorsitzende nach Anhörung der Parteien, des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts.

(1b) Für die Veröffentlichung der Ton- und Bildaufnahmen gemäß Abs 1a ist § 20 VO-UA sinngemäß anzuwenden."

 

Begründung

Öffentliche Befragungen in Untersuchungsausschüssen

Im Rahmen der Beweisaufnahme des "BVT-Untersuchungsausschusses" wurden zahlreiche ehemalige oder zum Befragungszeitpunkt aktive Minister_innen befragt. Auf Grund der Vorgaben der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) erfolgen diese Befragungen zumeist in "medienöffentlichen Sitzungen". Das bedeutet, dass Medienvertreter_nnen anwesend sein dürfen; gleichzeitig sind aber Ton- und Bildaufnahmen, abgesehen vom Zwecke der Protokollierung, nicht zulässig. Nach Durchlaufen des vorgesehenen Prozesses werden die Wortprotokolle auf der Parlamentshomepage veröffentlicht. Eine Veröffentlichung der angefertigten Ton- und Bildaufnahmen ist jedoch derzeit nicht vorgesehen.

Vielmehr ist lediglich ein "Tickern" aus dem Ausschusslokal erlaubt. Den anwesenden Medienvertreter_innen ist es daher faktisch nicht möglich der Öffentlichkeit ein umfassenderes Bild der Geschehnisse im Ausschuss zu geben. Gerade bei den höchsten aktiven oder ehemaligen politischen Funktionsträger_innen ist ein solcher Filter der Medienöffentlichkeit jedoch nur begrenzt notwendig, zumal § 17 Abs 2 VO-UA ohnehin den Ausschluss der Öffentlichkeit normiert, sofern schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit, der Auskunftsperson oder Dritter dies gebieten. Um dem Kernauftrag eines Untersuchungsausschusses, der Klärung politischer Verantwortlichkeit für Vorgänge in der Verwaltung, gerecht zu werden, ist der Öffentlichkeit ein Maximum an Teilhabe zuzugestehen. Denn während es sich bei einem Untersuchungsausschuss zweifelsohne um keinen Strafprozess handelt, ist dennoch der dort verankerte Unmittelbarkeitsgrundsatz ein wesentlicher Baustein für eine umfassende Beurteilung der Glaubwürdigkeit befragter Personen. Deshalb ist gerade bei jenen Amtsträger_innen, welche die höchsten Ämter der Republik bekleiden, der Öffentlichkeit eine Teilhabe an diesem parlamentarischen Kontrollrecht so weit als möglich einzuräumen. 

In den genannten Fällen scheint es auch nicht schlüssig, weshalb das gewonnene Bildmaterial für die mediale Berichterstattung nicht verwendet werden darf, zumal die Wortprotokolle später ohnedies veröffentlicht werden. Um schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit, der Auskunftsperson oder Dritter zu wahren, bleibt durch die zeitversetzte Veröffentlichung der Videoaufnahme das Mediengesetz als Filter, welcher der Öffentlichkeit ein Maximum an Information, bei gleichzeitiger Wahrung gegengelagerter, schutzwürdiger Interessen, zur Verfügung stellt. 

Neben einer fundierteren Informationsbasis zur Beurteilung von Auskunftspersonen bestünde bei einer solchen Veröffentlichung ebenso die Möglichkeit der Wähler_innen, sich auch ein konkretes Bild von den/die befragende/n Abgeordnete/n zu machen. Gerade in Anbetracht der oft geäußerten Beteuerungen aller Couleurs, sie würden stets nach "lückenloser Aufklärung" trachten, vermag der hier vorliegende Initiativantrag auch die praktische Umsetzung der Aufklärungsbemühungen transparent darzustellen.   

Im Ergebnis dient dieser Initiativantrag dem Ausbau der öffentlichen Teilhabe an Untersuchungsausschüssen bei gleich bleibendem Schutz vor der Veröffentlichung sensibler Informationen.  

 

In formeller Hinsicht wird die Durchführung einer ersten Lesung innerhalb von drei Monaten verlangt. Zuweisungsvorschlag: Geschäftsordnungsausschuss